über ein Mehr an Kontrolle entscheiden, nicht aber die
institutionelle Stärkung und immanente Verbesserung
der Arbeitsbedingungen des zur Geheimhaltung verpflichteten parlamentarischen Kontrollgremiums.
a) Grundsätzlich: Geheime Politikbereiche ein
grenzen – öffentliche parlamentarische Kontrol
le ausweiten
Eine Verbesserung parlamentarisch-demokratischer
Kontrollinstrumente der Nachrichtendienste muss vor
allem an zwei Punkten ansetzen: Benötigt wird eine weitestgehende Offenlegung bisher als Verschlusssachen
ablaufender Prozesse, Aktivitäten und Entscheidungen.
Ebenfalls notwendig ist die Übertragung der bislang
exklusiven Kontrollrechte des Parlamentarischen Kontrollgremiums in Bezug auf die Geheim-/Nachrichtendienste auf die parlamentarischen Ausschüsse (Innenausschuss, Verteidigungsausschuss).
Auch der Kontrolle der Geheimdienste haftet ein strukturelles Problem an. Innerhalb der Geheimdienste des
Bundes hat sich eine Eigendynamik bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben entwickelt, die eine allumfassende Kontrolle durch das Parlament de facto unmöglich
macht. Befördert wird dieser Zustand dadurch, dass
sich die Dienste auf weitreichende Geheimhaltungsbefugnisse teils auch unter Hinweis auf entsprechende
Vereinbarungen mit Geheimdiensten anderer Staaten
berufen dürfen. Dies führt zur grundsätzlichen Frage
der Legitimität von Geheimdiensten in einer Demokratie. Als Übergangslösung auf dem Weg zur Abschaffung
der Geheimdienste ist die gegenwärtige Ausgestaltung
der parlamentarischen Kontrolle der geheimdienstlichen Tätigkeiten des Bundes dringend reformbedürftig.
In diesem Zusammenhang muss das Gesetz über die
parlamentarische Kontrolle geheimdienstlicher Tätigkeit
des Bundes (Kontrollgremiumsgesetz – PKGrG) in verschiedener Hinsicht geändert werden. Erweitert werden
müssen u.a. die Kontroll- und Informationsrechte der
Mitglieder des Deutschen Bundestages sowie des Ausschusses für Verteidigung und des Innenausschusses,
denen in der Regel Auskünfte von der Bundesregierung
mit Verweis auf das Parlamentarische Kontrollgremium
verweigert werden. Ein klar definierter rechtlicher Rahmen ist notwendig sowie die Möglichkeit, ausreichend
Expertise aufzubauen und Transparenz herzustellen.
Um das zu erreichen, müssen folgende Punkte umgesetzt werden:
• Auf Verlangen eines Mitgliedes ist Zutritt zu sämtlichen Dienststellen der Dienste sowie Herausgabe
von Akten und auch ein direkter Zugang zu den
Netzwerken der Informationstechnik zu gewähren.
Es gibt keine Möglichkeit der Einsichtnahme der
Kontrollgremiumsmitglieder in elektronische Daten
und Netzwerke der Dienste (nach niederländischem
Vorbild).
• Der von der Großen Koalition nach dem November
2011 installierte »Ständige Bevollmächtigte« für das
PKGr führt im Ergebnis dazu, dass den Mitgliedern
künftig noch weniger konkrete Informationen,
sondern im Interesse der Bundesregierung und der
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Dienste dem PKGr mehr oder weniger gefilterte
Berichte vorgelegt werden. Die Fraktion DIE LINKE hat
das Konstrukt von Anfang an entschieden abgelehnt
und immer befürchtet, dass der sogenannte »Ständige
Bevollmächtigte« künftig als eine Art Filter zwischen
Bundesregierung und Parlament fungiert. Er entscheidet, welche Informationen die gewählten Abgeordneten erhalten und welche nicht. Im Untersuchungsbericht zum Fall Amri hat sich das ganz deutlich gezeigt.
Daher ergibt sich die Frage, wer in Zukunft die Geheimdienste wirklich kontrollieren soll? Die gewählten
Abgeordneten oder ein von der Regierungskoalition
eingesetzter Beamter als sogenannter »Ständiger
Bevollmächtigter«? Als die Änderung des PKGr-Gesetzes gegen die Stimmen der Opposition beschlossen
wurde, hieß es noch, der »Ständige Bevollmächtigte«
würde mit seinen Mitarbeitern als Hilfsorgan dem
Kontrollgremium zuarbeiten, das selbstverständlich
weiterhin die Hoheit über die Kontrolle und sämtliche
Bewertungen einzelner Vorgänge innehabe. Diese
Aussagen wurden schon beim ersten Fall ad absurdum geführt. Es gibt keine vollständige Zuarbeit für
die gewählten Abgeordneten, sondern einen eigenen
Bericht des »Ständigen Bevollmächtigten«, der nicht
nur eine Sachverhaltsdarstellung, sondern zu Hauf
auch eigene und die tatsächlichen Abläufe teilweise
völlig beschönigende Bewertungen hochbrisanter politischer Vorgänge enthält, die auch einem leitenden
Beamten, der zuvor im Bundesinnenministerium tätig
war, dem auch der Verfassungsschutz untersteht,
schlichtweg nicht zustehen. Jetzt bewahrheitet sich
leider all das, was die Fraktion DIE LINKE bei Beschlussfassung des neuen PKGr-Gesetzes befürchtet
haben: Ein von der Koalition ausgewählter ehemaliger
Ministerialbeamter bewertet in der Endkonsequenz
die Arbeit seines früheren Chefs. Dass das auch nicht
halbwegs objektiv erfolgen kann, liegt auf der Hand
und hat sich nun auch bestätigt. Die Bewertung von
Sachverhalten im Zusammenhang mit der Arbeit der
Geheimdienste obliegt in erster Linie dem Parlament,
also dem Plenum, dem Innen- und Rechtsausschuss,
dem Kontrollgremium und – falls erforderlich – auch
einem Untersuchungsausschuss, also in jedem Fall
den gewählten Abgeordneten. Der »Ständige Bevollmächtigte« und seine Mitarbeiter*innen sind Dienstleister für das Kontrollgremium, nicht weniger, aber
eben auch nicht mehr. Darauf ist der Aufgabenbereich
des Ständigen Bevollmächtigten zu begrenzen.
• Die Kontrollrechte sind bisher völlig unzureichend.
Auch die internationalen Tätigkeiten oder Kooperationen der Geheimdienste muss das Parlament kontrollieren können.
• Ende 2016 wurde zudem die Geschäftsordnung des
Kontrollgremiums zu Ungunsten der Opposition geändert. Bisher gab es seit Bestehen des PKGr einen
jährlichen Wechsel des Vorsitzes zwischen Opposition und Koalition, dieser wurde nunmehr abgeschafft
und die die Regierung tragenden Fraktionen können
mit ihrer Mehrheit immer den Vorsitzenden stellen.
Hier muss die alte Regelung wieder in Kraft gesetzt
werden.