Drucksache 18/12850
– 1556 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Der grundrechtliche Schutzumfang der Telekommunikationsfreiheit besitzt vielmehr eine große Reichweite
und umfasst insbesondere auch die Metadaten. Denn der Gewährleistungsgehalt von Art. 10 Abs. 1 GG bezieht sich nicht nur auf den Inhalt der geführten Gespräche, sondern auch auf die „näheren Umstände“ der
Telekommunikation.8378
Der BND kann sich auch nicht darauf berufen, dass er sich in den zahlreichen Jahren der Zusammenarbeit
bei der Erfassung und Bearbeitung von leitungsgebundenen Verkehren und IP-Verkehren in der betrieblichen
Testphase befunden haben soll.8379
ff)
Verstöße gegen Übermittlungsvorschriften aus § 9 Abs. 2 BNDG8380 i. V. m. §§ 19 ff.
BVerfSchG8381
Der BND umging mit seiner Praxis der Datenweiterleitung sämtliche gesetzliche Übermittlungsvorschriften
und verstieß gegen seine eigenen Dienstvorschriften.
„[...]8382“8383,
sie muss sich nur in den Grenzen der §§ 9 Abs. 2 BNDG i. V. m. 19 Abs. 3 BVerfSchG halten.
Der BND umging so bewusst die deutlich engeren Vorschriften des Artikel 10-Gesetzes. Er hielt sich jedoch
bei der Metadatenweitergabe nicht einmal an die von ihm selbst für die Metadatenausleitung zu Grunde gelegten Übermittlungsvorschriften i. S. d. § 9 Abs. 2 BNDG i. V. m. § 19 Abs. 3 BVerfSchG. So verstieß der
BND vielfach und in gravierendem Maße gegen die sich selbst daraus ergebenden geringeren gesetzlichen
Anforderungen. Vor diesem Hintergrund verwundert die Falschaussage des stellvertretenden Regierungssprechers Georg Streiter: „Es gibt keine millionenfache Grundrechtsverletzung durch deutsche Geheimdienste“ (…) „Die deutschen Dienste halten sich an die Vorschriften des Datenschutzes“, betonte er. Die Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische Stellen erfolge nur in Einzelfällen. 2012 seien dies nur
zwei Datensätze gewesen, die ein und dieselbe Personen betroffen hätten.8384 Bei den hier in Rede stehenden
Datensätzen handelt es sich um Übermittlungen, die der BND nach dem Artikel 10-Gesetz behandelte. Damit
sollte wohl die dahinterliegenden massenhaften Metadatensätze verschleiert werden, bei deren Übermittlung
sich der BND nicht an die Vorschriften hielt. Untersuchungen des Ausschusses haben jedoch ergeben, der
BND hielt sich nicht nur nicht an Vorschriften, sie sind ihm zum Teil noch nicht einmal bekannt gewesen.8385
(vgl. auch Kapitel V.1 zum MoA) Allgemein bekundete die Datenschutzbeauftragte des BND Dr. H. F. vor
8378)
8379)
8380)
8381)
8382)
8383)
8384)
8385)
BVerfGE 67, 157, Beschl. v. 20.06.1984 – 1 BvR 1494/78, abrufbar unter http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv067157.html, dort Rn.
54; Caspar, Strategische Auslandsüberwachung – Jenseits der Grenze des Rechtsstaats, PinG 2014, H. 1, S. 3 f.
Vgl. Interne Weisung betr. JSA, Weitgabe von TK-Verkehren an AND v. 18. Februar 2005, MAT BND-40a, Bl. 7 (VS-NfD).
Dies gilt für sämtliche Fassungen des BNDG im Untersuchungszeitraum (30.12.1990 – 31.12.2001, 01.01.2002 – 10.01.2007,
11.01.2007 – 20.11.2015 sowie 21.11.2015 – 30.12.2016).
Dies gilt für sämtliche Fassungen des VerfSchG im Untersuchungszeitraum (01.01.2000 – 31.12.2001, 01.01.2002 – 10.01.2007,
11.01.2007 – 09.01.2012 sowie 10.01.2012 – 20.11.2015).
Der dieser Textfassung entnommene Text ist in der im Parlamentssekretariat (PD 1) des Deutschen Bundestages von den Mitgliedern des Deutschen Bundestages sowie von den Fraktionen beauftragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einsehbaren, als Verschlusssache „NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH“ (VS-NfD) eingestuften Textfassung enthalten. Zudem ist er in der von den
Mitgliedern des Deutschen Bundestages in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages auf A-Drs. 596 unter Tgb.-Nr.
301/17-GEHEIM einsehbaren Textfassung enthalten.
BND-interne Bitte um Mitzeichnung einer Leitungsvorlage – Datenaustausch mit US-Stellen, MAT A BND-40a, Bl. 58-62 (58)
(VS-NfD).
Reuters vom 5. August 2013, „Bundesregierung gibt BND in Späh-Affäre Rückendeckung“, http://de.reuters.com/article/schlandusa-spionage-idDEBEE97403I20130805, abgerufen am 17. Juni 2017.
H. F., Protokoll-Nr. 121 I, S. 8.