unter Umständen selbst einer Straftat bezichtigen müssten (vgl. BVerfGE 109, 279
<308>; 113, 348 <363>).
C.
Die Verfassungsbeschwerden sind auch begründet. Die angegriffenen Vorschriften
verletzen das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführer aus Art. 2 Abs.
1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.

61

I.
Die automatisierte Kennzeichenerfassung greift in den Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung ein, wenn das Kennzeichen nicht unverzüglich mit dem Fahndungsbestand abgeglichen und ohne weitere Auswertung sofort
wieder gelöscht wird.

62

1. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung trägt Gefährdungen und Verletzungen der Persönlichkeit Rechnung, die sich für den Einzelnen, insbesondere unter
den Bedingungen moderner Datenverarbeitung, aus informationsbezogenen Maßnahmen ergeben (vgl. BVerfGE 65, 1 <42>; 113, 29 <46>; 115, 166 <188>; 115, 320
<341 f.>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 13. Juni 2007 - 1 BvR 1550/03
u.a. -, NJW 2007, S. 2464 <2465 f.>). Dieses Recht flankiert und erweitert den grundrechtlichen Schutz von Verhaltensfreiheit und Privatheit; es lässt ihn schon auf der
Stufe der Persönlichkeitsgefährdung beginnen.

63

Eine derartige Gefährdungslage kann bereits im Vorfeld konkreter Bedrohungen
von Rechtsgütern entstehen. Mittels elektronischer Datenverarbeitung sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer Person unbegrenzt speicherbar und jederzeit und ohne Rücksicht auf Entfernungen in Sekundenschnelle abrufbar. Sie können darüber hinaus mit anderen Datensammlungen zusammengefügt
werden, wodurch vielfältige Nutzungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten entstehen
(vgl. BVerfGE 65, 1 <42>; 115, 320 <342>). Dadurch können weitere Informationen
erzeugt und so Schlüsse gezogen werden, die sowohl die grundrechtlich geschützten
Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen beeinträchtigen als auch anschließende
Eingriffe in seine Verhaltensfreiheit nach sich ziehen können (vgl. BVerfGE 65, 1
<42>; 113, 29 <45 f.>; 115, 320 <342>; BVerfG, NJW 2007, S. 2464 <2466>). Eine
weitere Besonderheit des Eingriffspotentials von Maßnahmen der elektronischen Datenverarbeitung liegt in der Menge der verarbeitbaren Daten, die auf konventionellem
Wege gar nicht bewältigt werden könnte. Der mit solchen technischen Möglichkeiten
einhergehenden gesteigerten Gefährdungslage entspricht der hierauf bezogene
Grundrechtsschutz (vgl. BVerfGE 65, 1 <42>; 113, 29 <45 f.>; 115, 320 <342>).

64

Auch dann, wenn die Erfassung eines größeren Datenbestandes letztlich nur Mittel
zum Zweck für eine weitere Verkleinerung der Treffermenge ist, kann bereits in der
Informationserhebung ein Eingriff liegen, soweit sie die Informationen für die Behörden verfügbar macht und die Basis für einen nachfolgenden Abgleich mit Suchkriteri-

65

16/42

Select target paragraph3