Bedauerlicherweise ist der Gesetzgeber nicht dem Vorschlag gefolgt, meine Beteiligung auch beim Bereitstellungsverfahren der Daten an Dritte zu Forschungszwecken vorzusehen. Bei der Entscheidung, ob und in welchem Umfang die wissenschaftliche Forschung Zugang zu personenbezogenen Registerdaten erhält, fehlt daher
die Datenschutzexpertise.
Bei den Beratungen zur Änderung des TPG habe ich gegenüber den Mitgliedern des Gesundheitsausschusses
des Deutschen Bundestages zudem den Schutz des postmortalen Persönlichkeitsrechts der verstorbenen Spender
und Organempfänger für deutlich verbesserungsfähig bezeichnet und meine Hoffnung ausgedrückt, dass dies
bei der nächsten Novellierung des Transplantationsgesetzes berücksichtigt wird. Neben dem Schutz der Menschenwürde, der einen Missbrauch von Daten Verstorbener verhindern soll, gebietet es auch das allgemeine
Persönlichkeitsrecht der betroffenen Personen zu Lebzeiten, dass sie frei und selbstbestimmt über ihre transplantationsmedizinischen Daten im Todesfalle verfügen können. Diese auch praktisch ohne weiteres realisierbare Möglichkeit sollte im Gesetz besser abgebildet werden.
9.2.3

Die „NAKO-Gesundheitsstudie“ entwickelt sich

Epidemiologische Langzeitstudien wie die Nationale Kohorte (NAKO) erfordern eine kontinuierliche datenschutzrechtliche Begleitung. Viele datenschutzrechtliche und technische Fragen entstehen erst im Laufe der
Zeit.
Über die NAKO habe ich bereits berichtet (25. TB Nr. 13.2). Es handelt es sich um eine epidemiologische
Langzeitstudie von Wissenschaftlern der Helmholtz-Gemeinschaft, der Leibniz-Gemeinschaft sowie von Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen in Deutschland. Ziel ist die Entwicklung von Volkskrankheiten, wie Herz-, Kreislauf- und Gefäßerkrankungen, Krebs und Atemwegserkrankungen sowie deren Vorbeugung, Früherkennung und die Identifizierung von Risiken zu untersuchen. Die Zahl der vorgesehenen
200.000 Studienteilnehmer soll Anfang 2019 erreicht werden.
Aktuell habe ich mit der NAKO die regelmäßig vorgesehene Zusammenführung der in den Studienzentren gewonnenen Befragungs- und Gesundheitsdaten mit aktualisierten Sekundärdaten diskutiert. So sollen die in den
Studienzentren gewonnenen Daten mit Daten der gesetzlichen Krankenkassen, der privaten Krankenversicherungen, der Deutschen Rentenversicherungen, der Bundesagentur für Arbeit, der epidemiologischen und klinischen Krebsregister sowie mit ärztlichen Behandlungsdaten zusammengeführt werden. Die Anschrift der Teilnehmer soll über Abfragen bei den Meldeämtern aktualisiert werden. In diesem Zusammenhang wurde auch die
Einführung eines Mortalitätsregisters angesprochen. Derartige Mortalitätsregister gibt es bereits in einigen wenigen Bundesländern, allerdings in ganz unterschiedlichen Ausprägungen. Grundsätzlich stehe ich der Schaffung von Mortalitätsregistern für Forschungszwecke nicht entgegen, sehe allerdings zunächst den Gesetzgeber
in der Pflicht, hierfür gesetzliche Regelungen zu schaffen.
Einzigartig bei der NAKO ist nicht nur die Größe der Kohorte (d. h. der Teilnehmerzahl) und die Dauer der
Datenspeicherung, die bis über den Tod der Studienteilnehmer hinausgehen soll, sondern auch der Umfang und
die Detailtiefe der gesammelten Daten. Zusätzlich wurde im Rahmen der „NAKO-Gesundheitsstudie“ die bislang größte Biobank Deutschlands angelegt, in der Proben von Körperflüssigkeiten der Probanden sowie Gewebeproben eingelagert werden. Sowohl dieses „Biorepository“ als auch das beim Helmholtz-Institut in Augsburg
eingerichtete Studienzentrum habe ich im Rahmen meiner Kontrollzuständigkeit im August 2016 besucht. Weitere Studienzentren, die bei Landesstellen eingerichtet wurden, haben im Berichtszeitraum meine Kollegen von
den Landesbeauftragten für den Datenschutz kontrolliert.
Sowohl für die Erhebung der Studiendaten unmittelbar beim Studienteilnehmer als auch für die Erhebung der
Daten bei den Sozialleistungsträgern und den weiteren Sekundärquellen ist wesentliche Rechtsgrundlage die
Einwilligung der Studienteilnehmer, die grundsätzlich fünf Jahre gilt und dann erneut eingeholt werden muss.
Die Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden. Im Falle des vollständigen Widerrufs werden die gesammelten Daten gelöscht. Die bei den Studienteilnehmern erhobenen Daten sowie die Daten aus Sekundärquellen
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BfDI 26. Tätigkeitsbericht 2015-2016

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