Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

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Drucksache 18/12850

Vor diesem Hintergrund wurde von Seiten der Presse sowie von der Opposition der Vorwurf erhoben, die
von der Bundesregierung vielfach gegebene Zusicherung, deutsche Nachrichtendienste gäben keine Informationen weiter, die unmittelbar für eine zielgerichtete Lokalisierung genutzt werden können, sei unwahr
und wertlos: Mobilfunknummern würden unstreitig weitergegeben und seien zur Zielerfassung ausreichend.
Die Bundesregierung hat gleichwohl im Rahmen der Beantwortung parlamentarischer Anfragen – ebenso
wie auch alle hierzu vom Ausschuss unter Wahrheitspflicht als Zeugen befragten Mitarbeiter deutscher Sicherheitsbehörden, namentlich solche des BND und des BfV – stets versichert, dass die Sicherheitsbehörden
des Bundes allgemein keine Informationen weiter geben, die zu einer zielgenauen Lokalisierung benutzt
werden können.
Um den in diesen Zusammenhang aufgeworfenen technischen Fragen hinsichtlich der praktischen Möglichkeiten der Geolokalisation eines Mobilfunkgeräts und der dort in Betrieb befindlichen SIM-Karte mittels
Telefonnummer oder ähnlicher Daten nachzugehen, hat der Ausschuss den Sachverständigen Prof. Dr. Federrath mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens betraut.
In seinem Gutachten mit dem Titel „Darstellung der Möglichkeiten, mithilfe von – gegebenenfalls auch personenbezogenen – Daten eine Lokalisierung bzw. Ortung von Personen durchzuführen“ kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass verschiedene personenbezogene bzw. gerätespezifische Identifizierungsmerkmale von Mobilfunkgeräten während des Untersuchungszeitraums weltweit zur Ortung eingesetzt werden konnten und können, soweit in der jeweiligen Region eine hinreichende Funkabdeckung gegeben ist. Die
auf militärischen Drohnen eingesetzten Methoden zur autonomen Lokalisierung erlauben nach Einschätzung
des Gutachters je nach Einsatzbedingungen aus einer Flughöhe von zwei Kilometern die Lokalisierung mit
einer Genauigkeit von fünf Metern bis 35 Metern. Durch die Wahl einer tieferen Flughöhe könne die Genauigkeit weiter gesteigert werden. GPS-fähige Mobilfunkgeräte ermöglichten die Lokalisierung mit einer Genauigkeit von unter zehn Metern. Weitere Informationen wie beispielsweise Video, Signals Intelligence (SIGINT) oder Human Intelligence (HUMINT) seien zur Aufklärung des Zielgebiets gegebenenfalls hilfreich,
aber für eine hinreichend genaue Ortung nicht notwendig. Eine Telefonnummer (typischerweise die
MSISDN) bzw. die netzinternen Rufnummern und Gerätekennungen (z. B. die IMEI und IMSI) seien unter
günstigen atmosphärischen Bedingungen als einzige technische Daten ausreichend, um eine Fernlenkwaffe
mit einem tödlichen Radius von fünf Metern mit hinreichender Treffergenauigkeit für eine gezielte Tötung
einsetzen zu können.
Der Inhalt dieses Gutachtens, das zahlreiche theoretische Hypothesen enthält, weil die konkreten technischen
Gegebenheiten in wesentlichen Fragen unbekannt sind, gibt dem Ausschuss letztlich mehr Fragen auf als es
Antworten liefert und ist insoweit auf konkrete Fallgestaltungen nicht übertragbar. Der Gutachter selbst weist
mehrfach darauf hin, dass die Annahmen im Gutachten lediglich von einer technisch-theoretischen Plausibilität ausgehen. Das Gutachten nimmt ideale Bedingungen an: ein sich nicht bewegendes, eingeschaltetes
Mobilfunkgerät, optimale Wellenausbreitung und engmaschige Netzabdeckung. Diese dürften in der Praxis
in aller Regel nicht vorliegen. Eine Ortungsgenauigkeit von fünf Metern bis 35 Metern etwa setzt voraus,
dass sich das Mobilfunkgerät nicht bewegt, bei in Bewegung befindlichen Geräten nimmt die Ortungsgenauigkeit nach Darstellung des Gutachtens deutlich ab. Alle in dem Gutachten untersuchten Möglichkeiten der

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