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zwar nicht zu meinen Aufgaben. Ich kann aber dennoch feststellen, dass hier offensichtlich nicht überall die Vorschriften
des BDSG bekannt sind und beachtet werden. Dies sollte
auch bei der notwendigen Weiterentwicklung des Datenschutzrechts berücksichtigt werden. Es macht in meinen Augen wenig Sinn, wenn erweiterten und verbesserten gesetzlichen Datenschutzbestimmungen in der Praxis kein Vollzug
folgt und dies nicht sanktioniert oder im schlimmsten Fall
dieses Defizit noch nicht einmal festgestellt wird. Im Zuge
der von der Bundesregierung angekündigten zweiten Stufe
der BDSG-Novellierung sollte deswegen verstärkt darauf geachtet werden, das Gesetz überschaubar und praktikabel zu
gestalten und seinen Vollzug zu verbessern.
Die Vorbereitungen zu dieser beabsichtigten Reform des
Datenschutzrechts sind im Berichtszeitraum weiter vorangeschritten (vgl. Nr. 3.3). So liegt ein vom Bundesministerium des Innern in Auftrag gegebenes umfangreiches Gutachten vor, das eine umfassende und tiefgreifende Analyse
des Modernisierungsbedarfs im Datenschutzrecht enthält
und die Richtung für eine weit reichende Reform des Datenschutzes weist. Die Vorschläge der Gutachter, das Datenschutzrecht zu vereinfachen und möglichst viele Spezialvorschriften im BDSG zu integrieren, die Selbstbestimmung
des Einzelnen zu stärken und gesellschaftliche Selbstregulierung sowie technischen Datenschutz verstärkt zu fördern,
halte ich für sinnvoll und gut. Angesichts der in der Bundesrepublik Deutschland bereits sehr ausdifferenzierten Datenschutzregelungen wird es aber nicht einfach sein, diese
Überlegungen zeitnah umzusetzen, zumal es sich hierbei um
grundlegende Weichenstellungen und noch nicht um konkrete, ausformulierte Regelungsvorschläge handelt. Das
Ziel, das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Bürgers zu einem selbstverständlichen, integrierten Teil der
technischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und rechtlichen Entwicklung zu machen und nicht mehr als einen
Eingriff von außen in diese Entwicklung zu begreifen, sollte
aber in jedem Falle mit Nachdruck weiterverfolgt werden.
1.3
Terrorismusbekämpfung und Innere
Sicherheit – auch der Datenschutz
ist gefordert
Der furchtbare Terroranschlag vom 11. September 2001 und
die fortbestehende weltweite Bedrohung durch den internationalen Terrorismus, aber auch der Kampf gegen das organisierte Verbrechen und das stete Bemühen um eine verbesserte innere Sicherheit haben im Berichtszeitraum Recht
und Praxis des Datenschutzes nachhaltig beeinflusst. Aufgrund der tief gehenden Bedeutung der gesetzlichen Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung auch für den Datenschutz habe ich diesem Thema ein eigenes Kapitel
gewidmet (vgl. Nr. 2). Auch wenn erste politische Äußerungen und erste Gesetzentwürfe zum Teil einen anderen Tenor
hatten, hat sich im Ergebnis wieder gezeigt, dass wirksame
Bekämpfung von Terror und Kriminalität und Datenschutz
als Ausdruck des Grundrechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und informationelle Selbstbestimmung keine
unüberbrückbaren Gegensätze sein müssen, sondern sich
sehr wohl in einem ausgewogenen Interessenausgleich untereinander verbinden lassen. Obwohl ich mit meinen Bedenken nicht immer durchdringen konnte, bewerte ich es als
besonders positiv, dass es erstmals gelungen ist, neue Eingriffsbefugnisse für die Sicherheitsbehörden zu befristen
BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002
und einer Erfolgskontrolle zu unterwerfen. Nur so kann auf
Dauer festgestellt werden, welche Eingriffe und Beschränkungen beim Datenschutz wirklich zur Verbesserung der
Gefahrenabwehr und inneren Sicherheit erforderlich sind
und wo sich die Erwartungen der Sicherheitsbehörden und
des Gesetzgebers nicht erfüllt haben, sodass ein Fortbestand
der entsprechenden Befugnisse nicht gerechtfertigt ist. Damit ist der Weg frei, Einschränkungen des Datenschutzes
auch wieder abzubauen, wenn sie sich im Nachhinein als
nicht wirksam und damit als nicht notwendig herausgestellt
haben. Voraussetzung dafür ist, dass die Evaluierung ehrlich
und nachvollziehbar vorgenommen wird und die Bereitschaft fortbesteht, daraus dann zu gegebener Zeit auch die
Konsequenzen zu ziehen.
