Drucksache 18/12850
XI.

– 1634 –

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Die Hauptstelle für Befragungswesen (HBW)

Bis zum Sommer 2014 betrieb der BND unter anderem in Berlin eine Tarnbehörde unter der Legende „Hauptstelle für Befragungswesen“ (HBW), in der teilweise unter Beteiligung von britischen oder US-amerikanischen Nachrichtendienstlern Asylbewerber_innen und andere Einwanderer_innen in Deutschland ausgehorcht wurden. Die Befragungen fanden im Rahmen des Programms „Integriertes Befragungswesen“ statt,
einer Kooperation zwischen deutschen, amerikanischen, britischen und französischen Geheimdiensten.8792
Ausschusszeuge Dr. August Hanning, BND-Präsident von 1998 bis 2005, bezeichnete das Befragungswesen
als „Relikt aus der alten Besatzungszeit, letztlich aus dem Kalten Krieg“8793. Allerdings sei ihm zu Beginn
seiner Amtszeit als Präsident auf Nachfrage erklärt worden:
„da seien doch wichtige Erkenntnisse auch in Sachen Irak und Naher Osten usw. gewonnen worden, und deswegen sei das sehr wichtig, die weiter aufrechtzuerhalten.“8794
Der Untersuchungsauschuss konzentrierte sich in den Zeugenvernehmungen hauptsächlich auf die Kooperation der HBW mit dem US-amerikanischen Militärnachrichtendienst Defence Intelligence Agency (DIA),
und die Beantwortung der Frage, inwiefern Befrager_innen der DIA an Befragungen der HBW teilnahmen
oder diese sogar eigenständig durchführten.8795
Die Zeugin A. K., von 2008 bis zur formellen Auflösung der HBW im Juni 2014 als Leiterin der Behörde
tätig, sowie U. P., Befrager und Befragerführer von 2001 bis zur Auflösung, gaben beide an, es hätten neben
der DIA keine anderen US-Geheimdienste direkt an Befragungen teilgenommen.8796 Jedoch konnte sich die
CIA indirekt am Befragungswesen beteiligen:
„Die CIA war nicht unmittelbarer integrierter Partner. Die CIA tritt aber in der Intelligence Community als teilweise sehr kräftiger Partner auf. Und da sind teilweise Interessen aufgekommen. Und dann musste man eben reagieren und sagen: ‚Das findet
statt‘, oder: ‚Findet nicht statt‘.“8797
Grundlage der Zusammenarbeit seien schriftliche Vereinbarungen gewesen. Die USA beteiligte sich laut
A. K. an den Kosten der HBW.8798
Die Tätigkeit der HBW und deren enge Kooperation mit US-Diensten war in mehrfacher Hinsicht problematisch: Zum einen drängt sich der Verdacht auf, dass an die USA weitergeleitete beziehungsweise von USBefrager_innen erhobene Daten zu militärischen Zwecken, zum Beispiel für tödliche Drohnenangriffe, verwendet werden konnten. Dieser Verdacht liegt nicht fern, bedenkt man die fatalen Folgen, welche die an USDienste weitergeleiteten (Fehl-)Angaben des von der HBW befragten Informanten „Curveball“ im Jahr 2003

8792)
8793)
8794)
8795)
8796)
8797)
8798)

Hanning, Protokoll-Nr. 65 I, S. 91.
Hanning, Protokoll-Nr. 65 I, S. 91.
Hanning, Protokoll-Nr. 65 I, S. 91.
Vgl. Untersuchungsauftrag, Einsetzungsantrag vom 18. März 2014, B. 15. I., Bundestagsdrucksache 18/843.
A. K., Protokoll-Nr. 64 I, S. 32; U. P., Protokoll-Nr. 110 I, S. 74.
A. K., Protokoll-Nr. 64 I, S. 67.
A. K., Protokoll-Nr. 64 I, S. 67.

Select target paragraph3