Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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sensitive Daten. Die Pressefreiheit solle dabei geschützt
werden.
Die Datenschutzbeauftragten in Bund und Ländern waren
an der Ausarbeitung der Vorschläge bisher noch nicht beteiligt. BITKOM hat für Anfang 2011 einen Abstimmungsprozess mit den Aufsichtsbehörden eingeleitet. Ich
werde die Vorschläge gemeinsam mit meinen Kollegen in
den Ländern eingehend prüfen und den Prozess konstruktiv begleiten.
Unabhängig vom weiteren Fortgang der Diskussionen ist
festzustellen, dass insbesondere der Entwurf des Geodaten-Kodex einige positive Ansätze enthält, insgesamt aber
bisher hinter den Forderungen der Datenschutzbeauftragten in Bund und Ländern zurückbleibt:
So sieht der Entwurf des Kodexes zwar ein allgemeines
Widerspruchsrecht gegen eine Veröffentlichung vor, beschränkt dieses aber auf den nachträglichen Widerspruch.
Eine effektive Durchsetzung der Persönlichkeitsrechte
wäre jedoch nur mit einem Vorab-Widerspruch zu erreichen. Daten, die einmal im Netz sind, lassen sich nur
schwer wieder zurückholen. Ebenso greift die bloße Einrichtung eines Portals zur Koordinierung der Widerspruchsverfahren einzelner Anbieter noch zu kurz und
setzt die Forderungen nach einem Widerspruchsregister
nur zu einem kleinen Teil um. Auch die Verbindlichkeit
des Datenschutz-Kodexes müsste erheblich verbessert
werden. Das Bundesdatenschutzgesetz sieht in § 38a die
Einführung verbindlicher Verhaltensregeln vor; dieses
Verfahren sollte auch genutzt werden. Schließlich wird die

Drucksache 17/5200

internationale Dimension der Thematik in den Vorschlägen bisher gar nicht berücksichtigt. Es muss – ggf. durch Änderung des europäischen Rechtsrahmens (vgl. Nr. 13.2) –
sichergestellt werden, dass Anbieter, die auf dem europäischen Markt tätig sind und personenbezogene Daten der in
Europa lebenden Bürgerinnen und Bürger verarbeiten,
auch die Regeln des europäischen Datenschutzrechts beachten müssen. Die Anknüpfung an eine Niederlassung in
Europa oder die Nutzung von in Europa belegenen Mitteln
der Datenverarbeitung ist unzureichend, da viele bedeutende Konzerne im Internetbereich hiervon nicht erfasst
werden.
Die vom BMI angekündigten Änderungen des BDSG
(„rote Linie-Gesetz“) sind indes – zumindest im Hinblick
auf die Frage der Bildung von Persönlichkeitsprofilen –
völlig unzureichend. Schon heute ist es unzulässig, umfassende und systematisch erstellte Persönlichkeitsprofile
ohne gesetzliche Grundlage und ohne Einwilligung des
Betroffenen zu veröffentlichen, da eine solche Veröffentlichung überwiegende schutzwürdige Belange des Betroffenen verletzen und damit gegen § 28 BDSG verstoßen
würde. Eine entsprechende Regelung, die sich auf die
Veröffentlichung von Persönlichkeitsprofilen beschränkt,
würde den Datenschutz im Internet nicht verbessern. Notwendig wäre hingegen ein Verbot der Bildung von Persönlichkeitsprofilen. Ein solches Verbot will das BMI
aber bisher nicht.
Es bleibt abzuwarten, ob die Bundesregierung den angekündigten „rote Linie“-Gesetzentwurf vorlegen wird und
wie Bundestag und Bundesrat damit umgehen werden.
K a s t e n zu Nr. 4.1.3

Moderner Datenschutz im Internet – ein erster Schritt
Gemeinsame Erklärung des Landesbeauftragten für Datenschutz und Nordrhein-Westfalen, des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit und des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit vom 22. September 2010
An dem vom Bundesminister des Innern, Dr. Thomas de Maizière, initiierten Spitzengespräch zum Thema Digitalisierung von Stadt und Land am 20. September 2010 haben der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen, Herr Ulrich Lepper als Vorsitzender des Düsseldorfer Kreises der Aufsichtsbehörden
für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich, der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Herr Prof. Dr. Johannes Caspar, als für einige wichtige Internetunternehmen zuständige Aufsichtsbehörde
sowie der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, teilgenommen. Sie geben hierzu folgende gemeinsame Erklärung ab:
1. Das Spitzengespräch hat die Bedeutung des Datenschutzes beim Umgang mit Geoinformationen, aber auch allgemein bei Internetdiensten eindrucksvoll unterstrichen. Die enorme Vielfalt der Angebote steht dabei in einem
auffälligen Missverhältnis zu den unklaren und unzureichenden rechtlichen Rahmenbedingungen zur Wahrung
der Persönlichkeitsrechte. Wir halten eine Regulierung im Sinne klarer und verbindlicher Anforderungen zum
Schutz der Privatsphäre daher für dringend erforderlich.
2. Regelungen zum Umgang mit Geoinformationen können nur ein erster Schritt zur Modernisierung des Datenschutzes im Internet sein.
3. Der Staat ist verpflichtet, auch im Bereich der Privatwirtschaft für einen angemessenen Schutz des Grundrechts
auf informationelle Selbstbestimmung zu sorgen. Die hierzu notwendigen wesentlichen Maßnahmen sind unmittelbar in einem Gesetz zu regeln. Hierzu gehört auch ein allgemeines Widerspruchsrecht der Betroffenen gegen
die Veröffentlichung ihrer Daten im Internet.

BfDI 23. Tätigkeitsbericht 2009-2010

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