ein Teil des Kennzeichens bekannt ist, werden von der Maßnahme möglicherweise
in großer Zahl auch Personen erfasst, die diesen Anlass nicht geschaffen haben.
(4) Auch ist gesetzlich nicht ausgeschlossen worden, dass die automatisierte Kennzeichenerfassung erfolgt, obwohl der ursprüngliche Anlass für die Aufnahme in den
Fahndungsbestand entfallen ist. Ferner ist die Zweckbindung bei der Datenverwertung nicht hinreichend gesichert.
177
Weil in den gesetzlichen Regelungen eine Bindung der Kennzeichenerfassung und
-verwendung an einen bestimmten Zweck oder auch nur den Zweck, für den das
Kennzeichen in den Fahndungsbestand aufgenommen worden ist, fehlt, ist insbesondere nicht ausgeschlossen, dass gespeicherte Treffermeldungen bestehen bleiben
und weiterverwendet werden, wenn der ursprüngliche Anlass für die Fahndungsausschreibung oder die Kennzeichenerfassung zwischenzeitlich entfallen ist. So kann etwa die in § 20 Abs. 3 Satz 1 HSOG angeordnete Bindung der Speicherung oder
sonstigen Verarbeitung von personenbezogenen Informationen an den Zweck, zu
dem sie erlangt wurden, ins Leere laufen, weil die angegriffenen Ermächtigungen
den Erhebungszweck nicht festlegen. Ebenso kann das Gebot, gewonnene Informationen nur zu dem Zweck zu übermitteln, zu dem sie erlangt wurden (vgl. § 21 Abs. 1
Satz 1 HSOG), wegen der fehlenden gesetzlichen Zweckbindung wirkungslos bleiben. Eine Regelung, die auf diese Weise den Grundsatz der Zweckbindung verfehlt
oder gar zu „vagabundierenden“ Informationen führen kann, entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne nicht.
178
4. Die Unbestimmtheit der angegriffenen Regelungen führt dazu, dass ihr Einsatz
für ausschließlich oder im Schwerpunkt strafprozessuale Zwecke offen bleibt (siehe
oben C II 2 b, ee). Ob die Länder zur Regelung der automatisierten Erfassung der
Kraftfahrzeugkennzeichen im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung überhaupt befugt wären, braucht vorliegend allerdings nicht entschieden zu werden, da
die angegriffenen Regelungen schon aus anderen Gründen verfassungswidrig sind.
179
III.
Der Verstoß gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2
Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG führt zur Nichtigkeit von § 14 Abs. 5 HSOG
und § 184 Abs. 5 LVwG.
180
Den Landesgesetzgebern stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, um
eine im Rahmen ihrer Zuständigkeit verbleibende und sowohl hinreichend bestimmte
als auch angemessene Eingriffsermächtigung zu schaffen.
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Die Regelung über die automatisierte Erfassung der Kraftfahrzeugkennzeichen
kann die verfassungsrechtlich geforderten Eingriffsvoraussetzungen auf verschiedenen Ebenen normieren: durch einengende Regelungen erstens für die Aufnahme in
die zulässigen Abgleichsdatenbestände, etwa über den Fahndungsbestand, zweitens im Hinblick auf die Erfassung der Kennzeichen selbst und drittens betreffend die
weitere Verwertung der gewonnenen Informationen. Diese Ebenen sind in Bezug auf
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