„Ebenfalls ist zu gewährleisten, dass im Zusammenspiel der verschiedenen Aufsichtsinstanzen auch eine Kontrolle der durch Maßnahmen nach dem Artikel-10-Gesetz gewonnenen Daten - die in einer Datei, welche maßgeblich auch vom Bundesnachrichtendienst befüllt wird, besondere Bedeutung haben - praktisch wirksam sichergestellt ist. Wenn der Gesetzgeber eine informationelle Kooperation der Sicherheitsbehörden vorsieht, muss
er auch die kontrollierende Kooperation zugunsten des Datenschutzes ermöglichen.“
In der zweiten Jahreshälfte 2015 habe ich erstmalig eine gemeinsame ATD-Pflichtkontrolle mit der
G-10-Kommission des Deutschen Bundestages beim BfV in Berlin durchgeführt, die zu mehreren Beanstandungen geführt hat (vgl. u. Nr. 10.3.5). Diese enge Kooperation hat für mich Vorbildcharakter. Ich werde mich
dafür engagieren, den gemeinsamen Kontrollansatz auch bei künftigen Kontrollen weiterzuverfolgen. Dieser ist
Garant dafür, etwaige Kontrolllücken bei Eingriffen in das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis nach Artikel 10 GG auszuschließen (vgl. u. Nr. 10.2.10.3; 24. TB Nr. 7.7.2).
Nicht unerwähnt lassen möchte ich, dass am 30. November 2016 das Gesetz zur weiteren Fortentwicklung der
parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes in Kraft getreten ist. Mit diesem wird die stärkere Verzahnung der parlamentarischen Kontrollgremien weiter vorangetrieben. Ich begrüße diese deutliche
Stärkung der parlamentarischen Kontrolle und freue mich auf die künftige Zusammenarbeit mit dem neu gewählten Ständigen Bevollmächtigten sowie seinem Leitenden Beamten. Leider wurde das mit dem neuen
BNDG geschaffene Unabhängige Gremium zur Kontrolle der Ausland-Ausland-Fernmeldeüberwachung vom
Inland aus nicht beim Deutschen Bundestag angesiedelt. Dies darf aber nicht zu einer Zersplitterung der Kontrolllandschaft führen, sondern muss im Sinne der Grundrechtsträger ebenfalls zu einer Stärkung der Kontrolle
beitragen. Auch insoweit hoffe ich auf eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Mitgliedern
dieses Unabhängigen Gremiums.
10.2.10.3 Kontrollfreie Räume - ein noch nicht (vollständig) gelöstes Problem
Zusagen und Vereinbarungen sind hilfreich - gesetzliche Klarstellungen jedoch unerlässlich.
Ich hatte bereits in meinem 24. Tätigkeitsbericht (Nr. 7.7.2) darauf hingewiesen, dass die äußerst restriktive
Gesetzesauslegung des Bundesministeriums des Innern im Spannungsfeld der Kontrollzuständigkeiten von
G-10-Kommission (§ 15 Abs. 5 Satz 2 G-10-Gesetz) und mir (§ 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 3 BDSG) in der
Kontrollpraxis zu kontrollfreien Räumen führt.
Im Berichtszeitraum ist es mir in zahlreichen Gesprächen gelungen, das BMI zu einer Änderung seiner Rechtsauffassung zu bewegen. Zusammen mit dem gemeinsamen Kontrollansatz G-10-Kommission/BfDI (vgl..
Nr. 10.2.10.2 und. Nr. 10.3.5) ist dies ein wichtiger Schritt hin zu einem besseren Schutz des Fernmeldegeheimnisses und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Diese geänderte Rechtsauffassung muss in der
Kontrollpraxis allerdings zunächst noch mit Leben gefüllt werden und entstandene Unsicherheiten bei den beteiligten Behörden sind im Sinne eines effektiven Grundrechtsschutzes zu beseitigen.
Ich nenne drei Beispiele, bei denen noch Handlungsbedarf besteht. So fand etwa der - lange vor der Kontrolle
angekündigte und bekannte - gemeinsame Kontrollansatz G-10-Kommission/BfDI bei der bereits erwähnten
Pflichtkontrolle der Antiterrordatei beim BfV in Berlin (vgl. o. Nr. 10.2.10.2 und u. Nr. 10.3.5) trotz der geänderten Rechtsauffassung vor Ort zunächst keine Akzeptanz bei den anwesenden Mitarbeitern des BMI und des
BfV, was den Ablauf der Kontrolle massiv beeinträchtigte.
Was meine formelle Beanstandung hinsichtlich der mangelnden Kennzeichnung von G-10-Daten anbelangt,
wurden meine Sachfeststellungen zwar bestätigt. Vom BMI wird aber meine Befugnis zur Überprüfung dieser
Kennzeichnung nunmehr mit der Behauptung der alleinigen Kontrollzuständigkeit der G-10-Kommission negiert und die Auffassung vertreten, derartige Rechtsverstöße dürfe ich nicht beanstanden. Diese Auffassung ist
unzutreffend, denn das Antiterrordateigesetz als eine bereichsspezifische Regelung begründet auch meine Kontrollzuständigkeit.
BfDI 26. Tätigkeitsbericht 2015-2016
– 115 –