Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
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kung, sondern nur eine ernsthafte, konkrete Gefährdung der geschützten Belange. Die befürchteten
negativen Auswirkungen müssen anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls nachvollziehbar belegt
werden.
§ 3 Nummer 3 Buchstabe b IFG enthält außerdem
mit der Wendung „solange“ eine zeitliche Begrenzung, d. h. der Informationszugang ist grundsätzlich
nur aufgeschoben. Bereits in meinem 3. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit (Nr. 3.2.3) hatte
ich dargestellt, dass nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O.) der Abschluss des laufenden Verfahrens keine unüberwindbare zeitliche
Grenze für die Anwendbarkeit von § 3 Nummer 3
Buchstabe b IFG darstellt, also auch eine Beeinträchtigung erst künftiger Beratungen im Einzelfall den
Tatbestand durchaus erfüllen kann. Hierzu bedarf es
allerdings stets der Darlegung einer konkreten Gefahr, dass die künftige Arbeitsfähigkeit oder Aufgabenerfüllung des betreffenden Gremiums durch Offenlegung des Beratungsinhalts in unzumutbarerer
Weise beeinträchtigt würde.
In diesem Zusammenhang begrüße ich die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin (Urteil vom
9. Juni 2011 - 2 K 46.11 -), in der es die Befürchtung
des BMJ, zukünftig würden Behördenmitarbeiter bei
Gesetzesvorhaben ihre Rechtsauffassungen nicht
mehr äußern, wenn sie mit deren späterer Publikation
rechnen müssten, als fernliegend zurückgewiesen
hat, weil ein solches Verhalten ��einer Arbeitsverweigerung gleichkäme“.
Ich werde weiterhin kritisch beobachten, wie der
Ausnahmetatbestand des § 3 Nummer 3 Buchstabe b
IFG in der Praxis eingesetzt wird.
3.2
Allgemeine Fragestellungen
3.2.1
Wer entscheidet über den Informationszugang bei Auftragsdatenverarbeitung?
Ein staatlicher IT-Dienstleister muss in der Regel
keine Auskunft erteilen, wenn er Daten für eine andere Bundesbehörde im Auftrag verarbeitet.
Die Frage, welche Stelle bei einer Auftragsdatenverarbeitung zur Gewährung des Informationszuganges
verpflichtet ist, hat mich im Berichtszeitraum mehrfach beschäftigt:
-
Eine Petentin hatte beim Zentrum für Informationsverarbeitung und Informationstechnik (ZIVIT) Zugang zu Informationen beantragt, die
dieses im Auftrag der Bundesfinanzverwaltung
verarbeitet.
-
Beim Informationsservice Projektförderung im
Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt
Drucksache 18/1200
e. V. wurde Zugang zu Informationen beantragt,
über die dieses als Auftragsdatenverarbeiter für
Bundesbehörden und deren Projektträger verfügt.
-
Das Bundesverwaltungsamt als behördlicher
Dienstleister, der bereits vielfältige Aufgaben für
eine große Zahl von Ressorts und Behörden im
Rahmen einer Auftragsdatenverarbeitung wahrnimmt, hat mich um eine grundlegende Klärung
der Frage gebeten.
In allen Fällen ging es um Dienstleister, die die jeweils definierte, unselbständige Datenverarbeitung
für die weiterhin für die jeweilige Gesamtaufgabe
zuständige und verantwortliche Bundesbehörde
übernommen haben. Inhaltlich ging es jeweils um
Informationen, die Gegenstand einer Auftragsdatenverarbeitung waren.
Nach § 7 Absatz 1 Satz 1 IFG entscheidet die Behörde über den Antrag auf Informationszugang, die zur
Verfügung über die begehrten Informationen berechtigt ist. Zuständig ist danach jede Behörde, bei der
die Informationen gemäß § 3 Nummer 5 IFG „Bestandteil der eigenen Vorgänge“ geworden sind.
Welche Vorgänge das sind, lässt sich aus den Aktenplänen erkennen, die nach § 11 IFG allgemein zugänglich zu machen sind. Werden die Informationen
nicht Bestandteil der eigenen Akten, besteht bereits
dem Grunde nach kein Anspruch auf Informationszugang.
Grundsätzlich kann eine Behörde sowohl über ihre
eigene als auch über von ihr selbst erhobene Informationen verfügen. Bei Unterlagen, die die Behörde
von Dritten oder von anderen Behörden und Einrichtungen erhalten hat, ist maßgebend, ob die Behörde
über diese Information kraft Gesetzes oder
- gegebenenfalls stillschweigender - Vereinbarung
ein eigenes Verfügungsrecht erhält (Gesetzesbegründung zu § 7 Absatz 1 Satz 1 IFG; Bundestagsdrucksache 15/4493, S. 14).
Es ist somit im IFG - anders als in den landesrechtlichen Parallelregelungen, die im Ergebnis auf die
Zuständigkeit für die Aktenführung einer Behörde
oder wie das Umweltinformationsgesetz (UIG), auf
das tatsächliche Vorhandensein einer Information
abstellen - zwischen dem „faktischen Informationsbesitz“ und der Verfügungsberechtigung zu unterscheiden.
Auftragsdatenverarbeitung nach § 11 BDSG ist die
Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von personenbezogenen Daten durch einen Dienstleister im
Auftrag der (hier zunächst im Sinne des Datenschutzrechtes) verantwortlichen Stelle. Bei der Datenverarbeitung im Auftrag wird nicht die
(Haupt-)Aufgabe selbst ausgelagert, zu deren Zweck
4. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit