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aus eigenem Recht Einsicht in Behandlungsunterlagen verlangen können, sondern insoweit auf ein Tätigwerden des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) angewiesen
sind. In § 301 SGB V sei aus datenschutzrechtlichen Gründen
abschließend aufgezählt, welche Angaben den Krankenkassen bei einer Krankenhausbehandlung ihrer Versicherten zu
übermitteln sind. Behandlungsdaten der Versicherten gehörten nicht hierzu. Für die Krankenkassen sei es zur Erfüllung
ihrer Aufgaben auch nicht erforderlich, in die Behandlungsunterlagen der Versicherten Einsicht zu nehmen. Bei Zweifeln
an der sachlich-rechnerischen Richtigkeit einer Krankenhausabrechnung habe die Krankenkasse nach § 275 Abs. 1 Satz 1
SGB V eine gutachterliche Stellungnahme des MDK einzuholen. Der MDK sei im Falle einer Abrechnungsprüfung ermächtigt, die erforderlichen Sozialdaten bei den Krankenhäusern anzufordern. Gleichzeitig sei der MDK verpflichtet, der
Krankenkasse das Ergebnis der Begutachtung sowie die erforderlichen Angaben über den Befund mitzuteilen.
Damit stellt das Bundessozialgericht klar, dass es allein Aufgabe des MDK ist, medizinische Unterlagen für die sachlichrechnerische Prüfung der Abrechnung eines Krankenhauses
zu beurteilen, und nur der MDK in Behandlungsunterlagen
von Versicherten Einsicht nehmen darf. Das Einholen einer
Einwilligungserklärung des Versicherten zur Übermittlung
von Behandlungsunterlagen – wie von einigen Krankenkassen praktiziert – stellt eine Umgehung der abschließenden
Regelung des § 301 SGB V sowie der gesetzlichen Regelung
dar, dass allein der MDK für die Prüfung medizinischer
Sachverhalte zuständig ist. Forderungen der Krankenkassen
an Krankenhäuser und Ärzte, bei Vorliegen einer Einwilligungserklärung des Versicherten die Behandlungsunterlagen
an die Krankenkasse zu übermitteln, halte ich aus diesem
Grund für rechtlich nicht gedeckt und damit für unzulässig.
Ich werde bei Beratungen und Kontrollen von Krankenkassen weiterhin meine im 18. TB (Nr. 21.3) dargelegte Rechtsauffassung vertreten. Hierauf habe ich auch die Spitzenverbände der Krankenkassen hingewiesen und gebeten, ihre
Mitgliedskassen entsprechend zu unterrichten.
24.1.5

Wozu braucht ein Untersuchungslabor
personenbezogene Daten?

Sind im Rahmen einer ärztlichen Behandlung labormedizinische Untersuchungen (z. B. von Blut, Urin und anderem Körpermaterial) erforderlich, schaltet der behandelnde Arzt hierfür regelmäßig ein medizinisches Labor ein. Zusammen mit
dem Untersuchungsauftrag an das Labor werden auch die genaue Diagnose oder Verdachtsdiagnose und/oder wichtige Befunde angegeben. Nach erfolgter Untersuchung werden diese
Daten mit den Untersuchungsergebnissen zusammengeführt
und gespeichert. In Großlaboren, die sich aufgrund des zunehmenden Konzentrationsprozesses in diesem Bereich gebildet
haben, erfolgen diese Untersuchungen mit computergestützten Analyseautomaten innerhalb kürzester Zeit. Laboratorien
mit über 400 000 Fällen pro Jahr sind keine Seltenheit mehr
und die größten Labors rechnen jährlich zwei bis vier Millionen Fälle ab. Bei einer solchen Menge von Patientendaten in
privaten Datenbanken handelt es sich um eine aus datenschutzrechtlicher Sicht problematische Entwicklung für das
Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen.
Vor diesem Hintergrund habe ich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Bundesärztekammer (BÄK)

um Prüfung eines besseren Datenschutzes der Versicherten
bei laborärztlichen Untersuchungen gebeten, damit eine Offenlegung der Identität der jeweiligen Versicherten vermieden wird. Hierzu habe ich in Absprache mit den Landesbeauftragten für den Datenschutz vorgeschlagen, auf die
Angabe der Stammdaten der Versicherten zu verzichten und
Laborüberweisungen nur noch mithilfe von Nummerncodes
vorzunehmen. Für Laboruntersuchungen, bei denen die Proben vom behandelnden Arzt eingesandt werden und die Untersuchungsergebnisse an diesen zurückgehen, sind m. E. die
Namen der jeweiligen Versicherten nicht erforderlich. Das
Labor, soweit es selbst die Laborleistungen mit der Krankenkasse abrechnet, benötigt hierfür lediglich die Krankenversichertennummer und die Krankenkasse des Versicherten. Allerdings dürfte es aus medizinischen Gründen erforderlich
sein, dem Laborarzt auch das Geschlecht und das Alter des
Patienten mitzuteilen. Eine Umstellung auf ein solches Verfahren wäre m. E. ohne größeren Aufwand möglich, zumal
die vertraglich festgelegten Abrechnungswege bestehen bleiben könnten. Auch gibt es bereits Erfahrungen mit entsprechenden Verfahren. So beauftragen einige staatliche Gesundheitsämter private Labore mit der Untersuchung codierter
bzw. pseudonymisierter Proben. Auch gibt es Laborgemeinschaften, denen die zu untersuchenden Proben codiert übersandt werden. Die Sicherheit vor einer Verwechslung codierter Proben hängt dabei von der technischen Ausgestaltung
und der Zuverlässigkeit des Codierungsverfahrens ab.
Die Gespräche mit der KBV und der BÄK dauern noch an.
24.2

Pflegeversicherung

24.2.1

Gemeinsame Verarbeitung und Nutzung
personenbezogener Daten durch
Krankenkassen und Pflegekassen

Mit der Umsetzung des § 96 SGB XI, der die Rahmenbedingungen für die gemeinsame Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten durch Krankenkassen und Pflegekassen festlegt, habe ich mich bereits mehrfach befasst (vgl.
16. TB Nr. 24.1, 17. TB Nr. 24.1, 18. TB Nr. 24.1.2).
Da eine Präzisierung der von den Krankenkassen und Pflegekassen gemeinsam zu verarbeitenden und zu nutzenden
Daten nicht gelungen ist, habe ich eine Änderung des § 96
SGB XI vorgeschlagen; hiernach dürfen die nach § 46
Abs. 1 SGB XI verbundenen Pflege- und Krankenkassen
personenbezogene Daten, die zur Erfüllung gesetzlicher
Aufgaben jeder Stelle erforderlich sind, gemeinsam verarbeiten und nutzen. Diese Regelung ist auf meinen Vorschlag
hin in den Entwurf eines Gesetzes zur Qualitätssicherung
und zur Stärkung des Verbraucherschutzes in der Pflege aufgenommen worden. Das Gesetz ist am 1. Januar 2002
(BGBl. I 2001 S. 2320) in Kraft getreten.
Mit dieser Gesetzesänderung ist ein praktikabler und auch
datenschutzgerechter Gesetzesvollzug in diesem Bereich erreicht worden.
24.2.2

Pflegedokumentation: Müssen Pflegebedürftige ihrer Krankenkasse besonders
intime Daten offen legen?

Mehrere Anfragen von Pflegediensten waren für mich Anlass, zu der Problematik der Einsichtsrechte in die Pflegedokumentation von Pflegebedürftigen Stellung zu nehmen.

BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002

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