Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
– 1537 –
Drucksache 18/12850
wurde,8274 sind jedenfalls unzureichend. Hinzu kommt das Problem der nichtlesbaren Selektoren. Auch die
erst später erfolgten Filter-Anpassungen und die weiteren Suchläufe in den NSA-Selektorenbeständen in Bad
Aibling nach März 2015 deuten darauf hin, dass die Herausnahmekriterien im Sommer 2013 unzulänglich
waren.
Inwiefern die NSA Wirtschaftsspionage gegen deutsche und europäische Firmen betrieben oder zu betreiben
versucht hat, konnte durch die Untersuchung von Graulich nicht geklärt werden. Eine Entwarnung – wie von
interessierten Kreisen nach einer PKGr-Sitzung gegenüber den Medien behauptet wurde8275 – ist aber keinesfalls angebracht. Zum einen fand Graulich in den aussortierten NSA-Selektoren „eine ganze Anzahl, die
auf wirtschaftlich tätige Unternehmen mit Sitz in Deutschland oder deutschem Ursprung gerichtet waren.“8276
Zum anderen hatte der BND bislang gar nicht gezielt nach europäischen Firmen in den NSA-Selektoren
gesucht und diese daher gar nicht als bemakelt aussortiert. Graulich räumte in seiner Vernehmung vor dem
Ausschuss auf die Frage, ob denn europäische Firmen überhaupt aus den Selektoren herausgenommen wurden bzw. nach ihnen gesucht wurde, auch ein:
„Na ja, das europäische Thema kam ja erst später auf, und europäische Firmen wurden
sehr reduziert herausgenommen, weil der Ausgangspunkt war ja nicht Schutz europäischer Firmen, sondern Schutz europäischer Regierungseinrichtungen.“8277
„Ja, europäische Unternehmen in der Weise nicht; das war ja nicht der Punkt. Also, es
wurden bestimmte – – Also, ich komme jetzt immer wieder auf dieselben; aber der
Vorrat an Selektoren ist ja irgendwie begrenzt. Aber es wurde keine – – Es wurden ja
nicht systematisch europäische Firmen jetzt „unter Schutz gestellt“ in Anführungszeichen.“8278
Zudem verwenden Firmen oftmals gar keine Top-Level-Domain des Herkunftsstaates, sondern eine .comAdresse. Schon aus diesem Grund fielen sie nicht in ein mögliches europäisches Such-Raster.
c)
Vertuschung der NSA-Selektorenfunde im Wahljahr 2013
Nach der Beweisaufnahme ist die vom Unterabteilungsleiter T2, dem Zeugen D. B., veranlasste außerplanmäßige Prüfung des NSA-Selektorenbestandes und das Auffinden der großen Anzahl unzulässiger NSASelektoren im August 2013 weder an den Abteilungsleiter TA, Pauland, noch an die Hausleitung bzw. Präsident Schindler gemeldet worden. Ebensowenig ist das Kanzleramt als aufsichtsführende Behörde darüber
unterrichtet worden. Erst angeblich im März 2015, als die Akten zur Vorlage für den Beweisbeschluss BND26 zusammengestellt wurden, seien der Präsident und das Kanzleramt über die damaligen NSA-Selektorenfunde aus dem Sommer 2013 informiert worden.
8274)
8275)
8276)
8277)
8278)
Süddeutsche Zeitung vom 2. Mai 2015, „Die Überwachungsfabrik“.
Süddeutsche.de vom 6. Mai 2015, „Angeblich keine Unternehmen auf 2000-er-Liste der NSA-Suchbegriffe“, http://www.sueddeutsche.de/news/politik/geheimdienste-angeblich-keine-unternehmen-auf-2000-er-liste-der-nsa-suchbegriffe-dpa.urn-newsml-dpacom-20090101-150506-99-09271, abgerufen am 18. Juni 2017.
Graulich, Bericht vom 23. Oktober 2015, MAT A SV-11/2, S. 188.
Graulich, Protokoll-Nr. 69 I, S. 90.
Graulich, Protokoll-Nr. 69 I, S. 98.