Drucksache 18/12850
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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
„Ich will jetzt nicht sagen, mit wem ich gesprochen habe; aber er hat mir gesagt, also
das müsse man sich mal vorstellen in den USA: Man würde eine Blaupause irgendeines europäischen Flugzeugunternehmens aufklären und hätte dann die Wahl: ‚Gebe
ich das Boeing, oder gebe ich das Lockheed?‘, und wenn ich es Boeing gebe, dann
habe ich in drei Tagen eine 2-Milliarden-Klage am Hals, oder gebe ich es Lockheed,
da habe ich in vier Tagen eine 2-Milliarden-Klage am Hals. Das ist in den USA so.
Und deshalb haben wir keine Rückschlüsse auf Wirtschaftsspionage.“1187
bbb) Bundeskanzleramt
Der Zeuge Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche, bis Ende 2009 Abteilungsleiter 6 im Bundeskanzleramt, hat
vor dem Ausschuss ausgesagt, ihm sei, als er im Jahr 2005 das Amt von Ernst Uhrlau übernommen habe,
nichts über Anhaltspunkte berichtet worden, dass die NSA die 2002 begonnene Kooperation für Wirtschaftsspionage habe missbrauchen können.1188
Auch die am 11. Juni 2015 vom Ausschuss vernommenen Zeugen Dr. Thomas Kurz, Guido Müller und Hans
Josef Vorbeck waren in der Abteilung 6 des Bundeskanzleramtes mit der Fach- und Dienstaufsicht über den
BND befasst und haben übereinstimmend angegeben, keine positiven Kenntnisse über Wirtschaftsspionage
der USA gehabt zu haben.
Der Zeuge Dr. Thomas Kurz hat erklärt, in seiner Zeit als Leiter des Referats 621 (Auslandsbeziehungen) im
Bundeskanzleramt (2005 bis 2008)1189 habe man dort Industriespionage durch die USA nicht für möglich
und auch nicht für sinnvoll gehalten.1190 Man sei damals davon ausgegangen, dass die Amerikaner „so etwas
nicht tun“.1191
Der derzeitige Vizepräsident des BND, Guido Müller, der von 2007 bis April 2013 Leiter des Referats 623
im Bundeskanzleramt1192 und in dieser Eigenschaft zuständig für Sicherheit, Controlling, Operationen, aber
auch Lagebeurteilungen für die Aufklärung von Proliferation und organisierter Kriminalität sowie für Wirtschaftsschutz war,1193 hat in seiner Vernehmung vor dem Ausschuss ausgesagt, er habe keine Belege dafür,
dass die USA Wirtschaftsspionage betrieben.1194
Der Zeuge Hans Josef Vorbeck hat dargelegt, dass das Thema „deutsche Interessen“ im Bundeskanzleramt
immer in Bezug auf Spionageabwehr eine Rolle gespielt habe, die Schwerpunkte hier aber in Richtung Osten
gegangen seien. Hieran habe auch die Diskussion um den ECHELON-Bericht des Europäischen Parlaments
[siehe dazu A.I.2.a)] in Bezug auf Wirtschaftsspionage nicht viel geändert, weil man – wie auch noch heute
– der Überzeugung sei, dass Wirtschaftsspionage im engeren Sinne von den USA nicht betrieben werde.1195
1187)
1188)
1188)
1189)
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1191)
1192)
1193)
1194)
1195)
Schindler, Protokoll-Nr. 50 I, S. 142.
Fritsche, Protokoll-Nr. 55 I, S. 24.
Fritsche, Protokoll-Nr. 55 I, S. 24.
Dr. Kurz, Protokoll-Nr. 52 I, S. 7.
Dr. Kurz, Protokoll-Nr. 52 I, S. 37.
Dr. Kurz, Protokoll-Nr. 52 I, S. 37.
Müller, Protokoll-Nr. 52 I, S. 51, 55.
Müller, Protokoll-Nr. 52 I, S. 51.
Müller, Protokoll-Nr. 52 I, S. 78.
Vorbeck, Protokoll-Nr. 52 I, S. 116.