Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
– 327 –
Drucksache 18/12850
keinerlei Verdachtsfälle seit dem Jahr 2001 bekannt, in denen es „technische Aufklärungsmaßnahmen der
Five Eyes-Staaten in der Bundesrepublik Deutschland“ gegeben habe, die ihm bzw. der SAW TAD zur
Kenntnis gelangt und untersucht worden seien.1207 Jedenfalls habe er keine Hinweise auf „konkrete, anlasslose Datenerhebungen“.1208 Es habe auch in der Vergangenheit immer wieder den Vorwurf gegeben, die
Amerikaner würden systematisch Wirtschaftsspionage betreiben, aber dafür habe man keinen einzigen Beleg
und auch keinen konkreteren Verdachtsfall, jedenfalls nicht in der jüngeren Zeit und nicht, seit er dort arbeite
(2010). Im Gegenteil würde er dies sogar für ziemlich unwahrscheinlich halten.1209
Auch der Zeuge Dr. Burkhard Even, seit 2007 Leiter der Abteilung 4 im BfV1210 (Spionageabwehr-, Geheimund Sabotageschutz), hat ausgesagt, ihm sei aus der Bearbeitung in den letzten Jahren kein Fall bekannt, in
dem US-Dienste deutsche Firmen zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen für amerikanische Unternehmen
ausspioniert hätten.1211
Der Präsident des BfV, der Zeuge Dr. Hans-Georg Maaßen, hat in seiner Vernehmung erklärt, dass sich die
Sonderauswertung SAW TAD mit den im Zusammenhang mit den Snowden-Dokumenten aufgeworfenen
Mutmaßungen, die NSA würde auch Wirtschaftsspionage betreiben, befasst habe. Er habe selbst die Präsidenten des Bundesverbandes der Deutschen Industrie und des Deutschen Industrie- und Handelstages angeschrieben und um Mitteilung von Verdachtsfällen aus den Mitgliedsunternehmen gebeten. Darüber hinaus habe er dies bei einer Reihe von Veranstaltungen mit der deutschen Wirtschaft, in Gesprächen mit
Vorständen und Sicherheitsverantwortlichen von Unternehmen, bei Vortragsveranstaltungen der regionalen Industrie- und Handelskammern und von Verbänden immer wieder thematisiert. Ihm seien allerdings
keine derartigen Verdachtsfälle gemeldet worden.1212
Insgesamt hat er erklärt, das BfV habe keine Nachweise dafür, „dass die NSA oder andere Nachrichtendienste der Five Eyes Wirtschaftsspionage gegen deutsche Unternehmen betreiben“. Von US-amerikanischer Seite sei im Rahmen von Gesprächen stets betont worden, dass Wirtschaftsspionage nicht betrieben
werde. Nach seiner Auffassung gebe es keinen Grund, dies anzuzweifeln. Hierfür sprächen die folgenden
Gründe:
„[Z]um einen die Rechtslage - den US-amerikanischen Diensten ist Wirtschaftsspionage bereits aufgrund ihrer eigenen Rechtslage, einer Presidential Policy Directive,
untersagt -, zum anderen die Wirtschaftsordnung. In der Praxis würde man sich zudem
bei Weitergabe entsprechender Informationen an einzelne Unternehmen erheblicher
Regressforderungen konkurrierender Wettbewerber ausgesetzt sehen. Staatlich organisierte Wirtschaftsspionage macht vor allem dort Sinn, wo primär staatlich betriebene
Unternehmen existieren. Dies trifft bekannterweise auf die USA nicht zu. Gleichwohl
gehört es auch zu den Aufgaben der Dienste, Terrorismusfinanzierung und Prolifera-
1207)
1208)
1209)
1210)
1211)
1212)
Wingerath, Protokoll-Nr. 98 I, S. 17.
Wingerath, Protokoll-Nr. 98 I, S. 75.
Wingerath, Protokoll-Nr. 98 I, S. 34.
Dienstpostenübersicht Dr. Even, MAT A Z-119.
Dr. Even, Protokoll-Nr. 100 I, S. 7.
Dr. Maaßen, Protokoll-Nr. 102 I, S. 97.