Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
– 539 –
Drucksache 18/12850
b)
Rechtliche Grundlage für das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV)
aa)
Datenerhebung im BfV
Um die Datenweitergabe vom BfV an andere Nachrichtendienste nachvollziehen zu können, hat sich der
Untersuchungsausschuss mit den allgemeinen Umständen der Datenerhebung im BfV beschäftigt. Die Zeugen haben umfassend Auskunft darüber gegeben.
aaa) Allgemeine rechtliche Vorgaben
Anders als der BND erhebt das BfV als Inlandsnachrichtendienst ausschließlich Individualkommunikationsvorgänge, keine sog. Routineverkehre2279 (vgl. § 3 Artikel 10-Gesetz). So beziehen sich G 10-Überwachungsmaßnahmen des BfV stets auf Einzelfälle und beruhen jeweils auf einer gesondert von der G 10Kommission zu billigenden G 10-Anordnung des BMI.2280 Eine strategische Überwachung [vgl. hierzu näher
unter F.II.3.] – die in der Bundesrepublik Deutschland ausschließlich dem BND vorbehalten ist [vgl. § 5
Artikel 10-Gesetz und näher – auch zum Wortlaut der §§ 3 und 5 Artikel 10-Gesetz – unter D.II.1.a)aa)bbb)]
– findet beim BfV nicht statt. Von mehreren Zeugen aus verschiedenen Positionen innerhalb des BfV ist denn
auch geäußert worden, das BfV sei „keine SIGINT-Behörde“.2281
So hat der Präsident des BfV, der Zeuge Dr. Hans-Georg Maaßen, hierzu Folgendes ausgeführt:
„[...] eine Behauptung, der sich das BfV seit den Veröffentlichungen Edward Snowdens in der Öffentlichkeit ausgesetzt sieht, ist, dass die Privatsphäre von Bundesbürgern durch massenhafte, anlasslose und verdachtsunabhängige Datenerhebung internetgestützter Telekommunikation überwacht und ausgespäht werde. Diese Behauptung ist falsch. Das BfV ist als Inlandsnachrichtendienst keine sogenannte SIGINTBehörde. Anders als beispielsweise die NSA betreiben wir keine strategische Fernmeldeaufklärung mittels Signalauswertung von kabel-, satelliten- oder funkgestützter
Kommunikation. Wir sind ein Inlandsnachrichtendienst, der nur in Einzelfällen bei
Vorliegen besonderer Gründe nach Genehmigung der G 10-Kommission des Deutschen Bundestages und auf der Grundlage des G-10-Gesetzes die Telekommunikation
überwachen darf. Telekommunikationsüberwachung durch das BfV ist immer Ultima
Ratio. […] Eine massenhafte, anlasslose und verdachtsunabhängige Datensammlung
erfolgt seitens des BfV nicht.“2282
In der Bundesrepublik Deutschland ist eine individuelle Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) durch das
BfV auf Grundlage des Artikel 10-Gesetzes zulässig.
2279)
2280)
2281)
2282)
Delmdahl, Protokoll-Nr. 86 I, S. 37.
Treuenfels, Protokoll-Nr. 94 I, S. 6, 14; Delmdahl, Protokoll-Nr. 86 I, S. 33; Berzen, Protokoll-Nr. 94 I, S. 62.
Treuenfels, Protokoll-Nr. 94 I, S. 6; Berzen, Protokoll-Nr. 94 I, S. 62; ähnliche Ausführungen dazu: Delmdahl, Protokoll-Nr. 86 I,
S. 19; Maaßen, Protokoll-Nr. 102 I, S. 102.
Dr. Maaßen, Protokoll-Nr. 102 I, S. 102.