Genauere Ausführungen, was Datensouveränität nun
im Einzelnen bedeute, blieben beide in der Veranstal‑
tung schuldig. Ein Blick in das „Grünbuch – Digitale
Plattformen“ des Wirtschaftsministeriums offenbart,
dass Datensouveränität einer digitalen Privatautonomie
gleichkommen soll, die durch weitgehende Transparenz‑
vorschriften der Informationsasymmetrie, die aktuell
zwischen Verarbeiter und Verbraucher häufig vorliege,
vorbeugen soll. Gleichzeitig soll Datensouveränität eine
Kommerzialisierung von Daten ermöglichen.

ziellen Umfeld moderner Fahrzeuge könnte Transparenz
durch einen Datenpass hergestellt werden.

Im Großen und Ganzen zeigt die nähere Beschreibung
der vorgestellten Datensouveränität allerdings lediglich
Aspekte, die entweder bereits durch das bestehende
Datenschutzrecht (u. a. die DSGVO) geregelt sind oder
keinen unmittelbaren Bezug zum Datenschutz haben.
Neue Transparenzvorschriften, Datenportabilität,
Zugriffsbeschränkung für Dritte, Privacy by Design und
Default sind Gegenstand der DSGVO. Ausführungen im
Grünbuch zu „neuen Formen der Einwilligung“ oder zu
einem „ausdifferenzierten Identity Managements“ blei‑
ben im Ungefähren. Letzteres geht zwar auf Möglichkei‑
ten zur Einstellung verschiedener Sphären der eigenen
Daten ein, aber eine in diesem Zusammenhang vorge‑
schlagene zentrale Identifikationsdatenbank, bei der der
Betroffene eben jene Einstellungen gegenüber Unter‑
nehmen und Dritten bezüglich der Offenlegung seiner
Daten vornehmen kann, birgt ganz eigene Risiken. Eine
solche zentrale Datenbank wäre ein herausgestellter
Angriffspunkt, bei dem im Zweifel alle personenbezoge‑
nen Daten eines Betroffenen, wenn nicht gar aller, die
dort eingetragen sind, kompromittiert werden könnten.
Zudem wäre diese zentralisierte Ansammlung personen‑
bezogener Daten verfassungsrechtlich fragwürdig.

2. Ein gegenständlicher Ansatz, bei dem das Aus‑
schließlichkeitsrecht dem Eigentum an der Anlage
zur Datenerhebung folgt (Beispiel: Monitoringanlage
als Teil eines Kfz gehört dem Fahrzeugeigentümer,
der so auch das Ausschließlichkeitsrecht über die
Daten erhält).

An Fahrt gewann die Diskussion über den Begriff der
Datensouveränität dann erst wieder Mitte 2017, als das
Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruk‑
tur (BMVI) eine Studie zum Thema „Eigentumsordnung
spezifischer Mobilitätsdaten“ vorstellte. Einige Ansätze
dieser Studie wurden auch Teil eines Strategiepapiers
des Ministeriums zur Digitalen Souveränität. Auch an
dieser Stelle sollte der Ansatz der Datensparsamkeit
aufgegeben werden. Stattdessen sollten die personen‑
bezogenen Daten wirtschaftlich besser nutzbar gemacht
werden können, sowohl für die Unternehmen als auch
für den Einzelnen. Hierfür müssten neue Wertschöp‑
fungsmöglichkeiten geschaffen werden. Beispielsweise
solle der Bürger die Möglichkeit erhalten, sich frei zu
entscheiden, ob er Daten als Gegenleistung preisgibt
oder stattdessen eine reguläre Bezahlmöglichkeit wahr‑
nehmen möchte. Personenbezogene Daten müssten
hierfür eigentumsfähig und zuordenbar gemacht
werden. Die anschließende Nutzung dürfte allerdings
nur anonymisiert und pseudonymisiert erfolgen. Im spe‑

Für die konkrete Umsetzung einer Eigentumsfähigkeit,
die notwendigerweise ein ausschließliches Verfügungs‑
recht umfassen muss, schlagen die Autoren der Studie
mehrere Ansätze vor:
1. Ein datenspezifischer Ansatz, bei dem ähnlich dem
bisherigen Datenschutzrecht das Ausschließlichkeits‑
recht zunächst beim Betroffenen liegt.

3. Zuletzt ein handlungsbezogener Ansatz, bei dem der
für die ursprüngliche Datenerhebung Verantwortli‑
che das ausschließliche Verfügungsrecht erhält.
Die Autoren neigten dabei am ehesten dem handlungs‑
bezogenen Ansatz zu, während das BMVI selbst in sei‑
nem Strategiepapier eher den datenspezifischen Ansatz
verfolgte und Parallelen zum Urheberrecht zog. Der
Bürger könnte also statt Eigentum an seinen Daten eine
Art Nutzungslizenz für diese übertragen.
Beide Vorschläge sind allerdings nicht nur im Hinblick
auf das bestehende Datenschutzrecht kritisch zu bewer‑
ten, sondern bereits aus Sicht des verfassungsrechtlich
garantierten informationellen Selbstbestimmungsrechts.
Gerade beim Beispiel der Mobilität wären hiernach
häufig Dritte Dateneigentümer, ganz gleich, ob der
Betroffene selbst fährt oder das Fahrzeug verleiht oder
vermietet, da der Betroffene selbst für die Datenerhe‑
bung eben meist nicht verantwortlich ist. Dieser hat im
Zweifel ja auch gar kein Interesse an der Erhebung. Statt‑
dessen würden die Fahrzeughersteller oder spezialisier‑
te Firmen Dateneigentümer. In diesem Falle würde auf
übertriebene Weise die Sichtweise auf Daten als Rohstoff
verinnerlicht. Im übertragenen Sinn wäre der jeweilige
Schürfer auch der Eigentümer am Datengold.
Personenbezogene Daten sind aber kein beliebiges Han‑
delsobjekt, sondern stets Teil einer bestimmten natürli‑
chen Person, deren Menschenwürde unveräußerlich ist.
Unter anderem aus dieser Menschenwürde leitet sich
auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung
ab. Beim handlungsgezogenen Ansatz würden diese Tei‑
le der Person dem Schutz der Würde entzogen und zum
reinen Handelsobjekt herabgestuft. Der Gedanke vom
Menschen als Rohstoff ist mit unserer gesellschaftlichen
Ordnung jedoch nicht vereinbar. Nicht umsonst war

Tätigkeitsbericht zum Datenschutz für die Jahre 2017 und 2018

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