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BMVg hält jedoch eine Auflagenüberwachung allein
nicht für ausreichend. Die Objektivierung der sicherheitserheblichen Erkenntnisse sei nur durch eine Wiederholungsüberprüfung möglich. Ich halte demgegenüber eine Wiederholungsüberprüfung nur in den
Fällen für hinnehmbar, in denen mehrere Erkenntnisse
zusammentreffen, die verschiedenen Sicherheitsrisiken zuzuordnen sind. In der Regel sind bei Vorliegen
einer einzelnen sicherheitserheblichen Erkenntnis jedoch Einzelmaßnahmen ausreichend, z. B. Befragung
geeigneter Auskunftspersonen oder Stellen in Bezug
auf die vorliegende sicherheitserhebliche Erkenntnis.
– Der MAD richtet nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 SÜG zum
Zweck der sicherheitsmäßigen Bewertung der Angaben in der Sicherheitserklärung Anfragen an das BfV
und an die Landesämter für Verfassungsschutz (LfV).
Ich halte die unmittelbare Anfrage an die LfV für unzulässig und habe daher das BMVg gebeten, diese
Praxis einzustellen. Zulässig ist nach meiner Auffassung zunächst lediglich eine Anfrage an das BfV zur
Abfrage im Nachrichtendienstlichen Informationssystem (NADIS). Erst wenn durch die Antwort des
BfV Hinweise auf Erkenntnisse von LfV sichtbar werden, halte ich weitere gezielte Anfragen an die jeweils
betroffenen LfV für zulässig. Ich habe das BMVg zudem darauf hingewiesen, dass auch die Allgemeine
Verwaltungsvorschrift des BMI zu § 12 Abs. 1
Nr. 1 SÜG zum Zwecke der Bewertung der Angaben
in der Sicherheitserklärung von einer NADIS-Anfrage
ausgeht. Das BMVg ist meiner Auffassung bislang
nicht gefolgt.
– Die Sicherheitsüberprüfungsakten enthalten vielfach
umfangreiche Personalaktenauszüge u. a. mit Hinweisen
zur bisherigen Verwendung der betroffenen Person,
absolvierte Laufbahnlehrgänge mit Abschlussnoten,
Beförderungen, Beurteilungsnoten, letzte Beurteilungen
und teilweise auch Personaldaten naher Angehöriger.
Die Aufnahme solcher Auszüge in Sicherheitsüberprüfungsakten stellt eine Umgehung der gesetzlichen
Beschränkung des Rechts auf Einsichtnahme in die
Personalakte nach § 13 Abs. 6 Satz 3 und 5 SÜG dar
und verstößt damit gegen die vom Gesetzgeber mit
dieser Beschränkung intendierte Schutzfunktion. Das
BMVg hat inzwischen mitgeteilt, dass Personalaktenauszüge in den Sicherheitsüberprüfungsakten, die über
den Rahmen der nach der einschlägigen Dienstvorschrift aufzunehmenden Personalaktenauszüge hinausgehen, künftig nicht mehr in die Akten aufgenommen werden und dass die betreffenden Akten
entsprechend bereinigt wurden.
5.8.4

Sicherheitsüberprüfung durch USamerikanische und britische Streitkräfte
in der Bundesrepublik Deutschland

Die US-amerikanischen und die britischen Streitkräfte
wollen Sicherheitsüberprüfungen entsprechend den Regelungen des SÜG durchführen. Nach mir vorliegenden
Hinweisen ist dies in der Praxis noch nicht umgesetzt.

Im Berichtszeitraum wandten sich Petenten an mich, die
als Mitarbeiter deutscher Firmen für den Zugang zu USamerikanischen und britischen Streitkräften in Deutschland einen Zugangsausweis benötigen und sich zu diesem
Zweck einer Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen haben. Davon betroffen sind auch Zivilangestellte der
Streitkräfte sowie Mitarbeiter von Behörden, die die Liegenschaften aus dienstlichen Gründen betreten müssen.
Die Beschwerden richteten sich vor allem gegen den Umfang und die Art der abgefragten Daten, die Weiterleitung
der Daten an US-amerikanische bzw. britische Regierungsstellen außerhalb Deutschlands, die Aufnahme biometrischer Daten in die Zugangsausweise, die zu unterzeichnende Einwilligungserklärung zur Durchführung
einer Sicherheitsüberprüfung sowie die Verweigerung
von Auskünften. Den Eingaben war zu entnehmen, dass
vor allem die US-amerikanischen Stellen nach den Anschlägen vom 11. September 2001 die Regelungen zur
Zugangskontrolle und zur Sicherheitsüberprüfung offensichtlich verschärft haben.
Wesentliche Rechtsgrundlagen für die Überprüfung deutscher und ausländischer Staatsangehöriger durch ausländische Streitkräfte bilden das NATO-Truppenstatut (NTS), das Zusatzabkommen zum NTS (ZA-NTS)
und § 33 SÜG. Nach Artikel II NTS haben eine Truppe
und ihr ziviles Gefolge sowie deren Angehörige die
Pflicht, das Recht des Aufnahmestaates zu achten. Demnach sind die NATO-Truppen auch bei der Durchführung
von Sicherheitsüberprüfungen an deutsches Recht gebunden. Da das BDSG auf ausländische öffentliche Stellen
jedoch keine Anwendung findet, habe ich gegenüber den
US-amerikanischen und britischen Streitkräften keine
Kontrollbefugnis. Ich habe daher die Problematik an die
Bundesregierung herangetragen. Im Zuge der Erörterungen mit dem AA, dem BMI und dem BfV wurde einvernehmlich festgestellt, dass die Mitwirkung des BfV nach
§ 33 SÜG bei den von US-amerikanischen und britischen
Stellen veranlassten Sicherheitsüberprüfungen nicht den
Vorschriften des SÜG und des BDSG entsprach. Das
BMI habe ich deshalb gebeten, die vom BfV unzulässig
erhobenen und übermittelten Daten zu löschen.
In einer Verbalnote des AA vom 4. Dezember 2003
wurde der Botschaft der USA mitgeteilt, dass die von den
Betroffenen zu unterzeichnende Zustimmungserklärung
zur Durchführung einer Sicherheitsüberprüfung schon
aufgrund ihrer Unbestimmtheit unwirksam ist und dass
deutsche Behörden nach Artikel 3 Abs. 3 Buchst. b)
des ZA-NTS bei der Zusammenarbeit mit den Truppenbehörden in Bezug auf die Übermittlung von personenbezogenen Daten im Übrigen nicht zur Durchführung von
Maßnahmen verpflichtet seien, die gegen deutsche Gesetze verstoßen würden. Daraufhin haben auf meine Initiative hin Verhandlungen zwischen dem BMI und den
US-amerikanischen und britischen Streitkräften – teilweise unter meiner Beteiligung – mit dem Ziel stattgefunden, die durch sie durchzuführenden Sicherheitsüberprüfungen dem deutschen Recht entsprechend zu regeln und
einen angemessenen datenschutzrechtlichen Zustand herbeizuführen.

BfD

20. Tätigkeitsbericht

2003–2004

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