Drucksache 18/12850
II.
– 1696 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Empfehlungen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Nach den Erkenntnissen der Beweisaufnahme des Untersuchungsausschusses hat der BND unzulässig und
massenhaft Personendaten an die NSA und andere US-Dienste ausgeleitet und übermittelt. Zudem hat der
BND mit eigenen Suchbegriffen Personen und Institutionen aus NATO- und EU-Partnerstaaten, sowie Einrichtungen der EU selbst ausgeforscht. Hierfür wurden rechtliche Grauzonen geschaffen und genutzt. BND
und Bundeskanzleramt haben dabei auch bewusst gegen das deutsche Recht und das Grundgesetz verstoßen.
Grund hierfür war auch eine mangelnde Kontrolle und Beaufsichtigung durch die Bundesregierung.
Diesen Erkenntnissen Rechnung tragend müssen in Geheimdiensten und Bundesregierung – insbesondere im
Bundeskanzleramt – nachhaltige strukturelle und personelle Konsequenzen gezogen werden. Es ist notwendig, dass die Mentalität des Wegsehens beendet wird, Datenerhebung und -verarbeitung der Dienste weit
enger als bisher gesetzlich geregelt werden, sowie eine deutlich wirkungsvollere Aufsicht und Kontrolle der
Dienste durch Regierung, Datenschutzbeauftragte, Parlament und dortige G 10-Kommission stattfindet.
Die Bundesregierung muss zukünftig wirksam kontrollieren und durchsetzen, dass alle Einrichtungen der
Five-Eyes-Staaten – nebst ihren Dienstleistern – in Deutschland rechtmäßig agieren. Dies bedeutet, Lauschangriffe aus ihren diplomatischen Vertretungen und Wirtschaftsspionage zu unterlassen, sowie sicherzustellen, dass Stützpunkte in Deutschland, wie insbesondere der US-Militärstützpunkt Ramstein nicht länger zur
Durchführung völkerrechtswidriger Drohnenangriffe in Drittstaaten genutzt werden. Soweit nötig muss die
Bundesregierung die zugrunde liegenden Abkommen anpassen oder kündigen, also etwa das Memorandum
of Agreement zwischen BND und NSA aus 2002 über gemeinsame Telekommunikationsüberwachung in
Deutschland sowie das NATO-Truppenstatut nebst Zusatzabkommen.
Im Einzelnen:
1.
Änderungen des BND- und des Artikel 10-Gesetzes
Die Bundesregierung muss ihrer verfassungsrechtlichen Pflicht für den Schutz der Privatsphäre nachkommen
und sich auf EU- und internationaler Ebene für eine weltweite Abkehr vom System geheimdienstlicher Massenüberwachung einsetzen.
Durch die – unserer Ansicht nach verfassungswidrige – BNDG-Novelle vom 23. Dezember 2016 wird weiterhin eine weitgehend anlasslose Massenüberwachung ermöglicht. Stattdessen müssen Aufgaben und Befugnisse insbesondere zur Datenerhebung und -Übermittlung künftig gesetzlich enger gefasst und auf verhältnismäßige Eingriffe beschränkt werden. Auf Rechtskonstruktionen des BND, welche einzig dazu dient,
den Schutz des Grundgesetzes und der EU-Charta zu umgehen (z. B. seine sogenannte Funktionsträger- oder
Weltraumtheorie), können keine Überwachungsmaßnahmen gestützt werden. Die Schutzvorgaben aus Art.
10 GG (Brief-, Post und Fernmeldegeheimnis), Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG (Recht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme) und Art. 7 der EU-Grundrechtecharta (Kommunikationsfreiheit) müssen durchgesetzt werden – und zwar unabhängig davon, an welchem Ort und auf welchem technischen Weg der BND tätig wird und mit wem er kooperiert. Der Schutz von Artikel 10 GG gilt
insoweit auch für reine Ausland-Auslands-Telekommunikationsüberwachungen des BND.