Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
VII.
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Die Ausgestaltung und Durchführung
der Kontrolle der Maßnahmen nach
dem Terrorismusbekämpfungsgesetz
Für die durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz neu eingefügten Befugnisse der Sicherheitsbehörden, Informationen über Geldströme und Kontobewegungen bei Banken
und Finanzunternehmen einzuholen, Auskunftsersuchen
an Postdienstleister, Luftverkehrsunternehmen, Telekommunikations- und Teledienstleister zu stellen und IMSICatcher einzusetzen, obliegt die Kontrolle dem Parlamentarischen Kontrollgremium und der G10-Kommission.
1.
Die Kontrolle durch die G10-Kommission
Sowohl die Auskunftsersuchen als auch der Einsatz des
sog. IMSI-Catchers sind nur auf Antrag zulässig. Der Antrag ist durch den Präsidenten des betreffenden Dienstes
oder seinen Stellvertreter schriftlich zu stellen. Über den
Antrag entscheidet gemäß § 8 Abs. 9 Satz 3 BVerfSchG
das vom Bundeskanzler beauftragte Bundesministerium.
Im Berichtszeitraum entschied das Bundesministerium
des Innern als beauftragtes Bundesministerium über die
Anträge des BfV und des MAD. Über Anträge des BND
entschied gemäß § 2 Abs. 1a Satz 4 BNDG der Chef des
Bundeskanzleramtes.
Die Kontrolle der im Einzelfall angeordneten und zu vollziehenden Maßnahmen, die durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz in das BVerfSchG, das MADG und
das BNDG aufgenommen wurden, obliegt der G10-Kommission. Das beauftragte Ministerium hat monatlich die
G10-Kommission über die beschiedenen Anträge vor deren Vollzug zu unterrichten. Bei Gefahr in Verzug kann
das Bundesministerium den Vollzug der Entscheidung
auch bereits vor der Unterrichtung der Kommission anordnen. Die G10 Kommission prüft von Amts wegen
oder auf Grund von Beschwerden die Zulässigkeit und
Notwendigkeit der Einholung von Auskünften. Die Kontrolle der G10-Kommission erstreckt sich dabei auch auf
den gesamten Prozess der Erhebung, Verarbeitung und
Nutzung der mit den Maßnahmen erlangten personenbezogenen Daten durch die Nachrichtendienste des Bundes einschließlich der Entscheidung über die Mitteilung
an Betroffene. § 15 Abs. 5 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses Artikel 10-Gesetz gilt entsprechend.
Der Gesetzgeber hat die abschließende Entscheidung sowie die Kontrolle der Auskunftsersuchen ausdrücklich
der G10-Kommission zugewiesen. Mit der G10-Kommission steht ein Gremium zur Verfügung, dessen Mitglieder
sich durch eine hohe Fach- und Sachkompetenz für diese
äußerst sensible Materie auszeichnen. Diese Zuständigkeitszuweisung hat sich nach Auffassung des Parlamentarischen Kontrollgremiums uneingeschränkt bewährt. In
den Kommissionssitzungen wird nicht nur über die Zulässigkeit und Notwendigkeit der Maßnahmen entschieden,
sondern auch die Effizienz der Maßnahmen hinterfragt,
Berlin, den 11. Mai 2005
Volker Neumann (Bramsche), MdB
Vorsitzender
Drucksache 15/5506
mithin bereits eine gewisse Evaluierung der Maßnahmen
vorgenommen. Darüber hinaus kommen der Kommission
bzw. ihren Mitarbeitern eine Reihe von besonderen Rechten zu, wie ein Akten- und Dateneinsichtsrecht oder Zutrittsrecht, mit denen eine effektive Kontrolle zur Wahrung der Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger
ermöglicht wird.
2.
Die Kontrolle durch das Parlamentarische
Kontrollgremium
Nach § 1 Abs. 1 PKGrG unterliegt die Bundesregierung
hinsichtlich der Tätigkeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), des Militärischen Abschirmdienstes
(MAD) und des Bundesnachrichtendienstes (BND) der
Kontrolle durch das Parlamentarische Kontrollgremium.
Mit der Übertragung neuer Befugnisse auf die Nachrichtendienste durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz
wurden auch die Kontrollbefugnisse des Gremiums erweitert. Ihm obliegt die parlamentarische und politische
Kontrolle im Bereich der Maßnahmen nach den § 8
Abs. 5 bis 8, § 9 Abs. 4 BVerfSchG, § 10 Abs. 3 MADG
und § 2 Abs. 1a, § 8 Abs. 3a BNDG.
Gemäß § 8 Abs. 10 BVerfSchG unterrichtet das für die
Anordnung der Maßnahmen zuständige Bundesministerium in Abständen von höchstens sechs Monaten das
Kontrollgremium über deren Durchführung. Dabei geht
es nicht um Einzelfälle, sondern um eine Gesamtübersicht
der Beschränkungsmaßnahmen und ihrer Ergebnisse.
Diese Halbjahresberichte müssen gemäß § 8 Abs. 10
Satz 1 BVerfSchG einen Überblick über Anlass, Umfang,
Dauer, Ergebnis und Kosten der im Berichtszeitraum
durchgeführten Maßnahmen enthalten. Die Berichte sollen insoweit denjenigen entsprechen, die die Staatsanwaltschaften gem. § 100e StPO der jeweils zuständigen
obersten Justizbehörde erstatten. Die Kontrollkompetenz
des Parlamentarischen Kontrollgremiums erschöpft sich
dabei aber nicht in der Entgegennahme der Berichte, sondern erstreckt sich im Kern vielmehr darauf, von den zuständigen Bundesministerien jederzeit Auskunft über alle
Aspekte der Überwachung des Kommunikations-, Reiseund Kapitalverkehrs verlangen zu können.
Die Vorschrift des § 8 Abs. 10 BVerfSchG gilt gemäß § 9
Abs. 4 S. 5 BVerfSchG, § 10 Abs. 3 Satz 6 MADG, § 2
Abs. 1a Satz 4, § 8 Abs. 3 Satz 6 BNDG entsprechend für
die Maßnahmen nach diesen Vorschriften.
Im Berichtszeitraum wurden dem Gremium entsprechend
der gesetzlichen Vorgaben detaillierte Halbjahresberichte
vorgelegt. Diese wurden in den Sitzungen des Gremiums
erörtert. Die Vertreter der zuständigen Ministerien bzw.
der Nachrichtendienste haben dabei Nachfragen beantwortet und bei Bedarf ergänzende Erläuterungen geben.
Auch diese Praxis der parlamentarischen Kontrolle der
durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz eingeführten
neuen Befugnisse für die Nachrichtendienste hat sich
nach Auffassung des Kontrollgremiums bewährt.