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möglich ist, in kritischen Einzelfällen auf die Veröffentlichung des Teils des Bewerberdatensatzes zu verzichten,
der die Identifizierung unter bestimmten Umständen ermöglicht. Die Hauptstelle der BA hatte mir daher eine Regelung angekündigt, mit der sichergestellt werden sollte,
dass Bewerberangebote auch dann datenschutzgerecht in
den AIS eingestellt werden können, wenn allein durch
Weglassen des Namens die Anonymisierung nicht gewährleistet ist. Eine solche Regelung wird es nach Auskunft der
Hauptstelle nunmehr doch nicht geben. Mir wurde lediglich zugesichert, dass in den Fällen, in denen die Anonymisierung der Daten nicht gewährleistet ist, auf Wunsch des
Betroffenen auch künftig von der Einstellung des Bewerberdatensatzes in den AIS abgesehen wird. Diese Entwicklung der Angelegenheit halte ich aus datenschutzrechtlicher Sicht nicht für befriedigend. Auch unter dem
Gesichtspunkt einer effektiven Arbeitsvermittlung kann es
nicht erstrebenswert sein, bestimmte Arbeitslose von den
Vermittlungsmöglichkeiten, die die BA im Internet bietet,
abzukoppeln, nur weil es systembedingt nicht möglich ist,
alle Bewerberangebote datenschutzgerecht zu anonymisieren. Ich hoffe deswegen, dass die BA die bekannten Unzulänglichkeiten im Rahmen der Weiterentwicklung oder bei
Neuentwicklungen der Informationstechnik berücksichtigen wird, und werde die Angelegenheit spätestens dann
wieder ins Gespräch bringen.
23.5

Einzelfälle

23.5.1

Unzulässige Datenerhebung bei
einem früheren Arbeitgeber

Ein Petent hatte bei einem Arbeitsamt einen Antrag auf Unterhaltsgeld gestellt. Da dieses nicht in der ihm seiner Meinung nach zustehenden Höhe bewilligt wurde, reichte er
Widerspruch und anschließend Klage vor dem Sozialgericht
ein. Anlässlich des Gerichtsverfahrens holte das Arbeitsamt
beim ehemaligen Arbeitgeber des Petenten Auskünfte zu
dessen Gehalt ein und übermittelte diese an das Sozialgericht. Diese Angaben zum Gehalt wurden nach Darstellung
des Arbeitsamtes benötigt, da das Unterhaltsgeld im vorliegenden Fall anhand eines fiktiven Bemessungsentgelts festzulegen war, dessen Höhe überprüft werden musste. Die
Datenerhebung beim ehemaligen Arbeitgeber und die Übermittlung der unzulässig erhobenen Daten an das Sozialgericht habe ich wegen Verstoßes gegen § 67a Abs. 2 und § 69
Abs. 1 Nr. 2 SGB X beanstandet. Das Arbeitsamt hätte die
Daten – wenn überhaupt – beim Betroffenen selbst erheben
müssen. Die Voraussetzungen für eine Datenerhebung ohne
Mitwirkung des Betroffenen waren allesamt nicht gegeben.
Darüber hinaus hätte das Arbeitsamt zur Festlegung des fiktiven Bemessungsentgelts das in diesem Fall ortsübliche Arbeitsentgelt zugrunde legen können. Um dieses zu ermitteln,
wäre es ausreichend gewesen, verschiedene ortsansässige
Firmen, die vergleichbare Tätigkeiten anbieten, ohne konkreten Personenbezug zu befragen. Die Erhebung des tatsächlich ehemals an den Petenten gezahlten Gehalts war zur
Aufgabenerfüllung des Arbeitsamtes im vorliegenden Fall
nicht erforderlich. Die Arbeitsverwaltung hat mir zugesagt,
die unzulässig erhobenen Daten zu löschen und das Sozialgericht entsprechend zu benachrichtigen. Der Direktor des
betroffenen Arbeitsamtes hat sich bei dem Petenten entschuldigt.

