Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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K a s t e n zu Nr. 4.1.4
Stichwort Geodaten:
Geobasisdaten sind diejenigen Geodaten, die die Geotopographie anwendungsneutral in einem einheitlichen
geodätischen Referenzsystem beschreiben. Sie sind die
Grundlage für Fachanwendungen mit Raumbezug. Zu
den Geobasisdaten gehören Landschaft und die Liegenschaften jeweils verbunden mit einem einheitlichen Koordinatensystem.
Geofachdaten sind Geodaten aus einem bestimmten
Fachgebiet, deren Raumbezug sich entweder direkt
durch Koordinaten oder indirekt durch Bezug auf Geobasisdaten ergibt. Hierzu gehören z. B. raumbezogene
Daten über Klima, Bevölkerung, Verkehr, Umwelt usw.
Der Personenbezug von Geodaten ist dann gegeben,
wenn es sich um punktgenaue, d. h. auf ein bestimmtes
Grundstück bezogene Informationen handelt, die eine
bestimmte sachliche Aussage (z. B. über Art und Maß
der baulichen Nutzung, Hochwassergefährdung oder
Verkehrserschließung) treffen. Voraussetzung ist, dass
es sich bei dem an einem Grundstück Berechtigten um
eine natürliche Person handelt und diese ohne unverhältnismäßig hohen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft identifiziert werden kann.
4.2

Widerspruchsrecht gegen die Veröffentlichung personenbezogener Daten im
Internet

Ein effektiver Datenschutz setzt ein verbrieftes Widerspruchsrecht und unkomplizierte Widerspruchsverfahren
gegen die Veröffentlichung personenbezogener Daten im
Internet voraus.
Die Aufnahme von Straßenansichten und deren Veröffentlichung im Internet durch Internet-Geodatendienste
(vgl. Nr. 4.1.1) hat einmal mehr verdeutlicht, dass das bestehende Datenschutzrecht keinen ausreichenden Schutz
gegen die Veröffentlichung personenbezogener Daten im
Internet bietet.
Effektiver Datenschutz setzt ein verbindliches Widerspruchsrecht gegen die Veröffentlichung personenbezogener Daten im Internet voraus. Eine entsprechende gesetzliche Regelung müsste allerdings so formuliert werden,
dass damit die durch Artikel 5 GG garantierte Meinungsund Informationsfreiheit nicht eingeschränkt wird. Es ist
die Aufgabe des Gesetzgebers, die wesentlichen Verbraucher- und Datenschutzrechte selbst zu regeln. Der von der
Internetbranche im Dezember 2010 (vgl. Nr. 4.1.3) vorgelegte Datenschutz-Kodex kann ein gesetzlich verbrieftes,
einklagbares Recht auf Widerspruch nicht ersetzen, sondern nur ergänzenden Charakter haben.
In Bezug auf die Verwendung von Geodaten im Internet
– wie sie bei Google Street View diskutiert wird – ist
deutlich geworden, dass Widerspruchsrechte durch benutzer- und datenschutzfreundliche Verfahren flankiert werden müssen. Bislang müssen die Betroffenen gegenüber

Drucksache 17/5200

jedem einzelnen Geodatendienst separat Widerspruch
einlegen – sofern dieser einen Widerspruch überhaupt zugelassen hat. Dies erfordert in der Summe einen nicht unerheblichen Aufwand sowohl für die Betroffenen als auch
für die Diensteanbieter. Die Betroffenen müssen mehrfach – gegenüber allen Diensten – ihren Widerspruch erklären und dabei weitere persönliche Daten preisgeben.
Zudem müssen sie sich ständig darüber informieren, ob
möglicherweise ein neuer Dienst ihre Daten veröffentlichen will. Die Diensteanbieter müssen den Betroffenen
und die jeweiligen Grundstücke identifizieren, was ebenfalls mit erheblichem Aufwand verbunden ist. Schließlich
ist es eine zusätzliche Erschwernis für die Betroffenen,
wenn die Widerspruchsverfahren nicht einheitlich ausgestaltet sind.
Im Interesse eines effektiven und bürgerfreundlichen Datenschutzes, der den Betroffenen leicht auszuübende und
einfach durchzusetzende Rechte an die Hand geben muss,
würde ein zentrales Widerspruchsregister, das beispielsweise bei der zu errichtenden Stiftung Datenschutz (vgl.
Nr. 2.5) als „Trust-Center“ eingerichtet werden könnte,
hier Abhilfe schaffen und sicherstellen, dass ein einziger
Widerspruch die Betroffenen gegen die Veröffentlichung
ihrer personenbezogenen Daten im Internet umfassend
schützt. Jeder Betroffene könnte so durch eine einzige Erklärung Widerspruch gegen die Verwendung seiner personenbezogenen Daten im Internet mit Wirkung gegenüber allen Anbietern vergleichbarer Dienste einlegen. Ein
solches Verfahren wäre auch datenschutzfreundlich, denn
die Anbieter benötigen zur Umsetzung des Widerspruchs
nicht die Identitätsdaten der Betroffenen, sondern lediglich Angaben zu den von Widersprüchen betroffenen Objekten.
Die von der Internetbranche als Teil des im Dezember
2010 vorgelegten Datenschutz-Kodex in Aussicht gestellte zentrale Informations- und Widerspruchsstelle genügt diesen Anforderungen nicht, da der Widerspruch
nach wie vor individuell für jeden Anbieter von Geodatendiensten eingelegt werden muss. Ich halte deshalb weiterhin die Einrichtung eines zentralen Widerspruchsregisters
gegen die systematische, adressgenau erschließbare Veröffentlichung von Geodaten für vorzugswürdig. Falls Erfahrungen mit einem solchen Register positiv ausfallen,
könnte es auf weitere Internetdaten ausgeweitet werden
und etwa auch Widersprüche gegen die Aufnahme in Telefon- und Adressverzeichnisse im Internet erfassen.
4.3

Unbemerkt: Webanalyseprogramme
im Dienste der Website-Anbieter

Anbieter von Telemedien verwenden Analyseprogramme,
um die Gestaltung ihres Angebots zu optimieren. Solche
Programme müssen die Datenschutzanforderungen des
Telemediengesetzes (TMG) erfüllen und dürfen nicht zur
Registrierung des individuellen Nutzerverhaltens dienen.
Wer im Internet Waren oder Informationen anbietet,
möchte gerne wissen, wie sich die Nutzer beim Besuch der
Website verhalten, welche Seiten besonders häufig aufgerufen werden, welchen Weg ein Nutzer durch ein Angebot
wählt und wo er die Website wieder verlässt. Das ist nicht

BfDI 23. Tätigkeitsbericht 2009-2010

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