Drucksache 17/5200

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Versand beim E-Postbrief:

Im Gegensatz zum konventionellen Brief wird der E-Postbrief elektronisch erstellt und verschickt. Die Zustellung erfolgt bei einem registrierten Empfänger in elektronischer Form. Bei Zustellung an nicht registrierte Teilnehmer wird
die Sendung in einem Postbriefzentrum ausgedruckt, kuvertiert und auf dem herkömmlichen Weg zugestellt (sog.
Hybridbrief).

6.9

Sorgfaltspflichten der Telekommunikationsunternehmen gegenüber
ihren Kunden

In einem Urteil des Landgerichts Bonn vom 1. Juni 2010
(7 O 470/09) wurde einem Telekommunikationsunternehmen die Pflicht auferlegt, seine Kunden schnellstmöglich
auf ungewöhnlich hohe Rechnungsbeträge hinzuweisen.
Ungeklärt blieb aber die Frage, ob und wie dies datenschutzkonform zu bewerkstelligen ist.
Eine Kundin verklagte ihren Telekommunikationsanbieter auf Rückzahlung von zu hohen Rechnungsbeträgen.
Unstrittig war, dass die in Rechnung gestellten Kosten
tatsächlich angefallen waren, weil die Kundin einen Internettarif nutzte, der minutenweise abgerechnet wurde. Der
ihr vom Telekommunikationsanbieter überlassene Router
war aber so konfiguriert, dass er – auch wenn tatsächlich
keine Nutzung des Internets erfolgte – ständig eine Verbindung aufrecht erhielt. Hierdurch summierten sich die
Kosten innerhalb von fünf Monaten auf über 5 000 Euro.
Das Gericht gab der Klage der Kundin statt. Dem Telekommunikationsanbieter erwachse aus dem vertraglichen
Dauerschuldverhältnis mit der Kundin eine besondere
Fürsorgepflicht, die ihn dazu verpflichtet, auf ungewöhnliches Nutzungsverhalten der Kundin innerhalb weniger
Tage zu reagieren.
Das Gericht setzte sich allerdings nicht damit auseinander,
wie die faktische Umsetzung dieser schuldrechtlichen Verpflichtung gesetzeskonform erfolgen soll. Das Telekommunikationsgesetz (TKG) setzt Telekommunikationsanbietern
klare Grenzen, innerhalb derer sie die Bestands- und Verkehrsdaten ihrer Kunden verwenden dürfen. Eine hier na-

BfDI 23. Tätigkeitsbericht 2009-2010

heliegende dauerhafte Überwachung der Verkehrsdaten ist
in diesem Fall nicht zulässig. Die Vorschrift des § 100 Absatz 3 TKG, nach der eine Verkehrsdatenverarbeitung zur
Erkennung von Missbrauch in Telekommunikationsnetzen
zulässig ist, kann hier nicht zur Anwendung kommen, da
kein Missbrauchsfall, sondern lediglich ein fehlerhaft eingestellter Router Grund für die hohe Rechnung war.
Eine Nutzungskontrolle könnte aus meiner Sicht allenfalls
über die Rechnungsdaten selbst erfolgen, die im Rahmen
des Vertragsverhältnis erhoben werden und somit als für
die Erbringung des Telekommunikationsdienstes erforderliche Bestandsdaten im Sinne des § 95 Absatz 1 TKG verwendet werden dürfen. Sollte ein Telekommunikationsanbieter im Rahmen einer solchen Rechnungskontrolle ein
atypisches Nutzungsverhalten eines Kunden feststellen,
darf er diesen hierüber informieren. Weitere über diese Information hinausgehende Maßnahmen, insbesondere die
Einsicht in Verkehrsdaten, um festzustellen, worin die
konkrete Ursache für die Auffälligkeit liegt, sind jedoch
ausschließlich unter der Voraussetzung einer hierzu vom
Kunden erteilten expliziten Einwilligung möglich. Für Telekommunikationsanbieter bleibt die missliche Lage, unter dem Damoklesschwert solcher Urteile leben zu müssen, die kaum datenschutzkonform umzusetzen sind.
6.10

Neuvergabe von E-Mail-Adressen

Bei einer zu schnellen Neuvergabe von E-Mail-Adressen
können Nachrichten an den falschen Empfänger gelangen. Ich halte eine Karenzzeit von mindestens drei Monaten für angebracht.

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