Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

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Drucksache 18/12850

dass wir auch gerne irgendwo mal in der Welt ans Kabel müssten und dass auch diese Metadaten bei Erfassungen eine große Rolle spielen werden.“8320
So lernten die BND-Mitarbeiter_innen von der NSA bereits „früher Massendaten aus dem Internet bewältigen und aufklären zu können.“8321 Auch der Zeuge W. K., Leiter der Unterabteilung T1 im Bereich der Technischen Aufklärung, gab vor dem Untersuchungsausschuss an: „Natürlich haben Sie heutzutage immer Massendaten im Internet. […] Wir hatten die technische Fähigkeit, damit umzugehen.“8322 Der BND stellte große
Teile seiner Maßnahmen auf die Auswertung von Metadaten um. In Folge dessen griff der BND nicht nur
massenhaft und pauschal, d. h. anlasslos Metadaten ab, sondern leitete diese auch automatisiert und komplett,
das heißt ohne vorherige inhaltliche Prüfung oder Auswahl und gleichfalls massenhaft an die NSA weiter.
Die Metadaten sollten lediglich um die Daten von Deutschen (Personen oder Firmen) und sich in Deutschland
aufhaltenden Personen bereinigt werden. Die Beweisaufnahme hat gezeigt, dass das dafür eingesetzte Filtersystem jedoch bereits vom Ansatz her unzureichend war (siehe hierzu unter V.6 – „Zu Risiken und Nebenwirkungen…“ sowie V.7 – „Ungelöste Filterproblematik“).
Dabei griff der BND in die Vertraulichkeit der näheren Umstände von Telekommunikationsvorgängen ein,
die gleichwohl vom grundrechtlichen Schutz des Telekommunikationsgeheimnisses geschützt ist8323 und
beging damit massenhaft schwerwiegende Grundrechtsverstöße. Für diesen Eingriff gibt es keine Rechtfertigungsgrundlage. Diese Praxis der Metadatenerfassung und -übermittlung stellt in ihrer Art als auch ihrem
Umfang eine qualitativ wie quantitativ völlig neue Dimension der Überwachung durch Geheimdienste dar.
Sie kann nicht mehr im Verhältnis zur bloßen Möglichkeit oder Nützlichkeit für eine eventuelle Gefahrenprävention stehen, geschweige zur bloßen Sammlung von außen- und sicherheitspolitischen Informationen
zur Erkenntnisgewinnung. Vielmehr gleicht sie einer weitgehend anlasslosen Massenüberwachung und ist
daher mit dem im Grundgesetz geforderten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht mehr vereinbar und
daher rechtswidrig. Die Auswirkungen dieser Praxis sind und bleiben enorm, gerade im Hinblick auf die
wachsende Bedeutung der Metadaten und der Möglichkeiten ihrer Verwendungen.
aaa) Massenüberwachung
Im Sommer 2013 berichtete Der Spiegel unter Berufung auf eine von Edward Snowden an Journalist_innen
übergebene Statistik des NSA-Programms BOUNDLESS INFORMANT, dass die NSA allein im Dezember
2012 aus Deutschland rund 500 Millionen Kommunikationsverbindungsdaten, darunter von Telefonaten, EMails, SMS oder Chatbeiträgen, aus der Fernmeldeaufklärung/Satellitenerfassung erfasst habe. „Gespeichert
werden diese Metadaten anschließend im Hauptquartier der Behörde in Fort Mead, nahe Washington“.8324
Nach den Veröffentlichungen der Zahlen begann der BND intern selbst zu recherchieren. Zwar konnten Bundesregierung und BND mit Hilfestellung der NSA den Verdacht vorerst abbiegen, die NSA würde selbst
8320)
8321)
8322)
8323)
8324)

Dr. Fechner, Protokoll-Nr. 41 I, S. 16.
Süddeutsche Zeitung vom 4. Oktober 2014, „Codewort Eikonal“; BND-interner Vermerk von Herrn R. an u. a. Hanning, vom 28.
April 2008, vgl. Aktenvorhalt in Protokoll-Nr. 22 III – Auszug offen, S. 59 f.
W. K., Protokoll-Nr. 22 III – Auszug offen, S. 55.
Hans-Jürgen Papier, Beschränkungen der Telekommunikationsfreiheit durch den BND an Datenaustauschpunkten, NVwZ-Extra
15/2016, S. 1 (3), abrufbar unter http://rsw.beck.de/rsw/upload/NVwZ/NVwZ-Extra_2016_15.pdf.
Der Spiegel vom 29. Juli 2013, „Tricks und Finten“; BOUNDLESS INFORMANT, Germany – Last 30 days, http://www.spiegel.de/media/media-34055.pdf, abgerufen am 17. Juni 2017; Glenn Greenwald, Die Globale Überwachung, 2014, S. 148; R. U.,
Protokoll-Nr. 14 I, S. 33.

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