Drucksache 17/549
I.

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Grundlagen der Berichtspflicht

Nach Artikel 10 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) sind
das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis unverletzlich. Beschränkungen dieses Grundrechts dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet
werden (Artikel 10 Absatz 2 Satz 1 GG). Das Grundrecht
begründet ein Abwehrrecht des Einzelnen gegen das Öffnen und Lesen von Briefen sowie gegen das Abhören, die
Kenntnisnahme und das Aufzeichnen des Inhalts der Telekommunikation. Es gewährleistet die freie Entfaltung
der Persönlichkeit durch einen privaten, vor der Öffentlichkeit verborgenen Austausch von Kommunikation und
schützt damit zugleich die Würde des Menschen. Wird
vom Inhalt von Briefen Kenntnis genommen und werden
Telefongespräche abgehört, wird intensiv in das Grundrecht eingegriffen. Die Schwere des Eingriffs wird auch
dadurch geprägt, dass der Betroffene wegen der gebotenen Heimlichkeit nicht an dem Anordnungsverfahren beteiligt ist (vgl. BVerfG, 1 BvF 3/92 vom 3. März 2004, in:
BVerfGE 110, 33).
Das Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post und Fernmeldegeheimnisses – Artikel 10-Gesetz (G 10) vom
26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1254, ber. 2298), zuletzt geändert durch Gesetz vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2499)
enthält eine gesetzliche Beschränkung des Grundrechts
aus Artikel 10 GG durch die Nachrichtendienste. In § 1
G 10 wird in allgemeiner Form die Berechtigung der
Nachrichtendienste (Verfassungsschutzbehörden des
Bundes und der Länder, Militärischer Abschirmdienst
[MAD] und Bundesnachrichtendienst [BND]) geregelt,
Maßnahmen der Überwachung des Brief-, Post- und
Fernmeldeverkehrs durchzuführen. Voraussetzung für
eine Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses ist nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 G 10 insbesondere die Abwehr von drohenden Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung oder für den
Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes, einschließlich der Sicherheit der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen der nicht-deutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrages.
Die weiteren Voraussetzungen einer Beschränkungsmaßnahme richten sich danach, welche Maßnahme konkret
vorgenommen wird. Unterschieden wird dabei zwischen
den Beschränkungen des Grundrechts nach Artikel 10 GG
in Einzelfällen gemäß § 3 G 10 (sog. Individualmaßnahmen) und den strategischen Beschränkungsmaßnahmen
nach den §§ 5 und 8 G 10.
Das Parlamentarische Kontrollgremium hat dem Deutschen Bundestag nach § 14 Absatz 1 Satz 2 G 10 jährlich
einen Bericht über die Durchführung sowie Art und Umfang der Maßnahmen nach den §§ 3, 5, 7a und 8 G 10 zu
erstatten. Im Rahmen der Berichterstattung sind die Geheimhaltungsgrundsätze des § 10 Absatz 1 des Gesetzes
über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher
Tätigkeit des Bundes (Kontrollgremiumgesetz – PKGrG)
vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2346) zu beachten.
Das Kontrollgremium hat seinen letzten Bericht gemäß
§ 14 Absatz 1 Satz 2 G 10 in der Fassung vom 26. Juni

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2001 (BGBl. I S. 1254, ber. S. 2298), geändert durch Gesetz vom 18. Februar 2007 (BGBl. I S. 106) am 5. Januar
2009 (Bundestagsdrucksache 16/11559) vorgelegt. Er erstreckte sich auf den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2007. Auf die dort enthaltenen Fundstellen früherer Berichte wird verwiesen. Der jetzt vorliegende
Bericht setzt die bisherige Berichterstattung fort und umfasst den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember
2008.
Durch die Neufassung des § 14 Absatz 1 Satz 2 G 10 mit
dem Ersten Gesetz zur Änderung des Artikel 10-Gesetzes
vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2499) wurde die Berichtspflicht auch auf den neuen § 7a G 10 erweitert, der eine
Rechtsgrundlage für Übermittlungen von nach den §§ 5
und 8 G 10 erhobenen Daten durch den Bundesnachrichtendienst an ausländische öffentliche Stellen enthält. Die
Berichtspflicht über die Anwendung des § 7a G 10 n. F.
ist für den Berichtszeitraum 2008 jedoch noch nicht relevant, da diese Rechtsgrundlage erst ab dem Jahre 2009
greift.
II.

Kontrolle der Beschränkungsmaßnahmen
nach dem G 10

Beschränkungsmaßnahmen nach § 1 Absatz 1 G 10, die
von Behörden des Bundes durchgeführt werden, unterliegen der Kontrolle durch das Parlamentarische Kontrollgremium und durch die G 10-Kommission (§ 1 Absatz 2
G 10).
Angesichts der bereits dargestellten Bedeutung des
Grundrechts aus Artikel 10 GG kommt den Nachrichtendiensten, den beteiligten Ministerien sowie den sie kontrollierenden parlamentarischen Gremien eine hohe Verantwortung bei der Beantragung, Genehmigung und
Durchführung jeder einzelnen Beschränkungsmaßnahme
des Grundrechts aus Artikel 10 GG zu. Einerseits haben
die beteiligten Stellen die Sicherheit in unserem Land zu
gewährleisten, andererseits aber auch die Rechte jedes
Einzelnen auf Schutz seiner Privatsphäre zu wahren. Insoweit kommt der Ausgestaltung von Verfahrenssicherungen bei Beschränkungen des Grundrechts aus Artikel 10 GG
sowie der parlamentarischen Kontrolle durch das Parlamentarische Kontrollgremium und die G 10-Kommission eine wesentliche Bedeutung zu.
1.

Kontrolle durch das Parlamentarische
Kontrollgremium

Im Berichtszeitraum oblag die allgemeine parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeiten auf
dem Gebiet des G 10 dem Parlamentarischen Kontrollgremium der 16. Wahlperiode.
Die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums
der 16. Wahlperiode sind in der Sitzung des Deutschen
Bundestages am 14. Dezember 2005 gewählt worden.
Dem Gremium gehörten folgende Abgeordnete an: Fritz
Rudolf Körper (SPD), Wolfgang Nešković (DIE
LINKE.), Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU), Bernd
Schmidbauer (CDU/CSU), Dr. Max Stadler (FDP), HansChristian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Joachim Stünker (SPD), Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU).

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