Dürfen die erhobenen Erkenntnisse bereits im Anlassverfahren nicht verwertet werden, gilt dies erst recht für die Verwertung in anderen Verfahren, da § 100 d Abs. 5
Satz 2 StPO als reine Verwertungsvorschrift eine ordnungsgemäße Erhebung der Informationen voraussetzt. Gesetzliche und verfassungsunmittelbare Verwertungsverbote sind bei der Weiterverwendung oder bei der Verwertung von Zufallsfunden
ebenso zu beachten wie im Anlassverfahren selbst (vgl. Rudolphi/Wolter, a.a.O.,
§ 100 f Rn. 6 und 7, Stand: Oktober 2000).
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(2) Auch bei einer Übermittlung von strafprozessual gewonnenen Informationen an
Polizeibehörden zur Gefahrenabwehr nach § 100 f Abs. 1 2. Alt. StPO haben sich die
Voraussetzungen für die Zweckänderung an entsprechenden Grundsätzen zu orientieren. Da die Daten durch einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff erlangt worden sind, wäre es verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen, die Übermittlungsschwelle unter diejenige abzusenken, die im Rahmen der Gefahrenabwehr für
entsprechende Eingriffe in das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung gilt
(vgl. BVerfGE 100, 313 <394>). Eine gesetzliche Regelung für die Übermittlung nach
§ 100 c Abs. 1 Nr. 3 StPO erhobener Daten an Behörden zu präventiv-polizeilichen
Zwecken hat daher die verfassungsrechtlichen Wertungen zu berücksichtigen, die in
Art. 13 Abs. 4 GG für den Primäreingriff getroffen worden sind.
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Nach dieser Maßgabe ist § 100 f Abs. 1 2. Alt. StPO verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden. Die Vorschrift stellt hinsichtlich der Gefahrenintensität und des Ranges
der Schutzgüter Anforderungen, die den nach Art. 13 Abs. 4 GG bestehenden Voraussetzungen für eine präventiv-polizeiliche Wohnraumüberwachung vergleichbar
sind.
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Mit den Tatbestandsmerkmalen "Abwehr" und "im Einzelfall" stellt § 100 f Abs. 1
StPO klar, dass eine Übermittlung nur bei konkreten Gefahren im polizeirechtlichen
Sinne in Betracht kommt. Im Unterschied zu Art. 13 Abs. 4 GG verlangt § 100 f Abs. 1
StPO für die Übermittlung der Information zwar ausdrücklich keine dringende Gefahr.
Dass die Gefahr gleichwohl dringend sein muss, folgt aber in verfassungskonformer
Auslegung des § 100 f Abs. 1 StPO aus Art. 13 Abs. 4 GG.
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§ 100 f Abs. 1 StPO setzt im Übrigen durch den Verweis auf die Tatbestandsmerkmale Leben, Leib oder Freiheit einer Person Gefahren für Rechtsgüter voraus, die
hinreichend gewichtig sind, um den Einsatz technischer Mittel zur Überwachung von
Wohnungen nach Art. 13 Abs. 4 GG zu rechtfertigen. Eine einfache Körperverletzung
(§ 223 StGB) erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Soweit § 100 f Abs. 1 StPO für die
polizeiliche Verwendung der Erkenntnisse eine Gefahr für erhebliche Sach- und Vermögenswerte genügen lässt, ist unter Berücksichtigung der Vorgaben des Art. 13
Abs. 4 GG Voraussetzung, dass das für eine gemeine Gefahr typische Gefahrenpotential gegeben ist. Nur dann hat die Gefährdung von Sach- und Vermögenswerten
ein Gewicht, das der vom verfassungsändernden Gesetzgeber angestrebten Wertigkeit der bedrohten Rechtsgüter in Art. 13 Abs. 4 GG entspricht.
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3. Die Vorschriften über die weitere Verwendung der erhobenen Daten sind jedoch
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