Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

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Drucksache 18/12850

menzuarbeiten, nicht zuletzt aus eigenem Interesse, weil wir ja damals unter dem Eindruck standen, dass weitere Anschläge vorbereitet wurden, auch erfolgten, und sie sind
dann ja auch erfolgt; […] Madrid, London, Türkei. Wir haben relatives Glück gehabt
in Deutschland; da gab es ja auch entsprechende Versuche.“1182
Der BND habe die Zusammenarbeit mit der US-Seite aber auch immer mit einem kritischen Auge gesehen,
weil man gesehen habe,
„dass US-Interessen und deutsche Interessen eben in einigen Punkten auch nicht identisch sind, und deswegen waren wir da schon immer sehr vorsichtig.“1183
Der Zeuge Ernst Uhrlau, von November 2005 bis Dezember 2011 Präsident des BND, hat ausgesagt, ihm
sei bewusst gewesen, dass die USA „sich für vieles und sehr viel mehr interessieren als die Bundesrepublik
Deutschland“. Es habe eine Diskussion über Industriespionage gegeben und die Position der Amerikaner sei
unverändert gewesen: Industriespionage werde nicht betrieben, weil diese eine Beeinträchtigung der Wettbewerbsgesellschaft bedeute. Wenn man im Übrigen damit beginne, ein Unternehmen zu beliefern, werde
man wegen der häufigen Wechsel kaum verhindern können, dass dies in kürzester Zeit bekannt werde.1184 Es
sei aber offenkundig, dass relevante Wirtschaftsinformationen über Verträge und Absprachen auch eine politische Relevanz hätten und dass die USA vor dem Hintergrund ihrer weltweiten Interessen, aber auch bei
Proliferationsgesichtspunkten hätten wissen wollen, wo Beeinträchtigungen der Vereinbarung erfolgt
seien.1185
Bereits am 22. November 1999 hatte der Spiegel über einen Anfang November 1999 erfolgten Besuch des
damaligen Abteilungsleiters 6 im Bundeskanzleramt, Ernst Uhrlau, und des damaligen BND-Präsidenten,
Dr. August Hanning, bei NSA-Direktor Michael V. Hayden in Bad Aibling berichtet. Dabei habe dieser den
deutschen Gesprächspartnern versichert, „Bad Aibling sei und bleibe ‚weder gegen deutsche Interessen noch
gegen deutsches Recht gerichtet‘“. Anlass des Besuchs seien Berichte gewesen, wonach die Kommunikation
von deutschen Bürgern und Unternehmen von dort durch die US-Partner überwacht werde. Die weitgehende
Zusage Haydens sei erfolgt, nachdem eine frühere Aussage eines hochrangigen US-Vertreters die Kritik auf
deutscher Seite nicht völlig ausgeräumt habe: Der damalige CIA-Direktor George Tenet habe Uhrlau versichert, „Wirtschaftsspionage gegen die Deutschen gehöre nicht zu den Aufgaben seines Partnerdienstes. Juristisch sei ihm dies nicht erlaubt. Zudem sei die Weitergabe solcher Interna an US-Konzerne viel zu gefährlich
– es könnte ja einer der Wirtschaftsbosse über seine Quellen plaudern.“1186
Der ehemalige BND-Präsident Gerhard Schindler hat vor dem Ausschuss ausgesagt, es seien im BND keine
Rückschlüsse auf Wirtschaftsspionage durch die USA gezogen worden, auch halte er eine Wirtschaftsspionage durch diese für unwahrscheinlich:

1182)
1183)
1184)
1185)
1186)

Dr. Hanning, Protokoll-Nr. 65 I, S. 115.
Dr. Hanning, Protokoll-Nr. 65 I, S. 116.
Uhrlau, Protokoll-Nr. 53 I, S. 13.
Uhrlau, Protokoll-Nr. 53 I, S. 13.
Der Spiegel vom 22. November 1999 „Geheimdienste: Lauscher abgestellt“.

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