Drucksache 18/6545
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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
seinen Internetaktivitäten lieferte er dem BfV sehr umfangreiche Informationen zu Organisationen und Strukturen, zu Einzelpersonen und -themen oder zu Kommunikationskanälen und Vertriebswegen der rechtsextremen
Szene.
Bedeutung als Quelle
BfV-intern wurde R*** über viele Jahre als „Top-Quelle“ bezeichnet, die – zumindest was die für Rechtsextremismus zuständige Abteilung anging – mit den höchsten Prämien entlohnt wurde. Diese Einschätzung ist nach
Ansicht des Sachverständigen quantitativ nachvollziehbar. Das Informationsaufkommen war beachtlich, die gelieferten Informationen – gerade zur Musikszene – häufig hilfreich und nützlich. Allerdings gab R*** bis zum
Auffliegen des „NSU-Trios“ kaum Hinweise zu gewalttätigen Aktionen der rechtsextremen Szene und zum
engeren NSU-Umfeld.
Ende 2011 gab R*** bei der Beantwortung eines Fragebogens aus Anlass des Auffliegens des „NSU-Trios“
gegenüber dem BfV an, er kenne keine Personen oder Gruppierungen, die sich konkret dazu geäußert hätten,
dass sie sich vergleichbare Aktionen wie die des NSU vorstellen könnten. Personen, die Schusswaffen besäßen
oder Interesse an deren Beschaffung hätten, seien ihm nicht bekannt. Auf die Frage, wie die Taten des NSU in
der Szene bewertet würden, antwortete er, teils gebe es eine gewisse Sympathie, die meisten hätten sich aber
eher abgeschreckt gezeigt. Allerdings habe er diese Eindrücke von Personen aus der Hammerskin-Szene gewonnen, die als sehr verschwiegen gelte. Vorstellbar sei, so R*** damals, dass aus der Szene Unterstützung bei
Banküberfällen (Tatortabklärungen, Umfeldhinweise, Unterschlupf) geleistet worden sei. Sein V-Mann-Führer
vermerkte dazu, dass R*** aber keine Anhaltspunkte dafür habe.
Viele der Meldungen R***s aus dem Internet betrafen auch Themen ohne dezidiert rechtsextremen, neonazistischen oder antisemitischen Charakter. Nach Auffliegen des „NSU-Trios“ lieferte R*** dann allerdings diverse
Informationen zum Thema NSU aus Internetforen. Dazu zählte etwa die Aufforderung eines Nutzers, dass niemand etwas über den NSU posten solle beziehungsweise solche Inhalte gelöscht werden sollten. Ferner gab er
etwa den Hinweis, eine bekannte Nazi-Größe aus dem Raum Dortmund verbreite auf Facebook einen Zeitungsartikel, in dem der NSU mit den autonomen Nationalisten in Dortmund in Verbindung gebracht werde.
Umfang der Berichterstattung und Aufwendungen
Die Auswertung des Sachverständigen zeigt, dass ab Ende der 1990er Jahre der Umfang der von R*** gelieferten Informationen und die Zahl der Treffen mit seinem V-Mann-Führer deutlich zunahmen. Das gilt besonders für die Zeit nach seiner Reaktivierung als V-Mann im Jahr 2005. Hier stieg die Zahl der Einzelaktenstücke, in denen die von R*** stammenden Informationen verarbeitet wurden, auf teilweise mehr als 1.000 pro
Jahr an.
Mit dem Umfang der gelieferten Informationen korrespondierten in einem gewissen Maße auch die Aufwendungen des BfV für R***. Der Sachverständige kommt in seinem Bericht zu dem Schluss, dass das BfV für den
Einsatz von R*** von seiner Anwerbung 1994 bis zu seinem Tod im April 2014 fast 300.000 Euro aufgebracht
hat, wobei ein beachtlicher Teil dieser Summe erst in der Schutzmaßnahme angefallen ist. Im bürgerlichen Leben verdingte R*** sich als Verkäufer und handelte daneben in der rechtsextremen Szene regelmäßig mit CDs
und T-Shirts.
Insgesamt hätte die V-Mannführung von R*** nach Ansicht des Sachverständigen bei dessen eigenen wirtschaftlichen Aktivitäten kritischer sein müssen. Zu kritisieren ist, nach Auffassung des Sachverständigen, auch
die Höhe der finanziellen Zuwendungen. Sie hätten in den letzten Jahren vor der Abschaltung und in der Schutzphase das angemessene Maß spürbar überschritten und sich im Ergebnis einem faktischen Arbeitsverhältnis
angenähert.
Problematisch war nach Ansicht des Sachverständigen schließlich die langjährige Führung durch denselben
V-Mann-Führer. Dabei sei eine sehr enge Verbindung entstanden, die nach Einschätzung des Sachverständigen
zu einem partiellen Verlust an Kritikfähigkeit geführt habe. Der Sachverständige betont insofern, es ziehe sich
wie ein roter Faden durch die Akten, dass der engagierte langjährige V-Mann-Führer sich immer wieder für
„seinen“ V-Mann R*** eingesetzt habe. Dies sei nach Aussage des Sachverständigen im BfV durchaus bemerkt
worden, ohne dass dem jedoch konsequent entgegengewirkt worden wäre.