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perationen im deutschen Grenzgebiet hat. Umso bedauerlicher ist es, dass mir bis jetzt weder der Entwurf einer Errichtungsanordnung für die Datei „Elektronisches Tagebuch“
vorgelegt werden konnte, noch Lösungsvorschläge unterbreitet wurden, wie den gesetzlichen Anforderungen zur
Wahrung des Steuergeheimnisses nach Maßgabe des § 30
AO Rechnung getragen werden soll.
15
Zollfahndung
15.1
Zollfahndungsneuregelungsgesetz
verabschiedet – Konsequenzen
für die Steuerfahndung?
Am 24. August 2002 ist das Gesetz zur Neuregelung des
Zollfahndungsdienstes, dessen Schwerpunkt das Gesetz
über das Zollkriminalamt (ZKA) und die Zollfahndungsämter bildet, in Kraft getreten (BGBl. 2002 I S. 3202). Neben
der Regelung von Aufgaben und Befugnissen des ZKA und
der Zollfahndungsämter wurden mit dem Gesetz die für die
Tätigkeit dieser Behörden erforderlichen bereichsspezifischen Datenschutzbestimmungen geschaffen. Die Bundesregierung setzt damit auch für den Bereich dieser Bundespolizei die Vorgaben des Volkszählungsurteils für eine
verfassungskonforme Ausgestaltung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung um. Sie kommt damit einer
entsprechenden Forderung des Deutschen Bundestages nach
(vgl. 18. TB Nr. 13.1).
Die Bestimmungen des Gesetzes orientieren sich an den Befugnisregelungen für das Bundeskriminalamt nach dem Bundeskriminalamtgesetz (BKA-Gesetz) sowie für den Bundesgrenzschutz nach dem Bundesgrenzschutzneuregelungsgesetz
(BGS-Gesetz). So nimmt das ZKA unter anderem die Aufgabe einer Zentralstelle innerhalb des Zollfahndungsdienstes
wahr und führt in dieser Funktion ein Zollfahndungsinformationssystem. Dem Zollkriminalamt sowie den Zollfahndungsämtern werden darüber hinaus umfangreiche Befugnisse zu
besonderen Datenerhebungen eingeräumt.
An der Ausarbeitung des Gesetzentwurfs war ich von Beginn an beteiligt. Im Mittelpunkt standen dabei insbesondere die Datenerhebungs- und Verarbeitungsbefugnisse für
das ZKA und die Zollfahndungsämter. Im Laufe der Erörterungen konnte unter anderem erreicht werden, dass die Anforderungen für eine Datenerhebung mit besonderen Mitteln
verschärft wurden. Sie sind nunmehr nur zulässig zur Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung, soweit
Anhaltspunkte für eine gewerbs-, gewohnheits- oder bandenmäßige Begehungsweise vorliegen. Zudem sind die Befugnisse des ZKA bei Sicherungs- und Zeugenschutzmaßnahmen konkreter gefasst worden.
Für problematisch halte ich die dem ZKA eingeräumte Befugnis, personenbezogene Daten aus der Beobachtung bestimmter Verkehre (Waren, Kapital, Dienstleistungen) und
aus der Marktbeobachtung auch zur Erfüllung seiner übrigen Aufgaben zu nutzen. Für ebenso problematisch halte ich
die Möglichkeit, personenbezogene Daten im Zusammenhang mit der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten längere
Zeit zu speichern. Vergleichbare Regelungen finden sich
weder im BKA- noch im BGS-Gesetz. Das BMF hat hierzu
auf das vielschichtige Aufgabenspektrum des ZKA hingewiesen: Die Verhütung und Verfolgung von Straftaten und
Ordnungswidrigkeiten, die Aufdeckung unbekannter Straftaten und die Durchführung unabhängiger Marktbeobach-
tungen im Einzelfall. Der Verhütung und Verfolgung von
Ordnungswidrigkeiten im Zuständigkeitsbereich der Zollverwaltung käme zudem besondere Bedeutung zu, vor allem
im Hinblick auf Häufigkeit und Ahndung mit Geldbußen
von zum Teil erheblicher Höhe.
Vor diesem Hintergrund habe ich meine Bedenken gegen
das Gesetzesvorhaben zurückgestellt. Die Praxis muss zeigen, inwieweit bei der Ausübung dieser Befugnisse durch
die Dienststellen der Zollfahndung dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen wird. Ich habe angeregt, zumindest die Aussonderungsprüffristen für gespeicherte personenbezogene Daten aus Ordnungswidrigkeiten
entsprechend deren Unwertgehalt unterschiedlich festzulegen.
Insgesamt begrüße ich die gesetzliche Regelung der Aufgaben und Befugnisse im Bereich der Zollfahndung als zwingende Konsequenz des Volkszählungsurteils. Hierdurch ist
eine nicht länger hinnehmbare Rechtslücke geschlossen
worden. Für den Bürger ist nunmehr klarer erkennbar, unter
welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang er Einschränkungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung durch den Zollfahndungsdienst hinnehmen muss.
Zudem wird die datenschutzrechtliche Beratung und Kontrolle dieser Bundesverwaltung auf eine tragfähige Grundlage gestellt.
Im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Zollfahndungsneuregelungsgesetzes und im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu einzelnen Maßnahmen
im Rahmen der Steuerfahndung habe ich gegenüber dem
BMF die Frage aufgeworfen, ob nicht auch für die Steuerfahndung, deren Maßnahmen mit massiven Eingriffen für
den Betroffenen bereits im Vorfeld eines Anfangverdachts
verbunden sein können, eine bereichsspezifische Rechtsgrundlage anstelle der Generalklauseln nach der Abgabenordnung erforderlich ist. Das BMF hat mir signalisiert, dass
mögliche zusätzliche gesetzliche Regelungen zur Definition
der Aufgaben und Befugnisse der Steuerfahndung im Vorfeld eines steuerstrafrechtlichen Anfangsverdachts und zur
vorbeugenden Bekämpfung von Steuerdelikten in einer
Bund/Länder-Arbeitsgruppe auch unter Datenschutzgesichtspunkten behandelt werden. Darüber hinaus wurde mir
in Aussicht gestellt, mich über das Ergebnis der Arbeitsgruppe zu unterrichten. Bis Redaktionsschluss dieses Tätigkeitsberichts habe ich leider noch keine weitere Antwort
vom BMF erhalten. Ich halte die Angelegenheit weiterhin
für regelungsbedürftig.
15.2
Bargeldkontrollen an den Grenzen
Im Berichtszeitraum haben sich erneut Bürger, die sich durch
Bargeldkontrollen an den Grenzübergängen (s. 18. TB
Nr. 13.5) oder in Zügen der Deutschen Bahn AG in ihrem
Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt fühlten, mit der Bitte um
Überprüfung an mich gewandt. Dies, obwohl das BMF
durch mehrere Erlasse die Befugnisse der zuständigen Zollbehörden bei der Durchführung solcher Kontrollen auch bezüglich der Weitergabe der dabei gewonnenen Erkenntnisse,
insbesondere an die Steuerbehörden, klargestellt hat. Danach
dürfen die Bediensteten des Zolls Reisende in vermeintliche
Steueroasen nicht von vornherein einem Generalverdacht
und entsprechenden Maßnahmen – ungeachtet des Verhältnismäßigkeitsprinzips – aussetzen. Reisende müssen aber auf
BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002