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Grundsatzentscheidungen im Sicherheitsbereich mit weit reichenden Folgen
Das Bundesverfassungsgericht bekräftigt seine bisherige Rechtsprechung und macht weitere Vorgaben für die
Tätigkeit der Polizeien und Nachrichtendienste. Dies hat weit reichende Konsequenzen - auch für den Gesetzgeber und die Datenschutzkontrolle. Eine effiziente Kontrolle ist auch bei Datenübermittlungen deutscher Stellen an ausländische Sicherheitsbehörden von herausragender Bedeutung.
A. Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts
Am 20. April 2016 hat das BVerfG eine weitere Grundsatzentscheidung getroffen. Anlass war das Gesetz über
das Bundeskriminalamt (BKAG) und die dort neu eingefügten Befugnisse zur Terrorismusabwehr. Die Vorgaben des Gerichts gelten nicht nur für die Polizeien, sondern auch für die Nachrichtendienste. Damit führt das
Gericht seine bisherige Rechtsprechung im Sicherheitsbereich konsequent fort und baut diese weiter aus.
Im Bereich der Nachrichtendienste besteht nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts „eine besondere Kontrollrelevanz“ (Beschluss vom 13. Oktober 2016). Die den Kontrollorganen verfassungsgerichtlich
zugewiesene Kompensationsfunktion zum Schutz der Grundrechte der Betroffenen ist in diesem Bereich aufgrund der regelmäßig heimlich erfolgenden Grundrechtseingriffe von besonderer Bedeutung.
Die Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden und der kontinuierliche - auch technische - Ausbau der europäischen und internationalen Sicherheitsarchitektur steigert die Bedeutung dieser Kompensationsfunktion und damit die von den Kontrollorganen zwingend zu leistenden Aufgaben.
Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber wiederholt verpflichtet, den Kontrollbehörden die zur Erfüllung dieser Kompensationsfunktion notwendigen personellen und sachlichen Ressourcen zu gewähren. Insoweit
bestehen aber weiterhin noch erhebliche Defizite.
I.
Effiziente Datenschutzkontrolle
Ebenso wie im Urteil zum Antiterrordateigesetz vom 24. April 2013 betont das Gericht in seiner Entscheidung
zum BKAG wiederum die Bedeutung der externen Kontrolle für verfassungskonforme Sicherheitsgesetze und
verpflichtet den Gesetzgeber erneut, dafür Sorge zu tragen, dass die Kontrollbehörden - und damit auch meine
Dienststelle - die ihnen verfassungsgerichtlich auferlegte Verpflichtung zur Durchführung effizienter und wirksamer Kontrollen erfüllen können (s. Kasten b zu Nr. 1.3 Punkt B sowie u. Nr. 10.2.10).
1. Pflichtkontrollen
In Bezug auf die Antiterror- und die Rechtsextremismusdatei (vgl. 21. TB Nr. 5.1.1, 24. TB Nr. 7.2 und Nr. 7.3)
verlangt das Gericht ausdrücklich, die Datenschutzkontrollen regelmäßig mindestens alle zwei Jahre, d. h. als
turnusmäßige Pflichtkontrollen, durchzuführen. Neben diesen Dateien existiert eine Vielzahl weiterer gemeinsamer Dateien, die ebenfalls unter die gerichtlichen Maßgaben fallen. Die Vorgaben haben auch erhebliche
Auswirkungen auf den Umfang und die Intensität meiner Kontrollen in diesem Bereich, da sowohl der Kontrollumfang als auch die Kontrolldichte weiter zu intensivieren sind. Diese Vorgabe des Gerichts zur regelmäßigen Kontrolle wurde vom Gesetzgeber für die ATD und die RED bereits umgesetzt. Hierfür stehen mir jedoch
bislang keine ausreichenden personellen Ressourcen zur Verfügung.
Die Kontrolle derartiger gemeinsamer Dateien erfordert einen besonderen Aufwand (s. Kasten a zu Nr. 1.3). Es
genügt nicht, lediglich die Antiterrordatei (ATD) oder die Rechtsextremismusdatei (RED) einzusehen, um die
Rechtmäßigkeit eines dort gespeicherten Datums beurteilen zu können. Dies ist nur möglich, wenn ich auch die
Quelldatei(en) derjenigen Stelle kontrolliere, die dieses Datum gespeichert hat, d. h. prüfe, ob das Datum nach
den Vorgaben für diese Quelldatei(en) zulässig erhoben und gespeichert worden ist. Dies wiederum macht es
notwendig, das Wechselspiel dieser Quelldateien mit anderen Dateien dieser Behörde und damit in Zusammen-
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BfDI 26. Tätigkeitsbericht 2015-2016