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der polizeilichen Aufgabenwahrnehmung durch die Dienststellen des BGS. Auch in den kommenden Jahren werde ich
die Mitglieder der Projektgruppe bei der Erörterung datenschutzrechtlicher Aspekte der polizeilichen Datenverarbeitung beratend unterstützen.
14.3
Gemeinsames Zentrum der deutschfranzösischen Polizei- und Zollzusammenarbeit in den Grenzgebieten
Im Februar 2002 habe ich im Gemeinsamen Zentrum der
deutsch-französischen Polizei- und Zollzusammenarbeit in
Offenburg einen Beratungs- und Kontrollbesuch durchgeführt. Gegenstand des Besuchs war die polizeiliche Datenverarbeitung im Gemeinsamen Zentrum, soweit Bundesstellen daran beteiligt sind.
Die Tätigkeit des Gemeinsamen Zentrums beruht auf dem
Abkommen vom 9. Oktober 1997 zwischen Deutschland
und Frankreich über die Zusammenarbeit der Polizei- und
Zollbehörden in den Grenzgebieten (Mondorfer Abkommen). Ziel des Abkommens ist es, die Zusammenarbeit der
Behörden mit polizeilichen und zollrechtlichen Aufgaben
bei der Gefahrenabwehr sowie der Verhütung und Verfolgung von Straftaten auszubauen. Dem seit drei Jahren bestehenden Gemeinsamen Zentrum kommt in diesem Zusammenhang eine Schlüsselrolle zu. In ihm arbeiten Angehörige
der Polizeien und der Zollverwaltung Deutschlands und
Frankreichs räumlich unmittelbar zusammen, um in Angelegenheiten, die die Grenzgebiete betreffen, Informationen
auszutauschen, zu analysieren und weiter zu steuern. Dem
Gemeinsamen Zentrum gehören für die deutsche Seite Vertreter des Bundesgrenzschutzes, des Zolls sowie der Landeskriminalämter von Baden-Württemberg und RheinlandPfalz an. Deutsche, das französische Grenzgebiet betreffende Informationsersuchen werden dabei von französischen Bediensteten des Gemeinsamen Zentrums bearbeitet;
französische Ersuchen entsprechend von deutschen Bediensteten. Hierzu greifen die Bediensteten auf die jeweils
eigenen nationalen Polizei- bzw. Zollinformationssysteme
zurück. Die Informationsvermittlung wird in einem Tagebuch nachgewiesen. Dabei werden personenbezogene Daten
verarbeitet. Das Tagebuch enthält unter anderem Angaben
über den Grund des Ersuchens sowie – in Stichworten – darüber, welches Ergebnis an die ersuchende Stelle übermittelt
wurde. Die angelegten Tagebuchblätter werden elektronisch
in der automatisierten Datei „Tagebuch“ gespeichert und
sind dort von jedem Bediensteten des Gemeinsamen Zentrums abrufbar. Die Tagebucheintragungen in der Datei werden automatisch zwei Jahre nach Aufnahme des Ersuchens
gelöscht sowie das Tagebuchblatt vernichtet. Zum Zeitpunkt
meines Kontrollbesuchs waren in der Datei ca. 8 000 Datensätze gespeichert. Nach Angaben der Bediensteten des Gemeinsamen Zentrums wird das „Elektronische Tagebuch“
nicht nur zur Vorgangsverwaltung bzw. zu befristeten Dokumentationszwecken geführt. Die darin gespeicherten personenbezogenen Daten werden vielmehr auch zur Erfüllung
weiterer polizeilicher Aufgaben im Zusammenhang mit der
Gefahrenabwehr sowie der Verhütung und Verfolgung von
Straftaten in den Grenzgebieten genutzt.