Die Folgen des Terrors wirken sich aber nicht nur auf die nationale Gesetzgebung aus, sie sind international, wie der Terror
selbst (vgl. Nr. 32.1). Die Strategien zur Vermeidung weiterer
Anschläge und zur Bekämpfung der Täter zielen weltweit auf
verbesserte Überwachung, grenzüberschreitenden Zugriff von
Sicherheitsbehörden auf möglichst umfassende Datenbestände und einen ungehinderten Datenaustausch ab. Auch hier
wird es gelten, die datenschutzrechtlichen Grundsätze von Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit strikt zu beachten und
insbesondere Missbrauchsmöglichkeiten von vornherein zu
unterbinden. Ohne einen verstärkten internationalen Datenschutz kann dies kaum gelingen.
Neben neuen Gesetzesinitiativen sind im Zuge der Terrorbekämpfung aber auch alte Instrumente wieder aktuell geworden.
Dies gilt insbesondere für die Rasterfahndung (vgl. Nr. 13.1).
Auf Landesebene hat sie zu einer Reihe von Prozessen und unterschiedlich lautenden Gerichtsurteilen geführt. Soweit das
BKA aufgrund eines Beschlusses der Gremien der Ständigen
Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder in seiner Funktion als Zentralstelle der Polizeien des Bundes und der
Länder beauftragt worden ist, unterstützend tätig zu werden,
hat meine Prüfung ergeben, dass sich dieses dabei im Rahmen
der ihm durch das BKA-Gesetz eingeräumten Befugnisse zur
Erfüllung seiner Zentralstellenaufgabe gemäß § 2 i. V. m. § 7
BKA-Gesetz gehalten hat, auch soweit es selbst bei diversen
nicht öffentlichen Stellen um Übermittlung von Personaldaten
ersucht hat. Ob der Gesetzgeber aber wirklich dem BKA mit
§ 7 Abs. 2 Satz 2 BKA-Gesetz eine Befugnis zur massenhaften
Erhebung personenbezogener Daten von Unverdächtigen einräumen wollte, ist gleichwohl fraglich. Da derartige Maßnahmen auf der rechtsstaatlich solideren Grundlage der hierfür
jeweils geschaffenen landesgesetzlichen Regelungen zur Rasterfahndung durchgeführt werden können, sollte künftig bei
Fortbestehen der jetzigen Gesetzeslage auf eine massenhafte
Erhebung personenbezogener Daten durch das BKA verzichtet
werden. Anderenfalls sollte der Bundesgesetzgeber zumindest
eine eigenständige Gesetzesgrundlage für das BKA schaffen.
In jedem Falle halte ich es für außerordentlich bedenklich, dass
sich das Verfahren so lange hingezogen hat und erste Datenlöschungen erst jetzt im Frühjahr 2003 vorgenommen werden
sollen. Insgesamt haben die Rasterfahndungen immer noch zu
keinem abschließenden Ergebnis geführt, was die Frage herausfordert, wie effizient dieses Instrument tatsächlich für die
Bekämpfung des Terrors genutzt werden kann.
1.4
Kommt der gläserne Finanzmarkt?
Beim Kampf gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität
richtet sich der Blick auch immer wieder auf die Geldströme,