Drucksache 17/5200

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che Rechtsgrundlage erforderlich wäre, eine solche aber
nicht existiert. Die Veröffentlichung von Wahlvorschlägen
zur Europawahl richtet sich ausschließlich nach Artikel 79
Absatz 1 Europawahlordnung. Danach hat die vorgeschriebene öffentliche Bekanntmachung durch den Bundeswahlleiter im Bundesanzeiger zu erfolgen. Alternativen oder zusätzliche Formen der Veröffentlichung sieht
die Europawahlordnung nicht vor. Für eine Veröffentlichung im Internet ist eine ausdrückliche Rechtsgrundlage
erforderlich, da mit der Einstellung der personenbezogenen Angaben in das Internet – insbesondere aufgrund der
erheblich leichteren Recherchemöglichkeiten – ein qualitativ anderer Eingriff in das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung verbunden ist, als mit der vorgegebenen öffentlichen Bekanntmachung im Bundesanzeiger. Ich
habe den Bundeswahlleiter daher gebeten, künftig die Veröffentlichung ausschließlich nach dem gesetzlich normierten Verfahren vorzunehmen.
Gleichwohl halte ich es durchaus für sinnvoll, auch das Internet als Informationsmedium für die Wählerinnen und
Wähler zu nutzen. Es sollte daher eine ausdrückliche
Rechtsgrundlage für die Veröffentlichung von Wahlbewerbern im Internet geschaffen werden. Um eine datenschutzgerechte Ausgestaltung der Internetveröffentlichungen zu gewährleisten, sollten zusätzlich Regelungen
getroffen werden, die sicherstellen, dass die Veröffentlichungen unversehrt, vollständig und aktuell bleiben und
jederzeit ihrem Ursprung nach zugeordnet werden können.
Weiter sollten technische Vorgaben zur Veröffentlichung
im Internet festgelegt werden, die es erschweren, die Daten automatisiert zu erschließen und mit anderen Daten abzugleichen. So könnte etwa vorgegeben werden, die Daten
der Wahlbewerber nur als Bilddatei einzustellen, wodurch
sie für Suchmaschinen in der Regel nicht auswertbar wären. Ferner sollten immer nur einzelne (wenige) Daten zu
jeweils einem Bewerber pro Seite abrufbar sein. Auch
sollte die Möglichkeit zum Download dieser Daten erschwert werden. Wünschenswert wäre insbesondere, dass
es keine Liste(n) mit allen Bewerbern und allen personenbezogenen Daten gibt.
Mit dem Bundeswahlleiter habe ich grundsätzliches Einvernehmen erzielt. Er hat darüber hinaus noch weitergehende oder alternative Vorschläge gemacht, die ich sehr
begrüße.
Ich empfehle daher, eine entsprechende Gesetzesänderung
in die Wege zu leiten. Eine solche Regelung, die der besonderen Qualität von Internetveröffentlichungen durch
entsprechende Gestaltungsvorgaben Rechnung trägt, könnte
vorbildhaft auch für andere Bereiche sein, in denen die
Veröffentlichung personenbezogener Daten im Internet erfolgen soll.
4.11

Verbesserte internationale
Datenschutzkooperation

Angesichts zunehmend globaler Datenströme wird eine
engere Zusammenarbeit der nationalen Datenschutzbehörden immer wichtiger. Zur Verbesserung der internationalen Kooperation wurden verschiedene Initiativen ergriffen, an denen auch ich mich aktiv beteiligt habe.

BfDI 23. Tätigkeitsbericht 2009-2010

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Im April 2010 haben zehn nationale Datenschutzbehörden
in einem gemeinsamen Brief Google aufgefordert, die Privatsphäre seiner Nutzer beim neuen Dienst „Google Buzz“
besser zu schützen1. Durch die Markteinführung von
„Google Buzz“ wurde der bisherige Google-Mail-Dienst
(„Gmail“) zu einem sozialen Netzwerkdienst ausgebaut.
Die Datenschutzbehörden kritisieren in ihrem Schreiben
insbesondere, dass personenbezogene Daten der Nutzer
offengelegt wurden, ohne dass diese vorher angemessen
informiert wurden und somit nicht in der Lage waren,
selbst über die Nutzung ihrer Daten zu entscheiden. Das
Unternehmen hat die bei der Einführung von „Buzz“ erfolgten Datenschutzverstöße öffentlich bedauert.
Ebenfalls im Frühjahr 2010 wurde das „Global Privacy
Enforcement Network“ (GPEN) als informeller Zusammenschluss nationaler Datenschutzbehörden errichtet.
Ziel des Netzwerkes ist es, die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Durchsetzung des Datenschutzrechts
zu verbessern. Vorgesehen sind u. a. ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch zwischen den Mitgliedern sowie die
Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen gemeinsam
mit Vertretern von Wirtschaft, Wissenschaft oder internationaler Organisationen. Auch sollen Maßnahmen bilateraler Unterstützung und Kooperation vereinbart werden.
Verabredet wurden die Durchführung regelmäßiger Telefonkonferenzen sowie Treffen am Rande internationaler
Sitzungen, wie etwa der Internationalen Datenschutzkonferenz. Darüber hinaus wurde zur Unterstützung der Arbeit des Netzwerkes durch die OECD eine Website eingerichtet, die neben einem öffentlichen auch über einen
internen Bereich verfügt (siehe https://www.privacyen
forcement.net/).
In den Jahren 2009 und 2010 fanden insgesamt vier „Case
Handling Workshops“ statt, an denen Angehörige meiner
Dienststelle teilgenommen haben. Diese Treffen wurden
von der Europäischen Konferenz der Datenschutzbeauftragten ins Leben gerufen, um Erfahrungen und Kenntnisse auszutauschen und auf diesem Wege bei der Bearbeitung von Bürgereingaben und bei der Behandlung von
ähnlich gelagerten Sachfragen zu einer vergleichbaren
Verfahrensweise zu gelangen. Die Case Handling Workshops unterscheiden sich von anderen Foren der europäischen Zusammenarbeit dadurch, dass die Zielgruppe hier
in erster Linie diejenigen Mitarbeiter der Datenschutzbehörden sind, die sich mit konkreten Problemen und Fragestellungen beschäftigen (Sachbearbeiter). Die letzten beiden Workshops wurden in Brüssel (März 2010) und in
Manchester (September 2010) zu den Schwerpunkt-Themen Datenschutz in der Forschung und im Gesundheitswesen, Datenschutz bei modernen Mobilitätssystemen sowie effiziente Wege und Methoden der Bearbeitung von
Fällen und Beschwerden organisiert. Die Case Handling
Workshops stehen nicht nur Angehörigen der Datenschutzkontrollstellen aus Ländern der EU, sondern aus
ganz Europa offen.
1

Der gemeinsame Brief wurde von den Datenschutzbehörden von Kanada, Frankreich, Irland, Israel, Italien, Niederlande, Neuseeland,
Spanien, Großbritannien und Deutschland unterzeichnet.

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