Gleichzeitig wird der Zollfahndung die Befugnis zur
Identifizierung und Lokalisierung von Mobilfunkkarten
und Telekommunikationsendgeräten, bspw. durch
IMSI-Catcher oder WLAN-Catcher, im Rahmen der
Gefahrenabwehr eingeräumt. Neu ist auch eine spezielle
Rechtsgrundlage für die sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung. Diese ermöglicht es dem
Zollkriminalamt künftig auch Kommunikation zu erfassen, bevor diese verschlüsselt wird oder nachdem diese
entschlüsselt wurde.
Durch das neue ZFdG werden mir umfangreiche neue
Pflichtkontrollen auferlegt, die mindestens alle zwei Jahre
durchgeführt werden müssen. Dies gilt sowohl für die
besonders eingriffsintensiven heimlichen Ermittlungsmaßnahmen als auch für Datenübermittlungen und
allgemein für Zugriffe auf personenbezogene Daten
im Zollfahndungsinformationssystem. Gerade bei den
Eingriffsmaßnahmen, die ohne Wissen der betroffenen
Person erfolgen, haben entsprechende Kontrollen eine
wichtige Kompensationsfunktion. Für die Wahrnehmung dieser neuen Aufgaben entsteht für mich ein
erheblicher personeller Mehraufwand. Der Gesetzgeber
ist meiner Forderung nach einer personellen Stärkung
meiner Behörde mit dem Bundeshaushalt 2020 nachgekommen.
5.3.2 Strafprozessordnung
In der jüngeren Vergangenheit hat die Bundesregierung
in kurzen Abständen immer wieder Gesetzentwürfe
vorgelegt, die auch die Strafprozessordnung (StPO)
betrafen. Dabei tangierten die Entwürfe immer auch
datenschutzrechtliche Fragestellungen. Es stellt sich
daher die Frage, welchem durchgängigen Konzept diese
Gesetzgebungstätigkeit folgt. Teilweise werden sogar
Vorschriften geändert, die erst vor kurzem überarbeitet
worden waren.
Beispielhaft möchte ich den Entwurf für ein „Gesetz zur
Modernisierung des Strafverfahrens“ nennen. Was nach
einem großen Wurf klingt, ist in Wirklichkeit nur eine
Sammlung von Einzeländerungen, die die Strafverfolgung
beschleunigen sollen, aber unter anderem den Datenschutz schwächen. Abzulehnen sind insbesondere die
Vorschläge, mit denen der Gesetzgeber die DNA-Analyse
erweitern will. Danach soll den Ermittlungsbehörden
erlaubt werden, aus den DNA-Proben zusätzlich Feststellungen über Augen-, Haar- und Hautfarbe sowie
das biologische Alter der Person zu analysieren. Damit
sind erstmals Analysen im sogenannten codierenden
Bereich der DNA zulässig. Den codierenden Teil auszuwerten, stellt aber einen Eingriff in den Kernbereich
der Persönlichkeit dar. Da dieser durch die Menschenwürdegarantie geschützt und damit unantastbar ist,
hat das Bundesverfassungsgericht nur Zugriffe auf den
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Tätigkeitsbericht zum Datenschutz für 2019

nicht-codierenden Teil erlaubt. Zudem ist zweifelhaft, ob
die neuen Analysemöglichkeiten den Ermittlern wirklich
helfen, Straftaten aufzuklären. Der Wert des Ermittlungsinstruments darf nämlich nicht überbewertet werden.
Nach dem derzeitigen Stand der Technik kann die Analyse
die im Entwurf angegebenen Eigenschaften niemals sicher
individualspezifisch bestimmen. Vielmehr sind nur
Wahrscheinlichkeitsaussagen möglich. Und die sind bei
weitem nicht so hoch, wie der Gesetzesentwurf suggeriert. So besteht Einigkeit, dass zum Beispiel Mischfarben unzuverlässig vorausgesagt werden (z. B. mittelbraune Haare, leicht dunklerer Teint, grüne Augen).
Solche Vorhersagen bieten im Ermittlungsverfahren
daher nicht den versprochenen Nutzen. Sie bergen vielmehr das Risiko, sich zu früh auf eine möglicherweise
falsche Ermittlungsrichtung festzulegen. Welche Auswirkungen die Analyse des codierenden Bereiches haben
wird, ist nicht absehbar. Mit dem Zugriff darauf wird
ggf. die „Büchse der Pandora“ geöffnet. Zu befürchten
ist, dass die Erwartungen wachsen werden, mit Fortentwicklung des wissenschaftlichen Standards in Zukunft
auf weitere Erkenntnisse, wie z. B. Erbkrankheiten,
Charaktereigenschaften oder – vermeintlich – genetisch
veranlagte kriminelle Neigungen zugreifen zu können.
5.3.3 Darknet
Der Bundesrat hat einen Entwurf zur Verfolgung von
Straftaten im „Darknet“ vorgelegt, der offenbar rechtspolitisches Gehör gefunden hat, aber noch nicht verabschiedet worden ist. Er richtet sich nicht nur gegen
illegale Handelsplätze, sondern erfasst mit seinem
unklaren Wortlaut auch legales Verhalten.
Anonymisierung und Verschlüsselung gehören zum
Kern datenschutzfreundlicher Technikgestaltung. Schon
deshalb sind an dieser Stelle zu weit formulierte Straftatbestände abzulehnen, die diese Datenschutzgrundsätze
konterkarieren.
Die von dem Gesetzentwurf als strafrechtlich relevant
beschriebenen Internetangebote müssen nicht nur
darauf gerichtet sein, Straftaten „zu begehen“, sondern
lediglich darauf, „die Begehung zu fördern oder zu
ermöglichen“. Es genügt, wenn der Anbieter ein Umfeld
schafft, in dem solche Straftaten naheliegen, der Zweck
des Angebots selbst muss nicht die Begehung einer
Straftat sein. Diese Unterscheidung könnte sich als entscheidende Weichenstellung erweisen. Damit könnten
bei extensiver Auslegung alle Angebote erfasst werden,
die Internetverkehre anonymisieren oder die einen
passwortgeschützten und verschlüsselten Austausch
ermöglichen (z. B. soziale Netzwerke). Denn niemals ist
es ausgeschlossen, dass solche Angebote für kriminelle
Aktivitäten genutzt werden.

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