23.5.2

Umfangreiche Datenübermittlung an eine
Krankenkasse

Ein Ehepaar hat sich an mich gewandt, weil das Arbeitsamt,
bei dem die Ehefrau Arbeitslosenhilfe beantragt hatte, Daten mit der Krankenkasse des Ehemanns ausgetauscht hat.
Die meisten der aufgezeigten Datenübermittlungen waren zur
Aufgabenerfüllung eines der beiden Sozialleistungsträger erforderlich und damit zulässig (§ 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X). So
hat das Arbeitsamt der Krankenkasse auf deren Anfrage unter anderem mitgeteilt, dass der Ehemann anlässlich der
Prüfung der Bedürftigkeit seiner Frau dem Arbeitsamt gegenüber angegeben habe, aus seiner selbstständigen Tätigkeit keinen Gewinn zu erzielen. Diese Information war nach
Darstellung der Krankenkasse zur Beurteilung der Krankengeldansprüche des Ehemanns erforderlich. Das Arbeitsamt
hat seinem Antwortschreiben allerdings zusätzliche Unterlagen beigefügt, die die Krankenkasse zur Prüfung von Ansprüchen nicht benötigte und auch nicht erbeten hatte. Seitens der Arbeitsverwaltung wurde schließlich eingeräumt,
dass eine Datenübermittlung in dieser Breite tatsächlich
nicht erforderlich gewesen wäre, die Unterlagen jedoch „der
Einfachheit halber“ beigefügt worden waren. Diese Begründung zeigt, wie unbedacht und leichtfertig hier mit Sozialdaten umgegangen wurde. Nicht zuletzt weil ich in dem hier
geschilderten Fall zum wiederholten Mal feststellen musste,
dass ein Arbeitsamt über die Erforderlichkeit hinaus Unterlagen an eine Krankenkasse übermittelt hat, habe ich diese
Übermittlung wegen Verstoßes gegen § 69 Abs. 1 Nr. 1
SGB X beanstandet.
23.5.3

Erhebung und Nutzung von Daten
zu privaten Zwecken

Ein Mitarbeiter eines Landesarbeitsamtes nutzte seine berufliche Position, um bei einer Krankenkasse personenbezogene Daten über seine geschiedene Ehefrau einzuholen. Anschließend verwendete er die auf diese Weise unzulässig
erhobenen Daten für seine privaten Zwecke, indem er den
von der Krankenkasse erhaltenen Datenausdruck im Rahmen einer Unterhaltsstreitsache an ein Gericht übermittelte.
Der Mitarbeiter, der aufgrund seiner Tätigkeit über den besonderen Schutz und die Sensibilität von Sozialdaten belehrt worden war, hat sich durch sein Verhalten bewusst
über die ihm bekannten datenschutzrechtlichen Bestimmungen hinweggesetzt. Diesen gravierenden Verstoß gegen das
Sozialgeheimnis habe ich beanstandet. Das Landesarbeitsamt hat den betroffenen Mitarbeiter aufgrund seines Fehlverhaltens in eine andere Funktion zu einer anderen Dienststelle umgesetzt und entsprechende Disziplinarmaßnahmen
eingeleitet.
23.5.4

Arbeitsamt übermittelt Sozialdaten
an eine Detektei

Ein anderer Petent hat sich an mich gewandt, nachdem er erfahren hatte, dass der Rechtsanwalt seines Vermieters in einer Streitsache in einem Schreiben an ein Gericht Daten von
ihm angegeben hatte, die nur der BfA und dem Arbeitsamt
hätten bekannt sein können. Der Rechtsanwalt hatte in dem
Schreiben weiter ausgeführt, dass die Daten von einem Dritten, einer Detektei, bestätigt werden könnten. Der Petent
vermutete daher, dass einer der beiden genannten Sozialleistungsträger dieser Detektei unbefugt Auskünfte erteilt habe.

BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002

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