Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

– 1679 –

Drucksache 18/12850

trolle gegeben ist und die eigenen Kämpfer ausreichende Sicherheit haben, also unter strengen Voraussetzungen.9019 Außerdem wird die hors de combat-Regel herangezogen, wonach Personen, die sich außer Gefecht befinden, zu schützen sind, um die Tötung verteidigungsloser oder klar unterlegender Gegner_innen zu
verbieten und den Schutz des/der Einzelnen in bewaffneten Konflikten zu optimieren.9020 Diese Regel gilt
für staatliche Streitkräfte auch dann, wenn sie nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen.
Schließlich wird grundsätzlich zu äußerster Vorsicht gegenüber autonomen oder gar automatisierten Drohnen
geäußert, da diese nach dem gegenwärtigen Stand von Wissenschaft und Technik, insbesondere im Hinblick
auf die in den USA geführten Diskussionen über die Einführung von automatisierten Waffensysteme, nicht
mehr ohne weiteres der menschlichen Kontrolle unterworfen sein werden. In vielen Fällen wird das Zielerfassungssystem viel schneller als die menschliche Wahrnehmung und diese zu langsam sein, um automatisierte Tötungsvorgänge noch rechtzeitig zu stoppen und Zivilschäden zu verhindern.9021 Dahinter steht auch
die Forderung, dass eine Entscheidung über Tod und Leben nicht von einer künstlichen Intelligenz getroffen
werden und daher auch nicht auf autonome oder automatisierte Waffensysteme übertragen werden dürfe.
2)

Der Unterscheidungsgrundsatz: Nur militärische Ziele sind zulässig

Das humanitäre Völkerrecht enthält das Verbot, unterschiedslose Angriffe zu führen. Damit ist gemeint, dass
bei einem Angriff jederzeit zwischen militärischen Zielen und nicht-militärischen Zielen unterschieden werden muss.9022 Dieser Grundsatz ist eine anerkannte völkergewohnheitsrechtliche Norm und somit auch für
die USA verbindlich, obwohl sie das Protokoll I selbst nicht unterschrieben hat.
Nach Artikel 48 Protokoll I sind die am Konflikt beteiligten Parteien zur Gewährleistung der Schonung und
des Schutzes der Zivilbevölkerung und ziviler Objekte verpflichtet, jederzeit zwischen der Zivilbevölkerung
und Kombattanten sowie zwischen zivilen Objekten und militärischen Zielen zu unterscheiden. Die Konfliktparteien dürfen ihre Kriegshandlungen nur gegen militärische Ziele richten. Als militärisches Ziel werden auch Zivilisten betrachtet, die sich unmittelbar an feindseligen Kampfhandlungen beteiligen. Gewalthandlungen sind feindselig, wenn sie in Verbindung mit einem bewaffneten Konflikt stehen, und gelten als
unmittelbar, wenn die darin involvierten Personen „einen Bezug zu den Feindseligkeiten einerseits und dem
eingetretenen Schaden andererseits“9023 aufweisen.9024
Was als militärisches Ziel bzw. Objekt gilt, ist in Art. 52 Abs. 2 Protokoll I geregelt:

9019)
9020)
9021)

9022)
9023)
9024)

Ausführlich dazu Seiring, O., Drohneneinsätze gegen feindliche Kämpfer – Besteht eine Pflicht zur Gefangennahme als milderes
Mittel?, in Frau, R. (Hg.) (2014): Drohnen (Mohr Siebeck, Tübingen), S. 83 ff.
Goodman, R., The Power to Kill or Capture Enemy Combatants, in European Journal of International Law (2013), Vol. 24 Nr. 3,
819-853, doi:10.1093/ejil/cht048.
Zur Problematik und Nuance der autonomen und automatisierten Drohne, siehe Mahn-Gauseweg, C., Automated Warfare – Operationen unbemannter Systeme. Eine technische Systematisierung, in Frau, R. (Hg.) (2014): Drohnen (Mohr Siebeck, Tübingen),
S. 1-18; Arendt, R. Der Einsatz autonomer Waffensysteme im Lichte des Verhältnismäßigkeits- und des Unterscheidungsgrundsatzes, in Frau, R. (Hg.) (2014): Drohnen (Mohr Siebeck, Tübingen), S. 19-34.
Artikel 48, Artikel 51 Absatz 2 und Artikel 52 Absatz 2 Protokoll I.
Platek, O., Autonome Kriegsführung und legitime militärische Ziele, in Frau, R. (Hg.) (2014): Drohnen (Mohr Siebeck, Tübingen),
S. 46.
Melzer, N. (2008): Targeted Killing under the International Law, (Oxford University Press, Oxford), S. 28.

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