Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
– 1379 –
Drucksache 18/12850
schlägt vor, die Überwachung der Bürger auf bestimmte Bedrohungen (wie Terrorismus, Proliferation, organisierte Kriminalität) zu beschränken. Des Weiteren sollten die Kriterien der Reziprozität und der Verhältnismäßigkeit beim Vorgehen der Nachrichtendienste festgeschrieben werden. Innerhalb einer Kerngruppe
demokratischer Staaten sollte man sich wechselseitig gerichtliche oder gerichtsähnliche Überprüfungsmechanismen einräumen.
e)
Veränderungen im Verhalten von Internetanbietern
Experten wiesen darauf hin, dass vor der Snowden-Debatte im Jahre 2013 nur die Firma AT&T im Jahre 2005
in den USA Klage gegen Überwachungsmaßnahmen durch Nachrichtendienste erhoben hatte. Daher spricht
vieles dafür, dass die IT-Unternehmen der USA bis 2013 ohne große Vorbehalte mit US-Nachrichtendiensten
kooperiert haben. Angesichts der öffentlichen Meinung nach den Anschlägen vom 11. September 2001 und
dem nachfolgenden „Krieg gegen den Terror“ war dies auch politisch opportun. Seit 2013 hat man in den
USA die Risiken für das globale Geschäftsmodell des Internets erkannt, die mit einem Verlust des Vertrauens
in die Sicherheit und Vertraulichkeit von Kommunikation verbunden sind. So forderten die größten InternetUnternehmen der USA im Dezember 2013 öffentlich eine Neuregelung der Überwachungstätigkeiten der
US-Nachrichtendienste aus Furcht, ihre Kunden außerhalb der USA zu verlieren. Die höhere Bedeutung, die
diese Firmen heute dem Schutz der Privatsphäre ihrer Kunden einräumen, hat sie immer wieder in eine Frontstellung zur US-Administration gebracht, etwa bei der Forderung des FBI nach Entschlüsselung des Mobiltelefons eines Attentäters durch Apple im Jahr 2016. Die Konfrontation wurde nur deshalb nicht vor Gericht
auf die Spitze getrieben, weil das FBI einen anderen Weg zur Entschlüsselung der Kommunikation fand.
In anderen Fällen klagen Firmen gegen das Ausmaß ihrer Kooperationspflichten, weil sie im transatlantischen Verhältnis mit einem Jurisdiktionskonflikt konfrontiert sind. In einem Rechtsstreit von Microsoft, dem
sogenannten „Warrant Case“ ging es um die Frage, ob Microsoft zur Herausgabe der auf einem Server in
Irland gespeicherten Daten an US-Behörden gezwungen ist, oder das EU-Recht zum Datenschutz Vorrang
genießt, das einen Transfer verbietet. Im konkreten Fall ging es um die Herausgabe von E-Mails eines mutmaßlichen Drogenhändlers, die auf einem Microsoft-Server in Irland abgelegt sind. In zweiter Instanz hatte
ein Bundesgericht in New York im Juli 2016 zugunsten Microsofts entschieden, eine erneute Anhörung
wurde am 24. Januar 2017 abgewiesen. Es ist aber damit zu rechnen, dass die US-Administration in Berufung
bis hin zum Obersten Gerichtshof gehen wird, um eine grundsätzliche Klärung der Kompetenzen herbeizuführen.
Microsoft hat mit Blick auf deutsches und EU-Datenschutzrecht 2016 eine Vereinbarung mit der Deutschen
Telekom geschlossen. Demnach übernimmt die Telekom die Speicherung der deutschen Kommunikationsdaten von Microsoft, fungiert zugleich als Treuhänder bei der Herausgabe von Informationen an Behörden und
soll sicherstellen, dass Informationen nur in Einklang mit deutschem Recht übermittelt werden.
Eine Reihe von Experten geht davon aus, dass aus den Auseinandersetzungen um die Folgen der SnowdenVeröffentlichungen eine langfristige Grundhaltung der IT-Branche resultiert, sich für gemeinsame transatlantische Standards beim (kommerziellen) Datentransfer und der Überwachung im transatlantischen Rahmen