Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

– 1461 –

Drucksache 18/12850

desverfassungsgericht hat vielfach anerkannt, dass die Änderung tatsächlicher Umstände Anlass sein kann und muss, die Grundrechte so auszulegen, dass das Niveau
des Grundrechtschutzes erhalten bleibt.“7900
Und daraus folgt:
„Grundrechtsschutz als Schutz der Entfaltungsfreiheit knüpft an das Verhalten von
Grundrechtsträgern an. Danach – – und nicht nach den Zufälligkeiten eines, insbesondere eines von Dritten ohne Einwirkung der Kommunikatoren bestimmten, Transportwegs – richtet sich die Reichweite des Schutzes durch Kommunikations- und Persönlichkeitsgrundrechte.“7901
Grundrechtsschutz muss sich anpassen:
„Der Schutz würde teilweise leerlaufen, wenn er davon abhinge, ob ein Kommunikationsvorgang mehr oder minder unvorhersehbar/zufällig über Leitungen in deutschen
oder in nichtdeutschen Gebieten abgewickelt wird.“7902
Telekommunikation hat sich längst losgelöst von seiner Einbettung in ein nationalstaatlich organisiertes Postund Telefoniewesen.7903 Mit der technischen Entwicklung hat sie sich inzwischen globalisiert und erfordert
eine Anpassung der Schutzanforderungen.
cc)

Grundrechtseingriff – Ausleitung, Erhebung, Verarbeitung, Übermittlung

Vor dem Ausschuss wurde darüber gestritten, ab welchem Zeitpunkt die Datenabgriffe grundrechtsrelevant
werden und ob sich die einzelnen Verarbeitungsschritte unterscheiden lassen. Das ist auch vor dem Hintergrund relevant, als die Streubreite der vom BND gewonnenen Datenmasse mit ihrer fortschreitenden Verarbeitung entsprechend des Auftragsprofils der Bundesregierung verringert wird.
Am Maßstab des Fernmeldegeheimnisses stellt jede Kenntnisnahme, Aufzeichnung und Verwertung von
Kommunikationsdaten durch den Staat einen rechtfertigungsbedürftigen Grundrechtseingriff dar.7904 Entsprechend hatte das BVerfG für die nachrichtendienstliche Überwachung schon 1999 klargestellt:
„Für die Kenntnisnahme von erfaßten Fernmeldevorgängen durch Mitarbeiter des
Bundesnachrichtendienstes steht folglich die Eingriffsqualität außer Frage. Aber auch
die vorangehenden Arbeitsschritte müssen in ihrem durch den Überwachungs- und
Verwendungszweck bestimmten Zusammenhang betrachtet werden.“7905

7900)
7901)
7902)
7903)
7904)
7905)

Hoffmann-Riem, MAT A SV-2/1, S. 4.
Hoffmann-Riem, MAT A SV-2/1, S. 10.
Hoffmann-Riem, MAT A SV-2/1, S. 10.
Vgl. Hoffmann-Riem, MAT A SV-2/1, S. 10.
Vgl. BVerfGE 85, 386 – 405, https://www.bverfg.de/e/rs19920325_1bvr143088.html, Rn. 57; BVerfGE 100, 313-403,
https://www.bverfg.de/e/rs19990714_1bvr222694.html, Rn. 186.
BVerfGE 100, 313-403, https://www.bverfg.de/e/rs19990714_1bvr222694.html, Rn. 186.

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