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Eingriffsbefugnisse – meinen Vorschlägen im Wesentlichen
zugestimmt. Geschehen ist gleichwohl wenig. Zwar hat der
Arbeitskreis II der Ständigen Konferenz der Innenminister
und -senatoren der Länder im Oktober 2001 beschlossen,
das Themenraster der Rechtstatsachensammelstelle des
BKA zu aktualisieren. Ob auch die Ankündigung des BMI,
das BKA mit Vorschlägen zur Reform der Rechtstatsachensammlung im Verbund von Bund und Ländern zu beauftragen sowie meine Vorschläge den Innenministern der Länder
unterbreiten zu wollen, in die Tat umgesetzt wurde, ist mir
nicht bekannt. Meine Sachstandsanfragen gegenüber dem
BMI zu diesem Thema sind bisher unbeantwortet geblieben.
Die ebenfalls vom BMI vorgesehene Fachtagung im Herbst
2001 zu Fragen der Rechtstatsachensammlung, bei deren
Vorbereitung auch ich mit einbezogen werden sollte, ist aber
offenbar nicht durchgeführt worden.
Der Gesetzgeber hat zunehmend die Bedeutung der Evaluierung von Gesetzen, insbesondere bei Eingriffsbefugnissen in
die Persönlichkeitsrechte der Bürger, anerkannt. Beginnend
mit den Berichtspflichten gem. § 100e Strafprozessordnung
im Zusammenhang mit der akustischen Wohnraumüberwachung (siehe auch Nr. 8.4) sind im Terrorismusbekämpfungsgesetz erstmals die Voraussetzungen für eine Erfolgskontrolle und die Verpflichtung zur Evaluierung gesetzlich
geregelt worden (s. Nr. 2.3.1). Das informationelle Selbstbestimmungsrecht wird aber auch durch die präventiv-polizeilichen Eingriffsbefugnisse sowie die darauf beruhenden Datenerhebungs- und -verarbeitungsbefugnisse tangiert. Auch
wenn Polizeiangelegenheiten im Wesentlichen in die Zuständigkeit der Länder fallen, zeigen die verschiedenen Formen
der Zusammenarbeit von Bund und Ländern bei der polizeilichen Datenverarbeitung, dass die Evaluierung dieser Befugnisse auch eine Angelegenheit des Bundes ist. Der Umstand,
dass die Rechtstatsachensammelstelle im BKA seit ihrer
Gründung lediglich befugt ist, die ihr angelieferten rechtstatsächlichen Informationen zu registrieren und zu dokumentieren und seit Jahren keine Initiativen festzustellen sind, diesen
Zustand zu verbessern, verdeutlicht, dass zu dem Thema der
Evaluierung polizeilicher Eingriffsbefugnisse noch erhebliche Anstrengungen unternommen werden müssen.
13.7
Geldwäschebekämpfungsgesetz
Die Ereignisse vom 11. September 2001 (siehe Nr. 2) führten
auch zu verstärkten Bemühungen der Bundesregierung, die
Geldwäschebekämpfung effizienter zu gestalten, verbunden
mit dem weiteren Ziel, die Finanzströme des internationalen
Terrorismus offen zu legen. Ferner war Deutschland gehalten, die Umsetzung der novellierten Geldwäscherichtlinie
2001/97/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 4. Dezember 2001 zur Änderung der Geldwäscherichtlinie aus dem Jahr 1991 voranzutreiben. Daraus entstand der
Entwurf eines Geldwäschebekämpfungsgesetzes unter Federführung des BMI, der schließlich am 18. August 2002 als
Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Geldwäsche
und der Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus
(Geldwäschebekämpfungsgesetz) in Kraft trat (BGBl. I S.
3105f). Das Gesetz beinhaltet neben Änderungen des Geldwäschegesetzes auch Änderungen des Zollverwaltungsgesetzes, des Gesetzes über das Kreditwesen und des BKAGesetzes.
