Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Drucksache 17/5200

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sichergestellt werden, dass die richtige Energiemenge
„just in time“ produziert und ohne teure Zwischen- und
Vorhaltespeicherung zur Verfügung gestellt werden kann.
Hierzu sind mehr Verbrauchs- und Steuerungsinformationen notwendig, als die konventionelle analoge Mess- und
Regelungstechnik anbieten kann.
Ein erster Schritt auf dem Weg zu einer effizienteren
Energieerzeugung und -nutzung ist das Angebot von Tarifen, mit denen Anreize für eine individuelle Steuerung des
Energieverbrauches und damit zur Energieeinsparung gegeben werden. Um den tatsächlichen Verbrauch sowie die
tatsächliche Nutzungszeit anzuzeigen und damit einen effektiveren Einsatz von Ressourcen zu ermöglichen, ist gemäß einer EG-Richtlinie (2006/32/EG) der Einbau neuer
intelligenter Stromzähler, so genannter Smart Meters, in
allen EU-Mitgliedstaaten verpflichtend. Dementsprechend
sind derartige Zähler nach § 21b Absatz 3a Energiewirtschaftsgesetz seit dem 1. Januar 2010 grundsätzlich in
Neubauten und bei größeren Renovierungsmaßnahmen einzubauen, damit die spätestens ab dem Jahreswechsel 2010/
2011 von den Energieversorgern anzubietenden Spartarife
von den Verbrauchern auch tatsächlich genutzt werden
können.
Viele unserer Aktivitäten in Beruf, Familie und Freizeit
sind technikgestützt und spiegeln sich gerätebezogen in einem nach Energieeinsatz und Nutzungszeit spezifischen
Verbrauchsprofil wider. Aus diesem „Datenschatten“ wird
mit einer gerätebezogenen Verbrauchsmessung eine immer präzisere Abbildung der individuellen und höchst persönlichen Aktivitäten möglich. Punktuell und in Echtzeit
wird die einzelne Aktivität erkennbar. Über den Tag ergibt
sich auf diesem Weg ein Ablaufprotokoll, das wesentliche
Informationen für ein Verhaltensprofil enthält. Damit wird
deutlich, dass ein datenschutzkonformes Konzept für die
neuen Mess- und Energiespartechniken unverzichtbar ist,
wenn der gläserne Energieverbraucher vermieden werden
soll.
„Privacy by Design“ ist der Schlüsselbegriff für solche datenschutzfreundliche Lösungen. Er bedeutet zunächst, die
Auswirkungen künftiger neuer Informationstechnologien

frühzeitig zu erkennen und zu hinterfragen. Privacy by Design erfordert aber auch, der Erkenntnis Taten folgen zu
lassen und Risiken und Missbrauchsgefahren nicht nur juristisch durch Verbote und Sanktionsnormen, sondern so
früh wie möglich auch bei der Verfahrens- und Produktentwicklung durch ein datenschutzkonformes technisches
Design zu reduzieren (vgl. auch Nr. 3.1).
Für die datenschutzgerechte Konzeption von Smart Metering bedeutet dies eine Erforderlichkeitsprüfung für jede
geplante Erhebung, Speicherung und Nutzung personenbezogener Daten, frühestmögliche Anonymisierung oder
Pseudonymisierung auf der untersten Systemstufe sowie
volle Transparenz und uneingeschränkte Datenautonomie
für den Verbraucher. Diesem darf keine „Black Box“ aufgedrängt werden, deren Speicherungs-, Auswertungs-,
Übermittlungs- und Fernsteuerungsfunktionen für ihn nicht
durchschaubar sind. Die Betroffenen müssen die Datenhoheit über ihre Verbrauchsdaten behalten.
Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten von Bund
und Ländern hat bei der digitalen Messung und Steuerung
des Energieverbrauches ein datenschutzrechtliches Regelungsdefizit festgestellt (vgl. Kasten zu Nr. 5.1). Die zur
Einführung digitaler Zähler bisher erlassenen Rechtsnormen schützen die Privatsphäre der Verbraucher nur unzureichend. Die Datenschutzkonferenz fordert daher eine
gesetzliche Regelung für die Erhebung, Verarbeitung und
Nutzung der digital erhobenen Verbrauchsinformationen.
Ich habe mich im parlamentarischen Raum sowie beim
BMWi für eine datenschutzfreundliche und sichere Informationsverarbeitung beim Smart Metering eingesetzt. Auf
meine Anregung hin haben das Ministerium und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik die Arbeit an sicheren Schutzprofilen für die neue Mess- und
Steuerungstechnologie aufgenommen. Eine Novellierung
des Energiewirtschaftsgesetzes, die auch Regelungen zum
Smart Metering enthalten wird, steht unmittelbar bevor.
Im Rahmen dieses Gesetzgebungsverfahrens werde ich
auf eine datenschutzgerechte Ausgestaltung der Bestimmungen dringen.
K a s t e n zu Nr. 5.1

Entschließung der 80. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes
und der Länder vom 3./4. November 2010
Datenschutz bei der digitalen Messung und Steuerung des Energieverbrauchs
Das Energiewirtschaftsgesetz legt fest, dass seit Anfang des Jahres 2010 digitale Zähler in Häuser und Wohnungen
eingebaut werden müssen, die den tatsächlichen Energieverbrauch (z. B. Strom und Gas) und die tatsächliche Nutzungszeit messen (Smart Metering). Damit sollen Verbraucher ihren Energieverbrauch künftig besser kontrollieren
und steuern können und zur Verbesserung der Energieeffizienz beitragen.
Digitale Zähler ermöglichen die sekundengenaue Erfassung des Verbrauchs. Bei diesen Informationen handelt es sich um
personenbezogene Daten, mit denen detaillierte Nutzungsprofile erstellt werden können. Viele Handlungen des täglichen
Lebens in der Wohnung führen zumindest mittelbar zum Verbrauch von Energie. In der Nutzung dieser Ressourcen spiegeln sich somit Tagesabläufe wider. Die detaillierte Erfassung des Verbrauchs birgt daher ein hohes Ausforschungspotenzial bezüglich der Lebensgewohnheiten der Betroffenen in sich. Dies gilt in besonderem Maße, wenn neben neben

BfDI 23. Tätigkeitsbericht 2009-2010

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