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denken gegen die Regelung über den Einsatz des IMSI-Catchers erhoben, da hierdurch notwendigerweise auch immer
Unbeteiligte betroffen sind. Darüber hinaus habe ich zu der
konkreten Ausgestaltung der Vorschrift folgende Änderungen – leider vergeblich – gefordert:
– Die Ermittlung der Gerätenummer ist meines Erachtens
keine geeignete Maßnahme, da sie weder generell bei einem erstmaligen Verkauf des Geräts gespeichert wird
noch bei einer späteren Veräußerung oder Verlust des
Geräts nachgehalten werden kann. Sie ist damit kein eindeutiges Identifizierungsmerkmal.
– Die Eingriffsschwelle zur Übermittlung des Aufenthaltsortes ist nach meinem Dafürhalten zu niedrig. Für die
Standortfeststellung nach § 100i Abs. 2 Satz 2 StPO
reicht es nämlich bereits aus, dass die Ermittlung des
Aufenthaltsortes des Täters „auf andere Weise weniger
erfolgversprechend oder erschwert wäre“. Im Hinblick
auf den mit dem Einsatz des Geräts verbundenen Grundrechtseingriff bei einer Vielzahl von Personen hatte ich
gefordert, dass die Ermittlung auf andere Weise „nicht
möglich oder wesentlich erschwert wäre“, wie dies zur
Vorbereitung einer Abhörmaßnahme nach § 100a StPO
gemäß § 100i Abs. 2 Satz 1 StPO vorgeschrieben ist.
– Die Dauer der Maßnahme, die gemäß § 100i Abs. 4
Satz 2 StPO bis zu sechs Monaten angeordnet werden
kann, ist nach meiner Auffassung zu lang. Ich hatte stattdessen eine Begrenzung auf drei Monate vorgeschlagen,
wie sie bei der Überwachungsmaßnahme gemäss § 100b
Abs. 2 StPO vorgesehen ist.
Demgegenüber habe ich begrüßt, dass die Anordnung des
Einsatzes eines IMSI-Catchers dem Richter vorbehalten ist.
8.2.5

Erneute Erweiterung des Straftatenkatalogs in § 100a Strafprozessordnung

Die Telefonüberwachung ist unbestreitbar ein wichtiges
Hilfsmittel im Kampf gegen die Kriminalität. Es war deshalb durchaus sinnvoll, dass mit Artikel 2 des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes vom 5. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3954) die Straftaten
– schwerer sexueller Missbrauch von Kindern nach § 176a
Abs. 1, 2 oder 4 des Strafgesetzbuches (StGB),
– sexueller Missbrauch von Kindern mit Todesfolge nach
§ 176b StGB und
– Verbreitung pornographischer Schriften nach § 184
Abs. 4 StGB
in den Katalog der Straftaten in § 100a StPO, bei denen die
Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation
angeordnet werden darf, einbezogen wurden. Allerdings ist
die Telefonüberwachung auch ein tiefer Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen. Deshalb bedarf es in bestimmten Zeitabständen bezüglich des Straftatenkatalogs
immer wieder einer sorgfältigen Abwägung zwischen dem
Strafverfolgungsinteresse des Staates und der Einschränkung von Grundrechten des Betroffenen. Der Gesetzgeber
sollte daher darüber informiert sein, welche Ergebnisse in
der Praxis tatsächlich zu verzeichnen sind. Vor diesem Hintergrund begrüße ich das Vorhaben der Bundesregierung,
den Anlasstatenkatalog des § 100a Satz 1 StPO einer grundsätzlichen Überprüfung zu unterziehen (vgl. hierzu auch

Nr. 8.3). Grundlage hierfür ist die bei dem Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht im
Auftrag des BMJ gegenwärtig erarbeitete Untersuchung zur
„Rechtswirklichkeit und Effizienz der Überwachung der Telekommunikation nach den §§ 100a, 100b StPO und anderer
verdeckter Ermittlungsmaßnahmen“. Diese Überprüfung ist
vor allem deshalb erforderlich, weil immer wieder neue
Vorschläge und Gesetzentwürfe zur Ausweitung des Straftatenkatalogs eingebracht werden. Ich werde die Entwicklung weiter aufmerksam begleiten.
8.3

Was macht das Forschungsvorhaben zur
Telefonüberwachung?

Bereits in meinem letzten Tätigkeitsbericht (vgl. Nr. 6.4.2)
habe ich über das vom BMJ beim Max-Planck-Institut für
ausländisches und internationales Strafrecht in Auftrag gegebene Forschungsvorhaben „Rechtswirklichkeit und Effizienz der Überwachung der Telekommunikation nach den
§§ 100a, 100b Strafprozessordnung (StPO) und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen“ berichtet.
Die Anzahl der nach § 100a StPO angeordneten Verfahren
steigt weiterhin. Zum einen steigt die Gesamtzahl der Verfahren mit Telefonüberwachungsmaßnahmen, zum anderen
auch die durchschnittliche Zahl der Telefonüberwachungsanordnungen pro Verfahren. Im Mittelpunkt der Untersuchung des Max-Planck-Instituts steht die Bedeutung der
Erkenntnisse aus der Telefonüberwachung für das Strafverfahren und die Frage, inwieweit Telefonüberwachungsmaßnahmen wirklich zum Erfolg der staatlichen Strafverfolgung
geführt haben. Wichtig für die Studie ist eine möglichst präzise Aufbereitung von Daten, mit denen Entwicklung und
Strukturen der Telefonüberwachung nachgewiesen werden
können. Neben der Aktenanalyse werden die bei der Anordnung beteiligten Personen, wie Polizisten, Staatsanwälte,
Richter und Verteidiger, befragt. Bei der Ablaufplanung der
Untersuchung bin ich beteiligt. So ist sichergestellt, dass dabei keine personenbezogenen Daten verarbeitet werden.
Die Vorlage des Schlussberichtes ist nunmehr für März
2003 vorgesehen.
8.4

Wann werden die Berichte über die
akustische Wohnraumüberwachung
endlich besser?

Mit der Einführung des „Großen Lauschangriffs“ im Jahre
1998 wurde die Bundesregierung gem. Artikel 13 Abs. 6
S. 1 Grundgesetz verpflichtet, den Deutschen Bundestag
jährlich über die zum Zweck der Strafverfolgung durchgeführten akustischen Wohnraumüberwachungen zu unterrichten (vgl. schon 16. TB Nr. 1.6 und 6.1.1; 17. TB Nr. 6.1
und 6.1.1). Inzwischen liegen die Berichte der Jahre 2000
und 2001 vor. Mit Bedauern muss ich feststellen, dass auch
diese, ebenso wie schon die Berichte der Jahre 1998 und
1999, den Anforderungen, dem Parlament eine effektive
Kontrolle insbesondere der Angemessenheit und Eignung
der durchgeführten Maßnahmen zu ermöglichen, nicht gerecht werden. Die in den Berichten gegebenen Informationen reichen hierzu nicht aus.
Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder
hatten bereits im Juni 2000 Wünsche bzw. Empfehlungen zu
erweiterten Berichtspflichten formuliert (siehe hierzu die
Entschließung vom 26. Juni 2000, Anlage 22 zum 18. TB).

BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002

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