Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
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Drucksache 18/9142
Zum vorliegenden Bericht
Das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) hat am 6. Juli 2016 beschlossen, die Ergebnisse seiner Untersuchungen zur BND-eigenen Steuerung in der strategischen Fernmeldeaufklärung in Form einer öffentlichen Bewertung auf der Grundlage von § 10 Absatz 2 und 3 des Kontrollgremiumgesetzes (PKGrG) zu veröffentlichen.
Die erste öffentliche Bewertung zur Untersuchung des Themas durch das PKGr vom 16. Dezember 2015 und die
von der Bundesregierung in diesem Zusammenhang veröffentlichte Pressemitteilung sind diesem Bericht als Anlage beigefügt.
Gemäß § 10 Absatz 2 PKGrG hat das PKGr die Möglichkeit, zu bestimmten Vorgängen aus seinen Beratungen
eine öffentliche Bewertung abzugeben, wenn zwei Drittel der anwesenden Mitglieder dem zustimmen. Sofern
erforderlich, kann es gemäß § 10 Absatz 3 PKGrG diese Bewertung mit einer Sachverhaltsdarstellung verbinden.
Ferner besteht die Möglichkeit, Sondervoten zu formulieren. Dabei sind die Belange des Geheimschutzes zu beachten.
Im vorliegenden Bericht hat das PKGr die wesentlichen Ergebnisse seiner Untersuchungen zur BND-eigenen
Steuerung in Form einer Bewertung und – soweit zum besseren Verständnis notwendig ergänzt durch eine Sachverhaltsdarstellung – zusammengefasst. Dazu wurden auch die Behörden, namentlich das Bundeskanzleramt und
der Bundesnachrichtendienst, die die dem Bericht zugrunde liegenden Informationen an das PKGr herausgegeben
haben, konsultiert, ob und ggf. inwiefern sie unter dem Gesichtspunkt des Geheimschutzes begründete Einwände
gegen eine Veröffentlichung dieser Informationen haben. Dies kann regelmäßig der Fall sein, soweit es sich um
Staatswohlbelange, um konkrete operative Inhalte oder Methoden der nachrichtendienstlichen Arbeit handelt.
Der vorliegende Bericht verzichtet im Vergleich zu dem als STRENG GEHEIM eingestuften Untersuchungsbericht des PKGr vom 22. Februar 2016 auf die Darstellung zahlreicher Details. Wo es erforderlich und möglich
war, verdeutlicht eine allgemeine und zusammenfassende Darstellung die Hintergründe, die zur entsprechenden
Bewertung des PKGr geführt haben.
2.
Gang der Untersuchung
2.1 Auftrag
Mitte Oktober 2015 berichteten Staatssekretär Klaus-Dieter FRITSCHE und BND-Präsident Gerhard SCHINDLER dem PKGr darüber, dass der BND in der Vergangenheit eigene Selektoren1 gesteuert2 habe, die einen Bezug
zu EU- und NATO-Staaten aufweisen. Die Steuerung dieser Selektoren sei zwischenzeitlich weitgehend deaktiviert worden. In begründeten Fällen seien ursprünglich aus der Steuerung herausgenommene Selektoren wieder
in die Steuerung übernommen worden.
Das PKGr beschloss daraufhin, die Praxis der BND-eigenen Steuerung bis zum Unterrichtungszeitpunkt im Oktober 2015 zu untersuchen. Als Berichterstatter für diese Untersuchung bestimmte das PKGr die Abgeordneten
Armin SCHUSTER, Uli GRÖTSCH, und Hans-Christian STRÖBELE. Gegenstand der Untersuchung war die
Steuerung BND-eigener Selektoren mit EU-/NATO-Bezug und die diesbezügliche Erfassung3 in der strategischen
Fernmeldeaufklärung4 vor allem hinsichtlich der Einhaltung des Auftragsprofils der Bundesregierung (APB),
rechtlicher Zulässigkeit, organisatorischer Abläufe sowie technischer Umsetzung.
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Im Folgenden werden die Begriffe „Selektoren“, „Telekommunikationsmerkmale“, „Merkmale“ synonym verwendet. Dabei handelt es
sich in diesem Zusammenhang um formale Suchbegriffe, die im Erfassungsprozess der Fernmeldeaufklärung dazu dienen, automatisiert
potenziell relevante Kommunikationsvorgänge herauszufiltern.
Unter „Steuerung“ wird der Prozess der zielgerichteten Filterung von Kommunikationsströmen nach Suchbegriffen im Rahmen der
Fernmeldeaufklärung verstanden.
Als „Erfassung“ bezeichnet man das Abfangen eines Signals im Rahmen der Fernmeldeaufklärung sowie dessen Aufbereitung in weiterverarbeitbare Rohnachrichten.
Bei der „strategischen Fernmeldeaufklärung“ handelt es sich um ein nachrichtendienstliches Mittel, bei dem die Telekommunikation
einer Vielzahl von Telekommunikationsteilnehmern gleichzeitig erfasst wird und auf Basis bestimmter Suchbegriffe einzelne Kommunikationsvorgänge herausgefiltert werden. Dabei versteht man unter „Routine-Verkehr“ Telekommunikation, die nicht von Artikel 10 GG umfasst ist bzw. dem G 10-Gesetz unterliegt.