Ich habe gegen den Betrieb einer gemeinsamen Datei „Elektronisches Tagebuch“ keine Einwände. Es müssen jedoch die
datenschutzrechtlichen Voraussetzungen hierfür geschaffen
werden. Dies ist bislang nicht der Fall. Da das Mondorfer
BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002
Abkommen das Führen einer gemeinsamen polizeilichen
Datei durch die in das Gemeinsame Zentrum entsandten Behördenvertreter nicht regelt, kommen als Rechtsgrundlage
hierfür – soweit der BGS und der Zoll sich daran beteiligen –
die einschlägigen Regelungen des Bundesgrenzschutz-Neuregelungsgesetzes sowie des Zollfahndungsdienstgesetzes
in Betracht. Danach ist für jede Datei, die für die Erfüllung
polizeilicher Aufgaben genutzt wird, zwingend eine Errichtungsanordnung zu erstellen, in der unter anderem auch die
Speicherfristen für die darin eingestellten Datensätze bestimmt werden müssen.
Datenschutzrechtlich problematisch ist zudem die nicht
konsequent durchgeführte Trennung von polizeilichen und
zollrechtlichen Vorgängen im Gemeinsamen Zentrum. Im
Hinblick auf die gem. § 30 der Abgabenordnung (AO) gebotene Wahrung des Steuergeheimnisses müssen Informationsvorgänge, die zollrechtliche Angelegenheiten betreffen, getrennt von Vorgängen aufbewahrt werden, die sich
auf polizeiliche Angelegenheiten beziehen. Zwar werden
Informationsersuchen, die Angelegenheiten des Zolls betreffen, ausschließlich von deutschen bzw. von französischen Zollbeamten im Gemeinsamen Zentrum bearbeitet.
Auch werden die von den deutschen und französischen
Zollbediensteten angelegten Tagebuchblätter sowie die übrigen, bei der Erarbeitung von Informationsersuchen anfallenden Unterlagen getrennt von den übrigen polizeilichen
Unterlagen geführt und sind nur für Zollbedienstete zugänglich. Gleichwohl werden diese Tagebuchblätter aber zusammen mit den polizeilichen Vorgängen in der gemeinsam betriebenen Datei „Elektronisches Tagebuch“ abgebildet und
sind dort für alle Bediensteten des Gemeinsamen Zentrums
zugänglich. Ich bin mir mit dem Bundesministerium der
Finanzen darin einig, dass dies mit den gesetzlichen Anforderungen des § 30 AO nicht im Einklang steht. Der getrennten Aktenablage folgend halte ich es daher für geboten, auch
jeweils für Polizei- und Zollangelegenheiten getrennte Dateien anzulegen, auf die jeweils nur die zuständigen deutschen bzw. französischen Behördenvertreter Zugriff haben.
Das Gemeinsame Zentrum der deutsch-französischen Polizei- und Zollzusammenarbeit leistet nach meinem Eindruck
einen wichtigen Beitrag für eine intensive Zusammenarbeit
der Polizei- und Zollbehörden beider Länder unterhalb der
Kooperationsebene nach dem Schengener Durchführungsübereinkommen, in dem Informationsersuchen der einen
und der anderen Seite schneller und effektiver vermittelt
werden können. Zweifellos führt dies zu einer Verbesserung
der Maßnahmen bei der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie bei der Verhütung
und Verfolgung von Straftaten in den Grenzgebieten. Zugleich ist es aber unabdingbar, auch die datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen für die Tätigkeit des Gemeinsamen Zentrums zu regeln und seinen Mitarbeitern hierfür die
notwendige Unterstützung zu gewähren. Dies gilt vor allem
dann, wenn im Gemeinsamen Zentrum neben der eigentlichen Informationsvermittlung zwischen verschiedenen
deutschen und französischen Dienststellen auch eine eigenständige personenbezogene Datenverarbeitung mittels eines lokalen Netzwerkes betrieben werden soll. Eine klare
Regelung der datenschutzrechtlichen Aspekte der Tätigkeit
des Gemeinsamen Zentrums ist auch im Hinblick darauf
wichtig, dass dies Modellcharakter für andere geplante bzw.
bereits realisierte Zentren bilateraler Polizei- und Zollkoo-