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Beschwerden bearbeiten, werden die Daten schließlich an
ein Abrechnungsunternehmen weitergegeben.
Verbindungsdaten werden von den Telekommunikationsunternehmen aber auch erfasst, damit diese untereinander die
Kosten für die Weiterleitung der Gespräche, die so genannten Interconnectiongebühren, abrechnen und prüfen können.
Weiterhin dürfen Verbindungsdaten zur Verhinderung einer
unberechtigten Nutzung von Telekommunikationsdiensten
oder auch – sofern der Kunde zugestimmt hat – zur bedarfsgerechten Gestaltung von Telekommunikationsdiensten verarbeitet und genutzt werden. Soviel zur Theorie, bei der es
schon mühsam ist, die Übersicht über die verschiedenen
Stellen zu behalten, die die Daten eines Telefonats speichern.
Die Praxis der Verarbeitung von Verbindungsdaten bereitet
zusätzliche Probleme für den Datenschutz. Dies gilt beispielsweise für die Sicherungskopien (Backup), die von den
Telekommunikationsunternehmen gefertigt werden. Diese
enthalten z. T. Verbindungsdaten, die nicht abrechnungsrelevant sind und daher nicht über die gesetzliche Frist hinaus
gespeichert werden dürfen. Da diese Daten für die Telekommunikationsunternehmen aber Geld wert sind, stoße ich mit
meiner Forderung auf Datenlöschung auf wenig Verständnis.
Problematisch sind auch die mehrjährigen handels- und
steuerrechtlichen Aufbewahrungspflichten für Rechnungen. Diese rechtfertigen nach Auffassung eines Call-by-Call
Anbieters auch die entsprechend lange Speicherung der
vollständigen Einzelverbindungsdaten. Folgerichtig waren
in diesem Fall alle Verbindungsdaten seit Gründung des
noch recht jungen Unternehmens verfügbar. Die vollständige Zielrufnummer und genaue Uhrzeit ist meines Erachtens jedoch für handels- und steuerrechtliche Zwecke nicht
erforderlich.
In einem anderen Unternehmen wird die Zielrufnummer der
Verbindungen vollständig in eine Datenbank übernommen,
auch wenn dies nicht dem Kundenwunsch entspricht. Dort
bleibt der Datensatz noch etwa drei Monate zur Bearbeitung
möglicher Kundenbeschwerden erhalten. Der Netzbetreiber
argumentiert, dass er diese Daten gesperrt habe, da nach
Rechnungserstellung kein Zugriff auf die vollständigen Rufnummern erfolge und sie damit von ihm nicht genutzt
würden. Lediglich die entsprechend dem Kundenwunsch
zusätzlich gespeicherte Zielrufnummer werde noch verwendet. Diese Auffassung verkennt, dass das Löschungsgebot
nicht durch das Sperren von Daten erfüllt werden kann.
Nach meinen Erfahrungen wird noch viel Arbeit erforderlich sein, um die Unternehmen von einem sparsamen Umgang mit Verbindungsdaten zu überzeugen, auch wenn das
Speichern in manchen Fällen einfacher ist.
11.14
Nutzung von Bestandsdaten zu Werbezwecken in der Telekommunikation
Die einen finden es nur lästig, andere begrüßen die zusätzlichen Informationen. Heute ist es üblich, dass fast bei jeder
von den Telekommunikationsunternehmen übersandten
Rechnung Werbematerial beigefügt ist. Oftmals ist es
schwierig zu unterscheiden, ob solche Materialien nützliche
Informationen für die eigene Vertragsgestaltung oder nur
allgemeine Werbung enthalten. Gerade dieser Unterschied
BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002
ist aber für die datenschutzrechtliche Bewertung dieses
Sachverhalts wichtig, wobei ich wegen der Schwierigkeit
der Abgrenzung in manchen Fällen einen eher großzügigen
Maßstab bei der Prüfung anlege.
Nach § 89 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a Telekommunikationsgesetz (TKG) bzw. § 5 Abs. 1 Telekommunikations-Datenschutzverordnung (TDSV) ist die Verarbeitung und Nutzung von Bestandsdaten von Kunden für die inhaltliche
Ausgestaltung oder Änderung des Vertragsverhältnisses
auch ohne Einwilligung des Betroffenen möglich. Dies gilt
jedoch nicht für die Nutzung solcher Daten für Zwecke der
Werbung, Kundenberatung oder Marktforschung gemäß
§ 89 Abs. 7 TKG bzw. § 5 Abs. 2 TDSV. In diesen Fällen ist
die ausdrückliche Einwilligung des Betroffenen erforderlich. Dies geschieht in der Regel bei Abschluss von Telekommunikationsverträgen, in dem man auf dem Antragsformular die entsprechende Textpassage (ich stimme zu, dass
...) ankreuzt.
Vor diesem Hintergrund kann man etwa Hinweise auf neue
oder günstigere Tarife, auf neue Handys oder Telefonendgeräte noch zur inhaltlichen Ausgestaltung von Telekommunikationsverträgen rechnen. Als reine Werbung, die der ausdrücklichen Zustimmung bedarf, sind dagegen allgemeine
Kundeninformationen über das Unternehmen ohne Bezug
zum bestehenden Vertragsverhältnis anzusehen. Unzulässig
in diesem Zusammenhang ist auf jeden Fall eine Werbung
für Drittfirmen, wenn die Einwilligung nicht erteilt wurde.
11.15
Erfahrungsbericht: Telekommunikationsanlagen bei Bundesministerien II
In meinem letzten Tätigkeitsbericht (Nr. 10.16) habe ich
von einer Umfrage bei den Bundesministerien berichtet, in
der ich nach der Verarbeitung der Verbindungsdaten in den
Telekommunikationsanlagen gefragt hatte. Bei vier Ministerien habe ich im Berichtszeitraum einen Beratungs- und
Kontrollbesuch durchgeführt und konnte mich von der praktischen Umsetzung der Anforderungen überzeugen. Dabei
war nicht alles problemlos.
In einem Fall waren z. B. noch Verbindungsdaten aus etwa
zweieinhalb Jahren unzulässigerweise gespeichert, darunter
sogar die vollständigen Gesprächsdaten des Ministers und
der Personalräte. Entsprechend der Dienstvereinbarung hätten von diesem Personenkreis die Rufnummern der dienstlichen Gespräche gar nicht erst erhoben werden dürfen. Bei
den privaten Gesprächen aller Mitarbeiter hätten zudem die
letzten zwei Stellen der Zielrufnummer gelöscht werden
müssen. Schließlich wurde entgegen den Regelungen der
Dienstanschlussvorschriften (DAV) bzw. der eigenen
Dienstvereinbarung auch die Uhrzeit der Verbindung erfasst.
Wenn dabei keine sensiblen Daten einsehbar sind, habe ich
nichts gegen eine bei Bedarf freigeschaltete Fernwartung einer Telekommunikationsanlage einzuwenden. Erhebliche
Bedenken hatte ich insoweit allerdings bei einem Datenbankserver, auf dem die Verbindungsdaten gespeichert wurden. Hierbei war es einer privaten Firma über einen Fernwartungszugang möglich, auf die Daten zuzugreifen, ohne
dass eine wirkungsvolle Kontrolle stattfand.
Auch wenn dies außergewöhnliche Beispiele sind, konnte
generell festgestellt werden, dass zwischen der Theorie in