Die Vorschläge zur Änderung des Geldwäschegesetzes sind
sowohl für die verpflichteten Stellen – wegen ihrer Anfor-
BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002
derungen –, aber auch aus datenschutzrechtlicher Sicht nicht
unproblematisch. Ich hatte schon in früheren Tätigkeitsberichten (s. u. a. 18. TB Nr. 11.5) darauf hingewiesen, dass
die Einbeziehung der Daten von Personen, gegen die sich
kein konkreter strafrechtlicher Anfangsverdacht im Sinne
des § 152 Abs. 2 Strafprozessordnung erhärten lässt, in die
beim BKA geführte Geldwäschedatei verstärkter datenschutzrechtlicher Beobachtung bedarf.
Unter dieser Prämisse habe ich gegen einige Vorschläge der
Bundesregierung im o. g. Gesetzentwurf erhebliche datenschutzrechtliche Bedenken vorgebracht. So sieht das Gesetz
u. a. eine erweiterte Identifizierungspflicht bei der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen vor. Hier habe ich bemängelt, dass die Feststellung der Identitätsangaben, soweit
dies durch eine Kopie des Ausweisdokuments erfolgt, auch
ohne Einwilligung des Betroffenen erfolgen darf, was zur
Speicherung von mehr personenbezogenen Daten führt, als
für diesen Zweck erforderlich ist. Ich habe ferner gerügt,
dass die Einbeziehung von Angehörigen der freien Berufe,
u. a. Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer usw., in den
Kreis der anzeigepflichtigen Stellen nach § 3 Geldwäschegesetz (GwG) mit den für diese Berufsgruppen geltenden
Verschwiegenheitspflichten nicht vereinbar ist. Diesen Zielkonflikt hat der Gesetzgeber für die Angehörigen der vorgenannten Berufsgruppen dadurch gelöst, dass sie von der Anzeigepflicht befreit sind, soweit sie ihre Informationen bei
der Rechtsberatung oder Prozessvertretung des Mandanten
erhalten haben. Im Übrigen leiten sie die Anzeige an die für
sie zuständige Bundesberufskammer. Das schon bisher bestehende Verbot einer Unterrichtung der Betroffenen über
eine Anzeige oder ein eingeleitetes Strafverfahren bleibt bestehen.
Gegen die Beauftragung des Bundeskriminalamtes als Financial Intelligence Unit-FIU – i. S. der FATF – für die Bundesrepublik Deutschland, das auch den Datenaustausch mit den
entsprechenden Geldwäschezentralstellen anderer Staaten
übernimmt, habe ich keine grundlegenden datenschutzrechtlichen Bedenken erhoben. Für weiterhin bedenklich halte
ich jedoch die Regelung, wonach Geldwäscheverdachtsanzeigen nicht nur den zuständigen Strafverfolgungsbehörden,
sondern zeitgleich in Kopie dem Bundeskriminalamt „Zentralstelle für Verdachtsanzeigen“ zu übermitteln sind. Damit
erhält das BKA ungefilterte Informationen aus Verdachtsanzeigen, ohne dass die strafrechtliche Relevanz dieser Angaben von den zuständigen Behörden zuvor überprüft worden
ist. Das BKA darf diese Verdachtsanzeigen nach § 5 GwG
sammeln und auswerten. Hierunter fällt auch der Abgleich
mit anderen beim BKA geführten Dateien, was eine erhebliche Ausweitung der Zentralstellenkompetenz des BKA
darstellt. Damit wird meine Besorgnis verstärkt, dass in der
Geldwäschedatei beim Bundeskriminalamt jahrelang Daten
über Personen gespeichert werden, die weder als Beschuldigte noch als Verdächtige im Sinne des § 8 BKA-Gesetz
anzusehen sind. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass
in § 11 Abs. 9 GwG erweiterte Mitteilungspflichten der
Staatsanwaltschaft gegenüber dem Bundeskriminalamt über
den Ausgang von Strafverfahren in Fällen von Geldwäscheverdachtsanzeigen statuiert werden. Betrachtet man die bisherigen Auswertungen zu strafrechtlichen Ermittlungen in
Geldwäschefällen, so ist nicht auszuschließen, dass ein erheblicher Anteil der wegen Geldwäscheverdachts angezeigten Personen rein zur Vorsorge in polizeilichen Dateien jah-