hatten.141 Unbeantwortet ist in diesem Zusammenhang,
warum Stephan L. als Berliner Kontakt- und Anlaufstelle von Jan Werner von den Ermittlungsbehörden dazu
nicht befragt wurde
mutmaßlichen Unterstützer des NSU-Netzwerks können allenfalls als oberflächlich bezeichnet werden.
Entsprechend selbstbewusst agiert Thorsten Heise
auch weiterhin. Im Jahr 2016 präsentierte er sich bei
einem Neonazi-Aufmarsch in Dortmund ganz offensiv
Seite an Seite mit Wilf Browning, einem für schwere
Gewalttaten verurteilten britischen C-18 Anführer.
Zu denjenigen, die für die Kontinuität zwischen dem
Netzwerk des NSU und aktuellen neonazistischen
Konzepten von Gewalt und Terror gegen Geflüchtete
stehen, gehört auch Matthias F.: Der Funktionär der
Neonazikleinstpartei III. Weg, die u.a. einen extrem
rassistischen und als Blaupause für Anschlagsziele
dienende online-«Ratgeber« zu Mobilisierungen gegen Geflüchtete mitsamt Deutschlandkarte mit Ortsangaben von Flüchtlingsunterkünften veröffentlichte,
war schon 1998 im Mundlos-Adressbuch vermerkt,
als er noch in Nürnberg lebte und bei der mittlerweile verbotenen Fränkischen Aktionsfront (FAF) aktiv
war. Die Fraktion DIE LINKE kritisiert, dass auch in
diesem Fall – obwohl in Nürnberg drei migrantische
Kleinunternehmer Opfer der rassistischen Mordserie
des NSU wurden und das von der FAF herausgegebene Heft »Landser« ebenfalls Empfänger eines der
so genannten Spendenbriefe des NSU war – nur sehr
oberflächliche Ermittlungen geführt wurden
Schlussfolgerungen
a) Im Gegensatz zu den anderen Fraktionen will die
Fraktion DIE LINKE nach der sorgfältigen Auswertung der dem Ausschuss vorliegenden TKÜ-Daten
und Akten von Jan Werner nicht ausschließen, dass
der Aktenbestand der TKÜ-Daten des LKA Thüringen manipuliert wurde. Denn Rückschlüsse auf eine
eventuelle Reaktion von Carsten Szczepanski auf die
Anfrage nach dem »Bums« durch Jan Werner sind
durch die auffällige Lücke in den Akten nicht mehr
möglich.
b) Die Vernichtung des Beweismaterials bei der Bundesanwaltschaft, das dem Vernichtungsmoratorium
unterlag, und die offensichtlich nicht auf mögliche
NSU-Bezüge ausgewerteten vorhandenen Asservate
zeigen nach Ansicht der Fraktion DIE LINKE, dass die
Ermittlungen gegen Jan Werner nicht sorgfältig genug
betrieben werden. Die Fraktion DIE LINKE befürchtet,
dass diese Art der Ermittlungsführung symptomatisch für den Verlauf der Ermittlungen gegen die
weiteren namentlich bekannten Männer und Frauen ist, gegen die der Generalbundesanwalt wegen
Unterstützung einer terroristischen Vereinigung nach
§129a StGB ermittelt. Es wäre ein fatales Signal des
Rechtsstaats, wenn nicht mit allem Nachdruck auch
gegen die namentlich bekannten Aktivist*innen des
NSU-Netzwerks ermittelt würde und deren Unterstützungshandlungen keine strafrechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen würden.
c) D
ie Fraktion DIE LINKE kritisiert in diesem Zusammenhang auch, dass die Verengung der Ermittlungsführung der Bundesanwaltschaft dazu führt,
dass gegen weitere mutmaßliche Unterstützer – wie
beispielsweise den langjährigen Hammerskin Thomas G. aus Altenburg – und Thorsten Heise allenfalls
halbherzige Ermittlungsschritte unternommen wurden. Heise wurde von mehreren Zeugen im NSUKomplex – u.a. von Carsten Szczepanski und dem
Zeugen Michael S. – als die deutsche Kontaktperson
für das internationale Terrornetzwerk von Combat 18
bezeichnet. Das Gutachten der Schäfer-Kommission
nennt eine Reihe von Deckblattmeldungen, die
Unterstützung für die gesuchten Mundlos, Böhnhardt
und Zschäpe durch Heise zum Thema hatten.142 Im
ersten NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages waren zudem Tonbänder ausgewertet worden,
die u.a. die Aufzeichnung eines Gespräches zwischen
Tino Brandt und Thorsten Heise beinhalteten. In
dem Gespräch brüstete sich Heise mit der Unterstützung für die gesuchten Neonazis aus Jena.143
Die bisherigen Ermittlungen zu Thorsten Heise als
Vgl. Nebenklage NSU Prozess vom 26.10.2016,
http://bit.ly/2g5tcYH
142
BT-Drs. 17/14600, S. 390f.
143
BT-Drs. 17/14600, S. 535f.
141
48
1.7. Die Auswirkungen des so genannten
Quellenschutzes auf Ermittlungen der General
bundesanwaltschaft
Die Fraktion DIE LINKE ist besorgt darüber, dass bei
den Ermittlungen im Zusammenhang mit neonazistischen V-Leuten im NSU-Komplex im Sinne des § 14
der so genannten »Zusammenarbeitsrichtlinie«144 das
»Sicherheitsinteresse« der Verfassungsschutzbehörden
offenbar immer wieder Vorrang hatte und naheliegende
Ermittlungsschritte unterblieben oder nur sehr verspätet stattfanden.
Die Auswirkungen der Zusammenarbeitsrichtlinie von
1973 ziehen sich nach Ansicht der Fraktion DIE LINKE
durch den gesamten NSU-Komplex und sind in den
vorherigen Abschnitten des Sondervotums – beispielsweise anhand der Ermittlungen zu M. als mutmaßlichen
Unterstützer des NSU-Netzwerks ausführlich beschrieben worden.
Darüber hinaus ist es der Fraktion DIE LINKE wichtig,
anhand der nachfolgenden Beispiele von zwei langjährigen neonazistischen V-Personen - L.M. und Kai D. – die
Auswirkungen der Zusammenarbeitsrichtlinie näher zu
beleuchten.
vgl. Wortlaut des §14 der so genannten Zusammenarbeitsrichtlinie in
der noch immer gültigen Fassung vom 30. Juli 1973, in »Geheim, wenn
es der Regierung passt«, Zeit Online vom 16. September 2016,
http://bit.ly/2y7dvo6: »Die Strafverfolgungsbehörden beachten unter
Berücksichtigung der Belange des Verfahrens das Sicherheitsinteresse
der Verfassungsschutzbehörden, des Bundesnachrichtendienstes und
des Militärischen Abschirmdienstes. Dies gilt insbesondere dann, wenn
sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass ein Beschuldigter, Zeuge oder
sonst am Verfahren Beteiligter geheimer Mitarbeiter der genannten
Behörden ist oder war.«
144