Drucksache 18/12850
– 1646 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
„Viele der Befragten sind der Einladung des Geheimdienstes nur gefolgt, weil sie
Angst vor Nachteilen hatten, wenn sie nicht hingegangen wären.“8859
Es ist grundsätzlich fragwürdig, von einer Einwilligung zu sprechen, wenn den Befragten nicht mitgeteilt
wurde, dass sie mit einem Geheimdienst (oder sogar mehreren) kooperierten und die von ihnen gemachten
Angaben ohne ihr Wissen an ausländische Nachrichtendienste weitergegeben wurden. Laut Aussagen der
Zeugin A. K. sei die HBW gegenüber den Befragten auch während und nach der Befragung nicht als BNDBehörde offengelegt worden.8860 Ob die Befragten im gleichen Umfang Informationen preisgegeben hätten,
wenn sie gewusst hätten, dass diese geheimdienstlich und militärisch verwertet werden würden, muss bezweifelt werden.
c)
Schutz der Befragten
Die Kooperation der Befragten mit dem BND, wenn auch legendiert und den Befragten meistens selbst nicht
bewusst, stellte eine potenzielle Gefährdung für sie dar. Das sah auch die HBW selbst so, wodurch es teilweise zu Interventionen der Behörde beim BAMF kam. Um die Befragten nicht der Gefahr auszusetzen, im
Herkunftsland aufgrund der Kooperation mit einem Geheimdienst des Verrats bezichtigt zu werden,8861
prüfte das BAMF in diesen Fällen den Tatbestand der Nachfluchtgründe. Das Sicherheitsreferat des BAMF
führte dazu aus:
„[...]8862“8863
Die Intervention durch die HWB fand jedoch nicht grundsätzlich statt, sondern nur in Fällen, in denen der
Geheimdienst ein besonderes „Interesse an einer bestimmten Person“8864 hatte, also „[w]enn sich herauskristallisiert hat, dass Wissen vorhanden ist, das in einem längeren Stadium abgeschöpft werden muss“8865. Je
wichtiger die Informationen, desto höher die Chance, entsprechend geschützt zu werden.
Dass die betreffenden Personen nicht nur im Herkunftsland gefährdet sein könnten, sondern auch in Deutschland – teilweise ohne ihr Wissen – wurde dabei offenbar in Kauf genommen.
3.
Befragungen bis heute
Dass die HBW offiziell im Sommer 2014 aufgelöst wurde, scheint nicht das endgültige Ende der Befragungen zur Folge gehabt zu haben. Presseberichten zufolge wurden auch nach Abwicklung der Tarnbehörde
weiterhin Asylbewerber_innen befragt:
8859)
8860)
8861)
8862)
8863)
8864)
8865)
Christian Fuchs/John Goetz: „Geheimer Krieg“, 1. Auflage, November 2013, S. 130.
A. K., Protokoll-Nr 67 I, Teil 2, S. 30.
Leistner-Rocca, Protokoll-Nr. 76 I, S. 29.
Der dieser Textfassung entnommene Text ist in der im Parlamentssekretariat (PD 1) des Deutschen Bundestages von den Mitgliedern des Deutschen Bundestages sowie von den Fraktionen beauftragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einsehbaren, als Verschlusssache „NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH“ (VS-NfD) eingestuften Textfassung enthalten. Zudem ist er in der von den
Mitgliedern des Deutschen Bundestages in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages auf A-Drs. 596 unter Tgb.-Nr.
301/17-GEHEIM einsehbaren Textfassung enthalten.
Unterrichtungsvorlage des Sicherheitsreferates für den Präsidenten des BAMF vom 26. März 2009, MAT A BAMF-1b, Bl. 36 (37
f.), (VS-NfD).
R. C., Protokoll-Nr. 110 I, S. 23.
R. C., Protokoll-Nr. 110 I, S. 23.