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Das Oberverwaltungsgericht Münster hat zwischenzeitlich
über die Berufung entschieden und die Ansicht des Verwaltungsgerichts Köln nicht bestätigt. Eine schnelle Neuregelung des automatisierten Auskunftsverfahren ist deshalb zunächst zurückgestellt worden. Die Regelung wird im
Rahmen der Novellierung des TKG überarbeitet werden.
Das Verfahren befindet sich zurzeit in der Revisionsinstanz
beim Bundesverwaltungsgericht.
11.3.4.2 Keine unzulässigen Abfragen
Gemäß § 90 Abs. 4 TKG protokolliert die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post für Zwecke der Datenschutzkontrolle jede Datenabfrage. Dabei werden alle
Daten des Abrufs und der Antworten der Telekommunikationsnetzbetreiber festgehalten. Wie ich in meinem letzten
Tätigkeitsbericht dargestellt habe, war mir eine effektive
Datenschutzkontrolle aufgrund der technischen Gegebenheiten zunächst nicht möglich (vgl. 18. TB Nr. 10.3.3).
Mittlerweile konnten diese Schwierigkeiten nach einer Änderung in der Datenbank überwunden werden. So werden
ein so genannter Hashwert, der aus der abgefragten Telefonnummer gebildet wird, und der Straßenname unverschlüsselt gespeichert. Wenn nun geprüft wird, ob in einem
bestimmten Zeitraum eine Anfrage zu einer Person stattgefunden hat, können die infrage kommenden Protokolleinträge innerhalb weniger Minuten entschlüsselt werden.
In einem zweiten Schritt kann geprüft werden, ob tatsächlich eine Abfrage zu dieser Person vorgenommen worden
ist.
Meinen Kontrollen lagen zum Teil Eingaben zugrunde, in
denen sich Bürger mit einem Verdacht an mich gewandt hatten, anhand ihrer Telefonnummer sei ihre Adresse ermittelt
worden. Darüber hinaus gab es Fälle, bei denen Polizeidienststellen aufgrund interner Ermittlungen einen möglichen Missbrauch des Verfahrens befürchteten. Es konnte
festgestellt werden, dass in keinem der geprüften Fälle eine
Anfrage nach § 90 TKG gestellt wurde. Dabei konnte ich
mich auch davon überzeugen, dass eine effektive Kontrolle
des Verfahrens nun möglich ist.
Zum Mengengerüst der Abfragen nach § 90 TKG habe ich
festgestellt, dass im Jahr 2000 wöchentlich 15 000 bis
20 000 Abfragen erfolgten. Diese Zahlen erhöhten sich im
vergangenen Jahr auf ca. 25 000 bis 30 000 Anfragen pro
Woche. Seit Ende des Jahres 2001 kann ein weiterer Anstieg
der Abfragezahlen auf etwa 40 000 Fälle pro Woche beobachtet werden. Ich werde diese Entwicklung verfolgen und
zusammen mit der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post kritisch begleiten.
11.4
Missbrauch von 0190-Nummern
Würde man eine Rangliste von Bürgereingaben zu bestimmten Themen erstellen, wären die Beschwerden über den
Missbrauch von so genannten Mehrwertdiensterufnummern sowie die damit verbundenen Belästigungen und Betrügereien mit an vorderster Stelle zu finden. Die Bandbreite
der Missbrauchsfälle ist groß. Zu erwähnen ist zum einen
die zunehmende Nutzung von Telekommunikationsanschlüssen für Werbezwecke mittels unverlangter Zusendung
von Telefax-, SMS-Nachrichten oder E-Mails (s. hierzu
auch Nr. 10.9), oft verbunden mit der Aufforderung, eine
0190-Nummer anzurufen. Dies führt nicht nur zu einer
enormen Belästigung der Anschlussinhaber, sondern verursacht bei Faxsendungen auch zum Teil hohe Kosten für Toner und Papier. Die Methoden beim Missbrauch von Mehrwertdiensterufnummern sind aber auch noch dreister: So
werden beispielsweise Besitzer von Handys unter Vortäuschung eines Bekanntschaftsverhältnisses oder eines Gewinns per SMS aufgefordert, eine kostspielige 0190-Rufnummer zurückzurufen. Schließlich werden in erheblichem
Umfang auch Internetnutzer mittels Dialer-Programmen betrogen, die zur Herstellung einer Internetverbindung und zur
Abrechnung von im Internet angebotenen Dienstleistungen
dienen. Diese Dialer sind meistens so programmiert, dass
der Aufbau einer kostenpflichtigen Internetseite über eine
0190-Rufnummer oder eine Auslandsrufnummer erfolgt,
was der Nutzer nicht immer erkennen kann. Es treten auch
Fälle auf, in denen Dialer-Software vom Nutzer sogar unbemerkt auf den PC heruntergeladen worden ist. Die böse
Überraschung kommt dann bei der nächsten Telefonrechnung.
Alle Fälle des Missbrauchs von Mehrwertdiensterufnummern haben eines gemeinsam: Es handelt sich weniger um
ein Datenschutz- als vielmehr um ein Verbraucherschutzproblem. Den Bürgern, die sich an mich gewandt hatten, konnte
ich daher im Rahmen meiner Zuständigkeit als Datenschutzaufsichtsbehörde in der Regel nur wenig weiterhelfen. Teilweise wurden zwar auch Verstöße gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen vorgetragen. So wurde in den Fällen
unverlangter elektronischer Werbung beispielsweise die
Vermutung geäußert, der Telekommunikationsnetzbetreiber
habe die Rufnummer ohne die erforderliche Einwilligung an
Dritte zu Werbezwecken weitergegeben. Anhaltspunkte für
eine derartige Datenschutzverletzung haben sich aber in keinem einzigen Fall ergeben. Die Rufnummern waren entweder in Telefonverzeichnissen veröffentlicht und damit für jedermann zugänglich oder sie wurden zum Teil durch die
nicht unterdrückte Rufnummernübermittlung bekannt. Bei
meinen Recherchen bin ich auf eine weitere mögliche Erklärung gestoßen, wie die Anbieter von Werbung an die Rufnummern gelangen. Häufig werden Rufnummern nämlich
beliebig nach dem Zufallsprinzip generiert, ohne dass der
Anschlussinhaber bekannt ist. Beim Versenden elektronischer Werbung wird dann in Kauf genommen, dass nicht
jede generierte Rufnummer vergeben ist.
Einen gewissen datenschutzrechtlichen Bezug hatte der
Missbrauch von Mehrwertdiensterufnummern bzw. dessen
Bekämpfung aber in anderem Zusammenhang:
Die Frage, wie man sich gegen unerwünschte elektronische
Werbung wehren kann, lässt sich rechtlich leicht beantworten. Nach der Rechtsprechung zum Gesetz gegen den
unlauteren Wettbewerb ist es unzulässig, Werbung über Telekommunikationsanschlüsse zu versenden, wenn zwischen
Absender und Empfänger keine Geschäftsbeziehung besteht. Der Betroffene kann den Absender daher auf Unterlassung verklagen und ggf. Schadensersatz in Anspruch
nehmen. Dies gestaltete sich allerdings nicht immer einfach,
denn es traten Schwierigkeiten bei dem Versuch auf, den
Inhaber der 0190-Rufnummer zu ermitteln. Diese Rufnummern werden von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) in 1000er Blöcken Netzbetreibern zugeteilt, die sie in der Regel aber nicht selbst nutzen,
sondern Serviceprovidern oder anderen Diensteanbietern
zur Vermarktung überlassen. Die RegTP kann daher zwar
BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002