Drucksache 18/12850
– 1532 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Aus der E-Mail ergibt sich nicht, dass die unzulässigen Selektoren vor der Verwendung entdeckt wurden. So
haben es jedoch BND-Zeug_innen vor dem Ausschuss behauptet. Es spricht aufgrund der Formulierung einiges dafür, dass die Selektoren tatsächlich für die Erfassung genutzt wurden und sie erst nachträglich aufgefallen sind. Die von der Bundesregierung eingesetzte „Sachverständige Vertrauensperson“ Graulich kam
in ihrem Bericht zu dem Ergebnis, dass der genaue Vorgang wegen fehlender Akten nicht mehr rekonstruiert
werden könne. Graulich notierte:
„Festgestellt werden konnte lediglich, dass am 25. Januar 2006 von der Dienststelle
Bad Aibling bestätigt wurde, dass die Selektoren zu den Firmen EADS (52 Rufnummern) bzw. EUROCOPTER (22 Rufnummern) nicht mehr für die Erfassungssteuerung
verwendet wurden.“8245
Gegenüber dem Untersuchungsausschuss wurde der EADS/Eurocopter-Vorfall von BND-Zeugen zunächst
verschwiegen. Der Zeuge T. B., der im fraglichen Zeitraum 2005/2006 die JSA geleitet hatte, sprach in seiner
Vernehmung am 6. November 2014 selbst EADS an:
„Also, bevor irgendwelche Selektoren eingestellt wurden, wurden diese immer geprüft, damit man einfach diejenigen Selektoren rausgefiltert hat, die rechtlichen Interessen oder eben auch Interessen der Bundesrepublik Deutschland entgegenstanden.
Ein Beispiel dazu ist eine ganz einfache Geschichte: Wenn Sie sagen, es geht ja um
deutsche Interessen, aber nicht G 10, dann kann ich Ihnen sagen: EADS zum Beispiel
ist nur zu 40 Prozent deutsch und unterfällt damit nicht dem G-10-Regime, es wäre
aber äußerst dämlich, wenn die Deutschen mit Amerikanern gemeinsam Erfassung zu
EADS betreiben würden, als unmittelbarem Konkurrenten zu Boeing. Nicht, dass es in
der Form versucht worden wäre. Ist nicht passiert. Aber das wäre ein typisches Beispiel für deutsche Interessen, die nicht G-10-geschützt sind.“8246
Selbst nach Vorhalt eines Artikels aus der Süddeutschen Zeitung vom 4. Oktober 2014, in dem beschrieben
wurde, wie dem BND 2005 aufgefallen sei, „dass die Amerikaner die gemeinsame Arbeit dazu missbrauchten, um nach Informationen über EADS, Eurocopter und französische Behörden zu suchen,“8247 behauptete
der Zeuge T. B. in seiner Vernehmung am 6. November 2014, dies sei nur ein „fiktives Beispiel“,8248 und:
„Das Beispiel war Theorie.“8249
Das ist wenig glaubhaft, zumal der Zeuge T. B. als JSA-Leiter in der oben zitierten E-Mail als eine der bei
dem Vorfall handelnden Personen genannt ist und dieser Vorfall offenbar wegen seiner Bedeutung über Jahre
hinweg bis 2010 Eingang in Unterlagen des BND an das Kanzleramt gefunden hat.8250
8245)
8246)
8247)
8248)
8249)
8250)
Graulich, Bericht vom 23. Oktober 2015, MAT A SV-11/2, S. 189.
T. B., Protokoll-Nr. 20 I, S. 26.
Süddeutsche Zeitung vom 4. Oktober 2014, „Codewort Eikonal“.
T. B., Protokoll-Nr. 20 I, S. 64.
T. B., Protokoll-Nr. 20 I, S. 42.
Vgl. MAT A BND-9/6 (Tgb.-Nr. 20/14 – STRENG GEHEIM, pauschal herabgestuft auf GEHEIM, nur zur Einsicht in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages), Anl. 10, Ordner 193, Bl. 1-5; MAT A BK-14/1a (Tgb.-Nr. 139/15 – GEHEIM), Anl. 08,
Ordner 364, Bl. 5.