Drucksache 17/5200

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den und das Verhältnis der vorgesehenen Auditierung zur
Kontrolltätigkeit der Aufsichtsbehörden der Länder nicht
hinreichend geklärt sei. Wegen dieser Widerstände drohte
das Gesetzesvorhaben insgesamt zu scheitern.
Erst in der letzten Sitzungswoche der ablaufenden Legislaturperiode des Deutschen Bundestags, also in allerletzter Minute, konnte ein Kompromiss gefunden und das Gesetz doch noch verabschiedet werden (BGBl. I S. 2814)
und in wesentlichen Teilen zum 1. September 2009 in
Kraft treten, allerdings nur nach erheblichen Veränderungen: So wurde die vorgesehene Regelung des Datenschutzaudits gestrichen. In der Beschlussempfehlung des
Innenausschusses des Bundestags heißt es hierzu, vor einer
gesetzlichen Regelung solle zunächst ein dreijähriges Pilotprojekt für eine Branche erfolgen. Dieser Aufforderung
ist die Bundesregierung aber bislang nicht nachgekommen,
wohl weil die von ihr geplante Stiftung Datenschutz möglicherweise auch ein Datenschutzaudit entwickeln soll.
Auch der Adresshandel wurde nicht so geregelt, wie es
die Bundesregierung ursprünglich beabsichtigt hatte. Insbesondere die Einwilligungslösung für die Verwendung
von Daten zu Werbezwecken war gegen den geballten
Widerstand der Wirtschaft offenbar nicht durchsetzbar,
sodass sich hier für die Betroffenen leider nicht allzu viel
zu ihren Gunsten geändert hat. Zur „Kompensation“ sind
aber im Gesetzgebungsverfahren eine Reihe von zusätzlichen Änderungen in anderen Bereichen aufgenommen
worden, die teilweise weitreichende positive Wirkungen
entfalten, z. B. bei der Auftragsdatenverarbeitung oder
die Informationspflicht bei Datenschutzpannen. In § 32
BDSG wurde zudem eine Grundregelung zum Beschäftigtendatenschutz aufgenommen (vgl. Nr. 12.1).
Schließlich wurde das BDSG auch noch durch Artikel 5
des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditlinie,
des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufsund Rückgaberecht vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2355)
geändert, mit dem EU-Richtlinien umgesetzt wurden.
2.3

Die Ergebnisse können sich – trotz
allem – sehen lassen

Der Datenschutz der Bürgerinnen und Bürger hat sich
verbessert, wenn auch nur punktuell.
Insgesamt lassen sich die recht zahlreichen Änderungen
im BDSG positiv bewerten.
– Werbung und Adresshandel, Auftragsdatenverarbeitung, Informationspflicht bei Datenschutzpannen u. a.
(vgl. Kasten a zu Nr. 2.3)
Das Gesetz enthält wichtige Verbesserungen, die Bürgerinnen und Bürger besser gegen Datenmissbrauch
schützen. Leider ist aber der im Herbst 2008 von der
Bundesregierung zugesagte Wechsel hin zu einer Einwilligungslösung vor der Datenweitergabe für Werbezwecke nur inkonsequent eingeleitet worden: Die entsprechende Regelung enthält so viele Ausnahmen,
dass sich hier in der Praxis keine großen Änderungen
ergeben dürften. Die heftigen Auseinandersetzungen
und die beispiellose Lobbykampagne haben gezeigt,

BfDI 23. Tätigkeitsbericht 2009-2010

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
dass beim Datenschutzbewusstsein in der Privatwirtschaft noch großer Nachholbedarf besteht. Die ersten
Erfahrungen bei der Umsetzung der neuen Regel für
Adresshandel und Werbung bestätigen zudem die Befürchtung, dass die gesetzlichen Bestimmungen nur
schwer verständlich sind. Gerade interessierte Bürgerinnen und Bürger können durch einen Blick ins Gesetz nicht mehr erkennen, was Recht ist und was nicht.
Die Unternehmen müssen die neuen Vorschriften nun
mit Leben füllen. Wie ein roter Faden zieht sich durch
alle Änderungen die Feststellung, dass viele Unternehmen den Bürgerinnen und Bürger im Umgang mit ihren
personenbezogenen Daten keine effektiven Gestaltungsmöglichkeiten einräumen. Die Wirtschaft sollte
das Bekenntnis des Gesetzgebers zum Vorrang der
Einwilligung Ernst zu nehmen – trotz der Ausnahmemöglichkeiten. Unternehmen müssen sich intensiver
Gedanken über die Umsetzung der informationellen
Selbstbestimmung in ihrem Verantwortungsbereich
machen und den Betroffenen die Kontrolle über ihre
Daten zurückgeben.

– Auskunfteien und Scoring (vgl. Kasten b zu Nr. 2.3)
Am 1. April 2010 traten verbesserte Datenschutzregeln
für Auskunfteien in Kraft. Das Bundesdatenschutzgesetz regelt nun genauer, welche personenbezogenen
Daten über eine Forderung an eine Auskunftei übermittelt werden dürfen. Zudem werden erstmals die Bedingungen für die Anwendung und Durchführung eines
Scoringverfahrens gesetzlich definiert. Die Auskunftsansprüche der Betroffenen wurden gestärkt: insbesondere besteht zukünftig ein Anspruch auf kostenlose
Auskunft, welche Scorewerte an Dritte übermittelt
worden sind und wie der individuelle Scorewert zustande gekommen ist.
Die ersten Erfahrungen mit den neuen Regelungen
zeigen noch großen Nachholbedarf. Zwar ist der Anspruch auf jährliche kostenlose Auskunft auf großes
Interesse der Betroffenen gestoßen. Der in der Theorie
umfassende Auskunftsanspruch muss in der praktischen Anwendung aber noch beweisen, dass er tatsächlich zur Transparenz beiträgt, und nicht unnötige
Formalismen und überlange Bearbeitungszeiträume
diesen so wichtigen Anspruch ausbremsen.
– Verbraucherkreditrichtlinie
Durch die am 11. Juni 2010 in Kraft getretene Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie sichert § 29 Absatz 6 BDSG nunmehr die Gleichbehandlung von
Darlehensgebern beim Zugang zu inländischen Auskunfteisystemen. Darlehensgeber aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder anderer
Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind bei Auskunftsverlangen
genauso zu behandeln wie inländische Darlehensgeber
und dürfen unter denselben Bedingungen Auskünfte
von Auskunfteien erhalten. Ich werde mit besonderer
Sorgfalt beobachten, wie sich dies auf den Markt der
Auskunfteisysteme auswirkt. Es gibt Auskunfteien,
die auf einem Gegenseitigkeitsprinzip beruhen: Aus-

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