Drucksache 18/12850

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

liegen:766 Dass auch Ausländern der Schutz der US-amerikanischen Verfassung zu Gute kommen könne,
zeige sich an einer Entscheidung aus dem Jahr 2008 („Boumediene v. Bush“),767 derzufolge sich Ausländer,
die im Gefängnis von Guantanamo Bay – und damit formell außerhalb der Territorialhoheit der USA – inhaftiert sind, auf die verfassungsrechtliche Habeas Corpus-Garantie berufen können. Allerdings sei zweifelhaft, ob sich die mit der dortigen Inhaftierung verbundenen Nachteile mit der Beeinträchtigung durch eine
unrechtmäßige Durchsuchung im Sinne des Vierten Verfassungszusatzes vergleichen ließen. Zudem bedeute
eine eventuelle Anwendbarkeit des Vierten Verfassungsgrundsatzes zu Gunsten von Ausländern nicht, dass
diesen auch effektiv Schutz zuteil werde. Dies hänge vielmehr von einer Reihe weiterer Faktoren ab.768
bb)

Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte

Inwieweit völkerrechtliche Regelungen, namentlich die Bestimmungen des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte vom 16. Dezember 1966769 (IPBPR), den SIGINT-Tätigkeiten US-amerikanischer Nachrichtendienste Grenzen setzen, ist umstritten.
Der IPBPR ist ein unter dem Dach der Vereinten Nationen geschlossener Vertrag, der am 23. März 1976 in
Kraft getreten ist und heute für eine große Zahl von Staaten gilt. Die USA sind seit dem 8. Juni 1992 an ihn
gebunden.770
Art. 17 IPBPR bestimmt unter anderem, dass niemand willkürlichen oder rechtswidrigen Eingriffen in sein
Privatleben, seine Familie, seine Wohnung und seinen Schriftverkehr ausgesetzt werden darf und jedermann
Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen derartige Eingriffe oder Beeinträchtigungen hat.
Wenige Vertragsstaaten, darunter die USA, vertreten die Auffassung, die aus dem IPBPR resultierenden
Verpflichtungen gälten nur in Bezug auf ihr jeweiliges eigenes Territorium, nicht dagegen in Bezug auf ihre
sogenannten exterritorialen Handlungen.771 Zur Begründung dieser Ansicht wird auf den Wortlaut von Art. 2
Abs. 1 IPBPR verwiesen, der wie folgt lautet:
„Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, die in diesem Pakt anerkannten Rechte zu achten und sie allen in seinem Gebiet befindlichen und seiner Herrschaftsgewalt unterstehenden Personen ohne Unterschied wie insbesondere der Rasse, der Hautfarbe, des
Geschlechts, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung,
der nationalen oder sozialen Herkunft, des Vermögens, der Geburt oder des sonstigen
Status zu gewährleisten.“
Gemäß Art. 4 Abs. 1 IPBPR kann jeder Vertragsstaat im Falle eines öffentlichen Notstandes, der das Leben
der Nation bedroht und amtlich verkündet ist, Maßnahmen ergreifen, die seine Verpflichtungen aus diesem
Vertrag in dem Umfang, den die Lage unbedingt erfordert, außer Kraft setzen, vorausgesetzt, dass diese

766)
767)
768)
769)
770)
771)

Schriftliches Gutachten des Sachverständigen Miller, MAT A SV-3/2, S 23 f.
United States Supreme Court, Boumediene v. Bush, 553 U.S. 723 (2008).
Schriftliches Gutachten des Sachverständigen Miller, MAT A SV-3/2, S. 24.
BGBl. 1973 II S. 1534.
Siehe dazu das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dr. Talmon, MAT A SV-4/2, S. 28 Fn. 155.
Siehe dazu die schriftlichen Gutachten der Sachverständigen Korff, MAT A SV-4/3, S. 30 f.; Dr. Talmon, MAT A SV-4/2, S. 8;
Stepanovich, MAT A SV-15/3, S. 3.

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