Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

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Drucksache 18/12850

unterstreichen. Aber ich habe nur damit betonen wollen, dass wir nicht - - keine Anhaltspunkte für Wirtschaftsspionage haben.“1172
Ein Aufklären von Wirtschaftsunternehmen beinhalte noch nicht zwangsläufig Wirtschaftsspionage, sondern
könne auch aus anderen Gründen erfolgen, zum Beispiel zur Proliferationsaufklärung oder Massenvernichtungsaufklärung.1173 Es gelte zu differenzieren zwischen der rechtlich und nachrichtendienstlich legitimierten
Ausspähung im Hinblick auf zum Beispiel die Verbreitung von Massenvernichtungsmitteln und der nicht
legitimierten Ausspähung durch Diebstahl geistigen Eigentums zum Wettbewerbsvorteil eigener Unternehmen.1174
Schließlich hat auch der heutige Vizepräsident des BND, Guido Müller, in seiner zeugenschaftlichen Vernehmung durch den Ausschuss auf Abgrenzungsschwierigkeiten verwiesen und konstatiert:
„Ich glaube, das ist in der Tat eine der Krux: Was ist Wirtschaftsspionage, Konkurrenzausspähung, und was ist - in Anführungszeichen - der Versuch, Proliferationsinformationen zu erlangen? In der Tat ist die Trennschärfe ausgesprochen kompliziert.“1175
Der Zeuge Dr. Burkhard Even, seit 2007 Leiter der Abteilung 4 im BfV (Spionageabwehr, Geheim- und
Sabotageschutz) hat erläutert, das BfV verstehe unter Wirtschaftsspionage
„die Ausforschung von Unternehmen durch fremde Nachrichtendienste zwecks Erlangung von Wettbewerbsvorteilen. Die zahlreichen Fälle, in denen die Spionage von
Konkurrenzunternehmen ausgeht, sogenannte Konkurrenzausspähungen, zählen nicht
dazu. Und Wirtschaftsspionage liegt auch dann nicht vor, wenn Unternehmen oder
einzelne ihrer Mitarbeiter im Rahmen der Bekämpfung von organisierter Kriminalität,
Proliferation, Korruption oder auch Terrorismus in den Fokus eines ausländischen
Nachrichtendienstes kommen.“1176
bb)

Einschätzung durch deutsche Stellen

Die Frage, ob die NSA versucht hat, eine Kooperation mit dem BND zum Zweck der Wirtschaftsspionage
zu missbrauchen, wie in der Presse spekuliert wurde,1177 war Gegenstand einer eingehenden Befassung durch
den Ausschuss und wird wegen des Sachzusammenhanges an anderer Stelle erörtert [siehe F.III.].
Einen generellen Verdacht gegen die USA haben die vom Ausschuss zum Vorwurf der Wirtschaftsspionage
US-amerikanischer Behörden gegen deutsche Firmen vernommen Zeugen nicht bestätigt.

1172)
1173)
1174)
1175)
1176)
1177)

Heiß, Protokoll-Nr. 57 I, S. 21.
Heiß, Protokoll-Nr. 57 I, S. 35.
Heiß, Protokoll-Nr. 57 I, S. 26.
Müller, Protokoll-Nr. 52 I, S. 56.
Dr. Even, Protokoll-Nr. 100 I, S. 7
Süddeutsche Zeitung vom 4. Oktober 2014 „Codewort Eikonal“; Der Spiegel vom 2. Mai 2015 „Der unheimliche Dienst“; ZDF,
Frontal 21 vom 27. April 2015 „US-Wirtschaftsspionage – De Maizière war ab Februar 2008 informiert“; Der Spiegel vom 16. Mai
2015 „Alles ungefiltert“.

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