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auf die in der Indexdatei verwiesen wird, im BKA informiert. Zweck der Datei ist der Nachweis und die Vernetzung von Fundstellen über das Vorliegen präventiver und
repressiver personenbezogener polizeilicher Erkenntnisse
aus dem Bereich des islamistischen Terrorismus. In der
Datei werden die Personalien sowie Aktenzeichen und
aktenführende Dienststelle gespeichert. Zudem kann über
eine Detailanzeige u. a. die „Rolle“ der Person, unterteilt
in die Kategorien „Hinweisgeber“, „Verdächtiger/Störer“,
„sonstige Person“ und „Opfer/Gefährdeter“, abgerufen
werden. Zum Zeitpunkt des Informationsbesuchs im
Mai 2004 waren in dieser Auswertedatei Daten zu
ca. 6 000 Personen gespeichert. Entsprechend der Empfehlungen der Gremien der IMK wird jede den Polizeien
des Bundes und der Länder bekannt gewordene Information, die in einem wie auch immer gearteten Zusammenhang mit dem islamistischen Terrorismus steht, erfasst.
Eine Speicherung erfolgt z. B. auch dann, wenn Informationen von einer Person stammen, die seitens der Polizei
als nicht vertrauenswürdig eingestuft wird. Die von mir
stichprobenweise gesichteten BKA-Akten, auf die im
Fundstellennachweis hingewiesen wird, enthielten zudem
Informationen, bei denen eine Relevanz nicht erkennbar
war. Eine derartige Datenverarbeitung ist mit dem BKAG
nicht vereinbar. Auf meinen Hinweis hin hat das BKA einige Fundstelleneinträge gelöscht und die dazugehörigen
Aktenvorgänge vernichtet. Inwieweit mein Besuch zum
Anlass genommen wurde, den Inhalt der gesamten Datei
auf seine Erforderlichkeit hin zu überprüfen, müssen spätere datenschutzrechtliche Kontrollen zeigen. Seitens des
BKA wurde jedoch deutlich gemacht, dass zur Erreichung des Zwecks der Datei eine Vielzahl von Speicherungen – auch wenn diese zunächst irrelevant erscheinen
mögen – erwünscht und erforderlich seien.
Wegen der rechtsstaatlichen Problematik von Auswertedateien hatte ich die Absicht des BMI begrüßt, den Entwurf einer Rechtsgrundlage für das Führen dieser Dateien
auszuarbeiten. Offenbar vor dem Hintergrund der
Schwierigkeiten, eine normenklare Regelung zu schaffen,
die den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an
eine zulässige Einschränkung des informationellen
Selbstbestimmungsrechts Rechnung trägt, wird das Vorhaben derzeit nicht weiter betrieben. Die Indexdatei wird
weiterhin als Auswertedatei – ohne Rechtsgrundlage –
geführt.
5.2.6
Durchführung des Konsultationsverfahrens nach Artikel 17 Abs. 2 SDÜ
durch das Bundeskriminalamt
Visabewerber aus bestimmten Ländern müssen sich vor
Erteilung eines Visums für einen Schengenstaat einem
Verfahren unterziehen, bei dem ihre Daten durch die
Sicherheitsbehörden des betreffenden Schengenstaates
überprüft werden. Dabei lässt das BKA in vielen Fällen
die ihm obliegende Pflicht zur Überprüfung der Daten,
auf die ein ablehnendes Votum gegen die Erteilung eines
Schengenvisums gestützt wird, vermissen.
Im Berichtszeitraum habe ich mich über die Durchführung des Konsultationsverfahrens gem. Artikel 17 Abs. 2
Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) (vgl.
19. TB Nr. 16.2.3) bei den auf nationaler Ebene zu beteili-
genden Behörden BKA, BfV und BND unterrichtet. Dem
BKA kommt im nationalen Verfahren eine entscheidende
Rolle zu, da die überwiegende Anzahl der im Konsultationsverfahren durch deutsche Auslandsvertretungen abgelehnten Anträge auf Erteilung eines Schengenvisums
auf ein negatives Votum des BKA zurückzuführen sind.
K a s t e n zu Nr. 5.2.6
So funktioniert das Konsultationsverfahren
1. Das Verfahren auf der Ebene der EU
– Die Schengen-Staaten legen auf Listen fest, bei
welchen Staatsangehörigen sie die Erteilung eines
Schengenvisums von der Konsultation der zentralen Behörde der betroffenen Vertragspartei und
ggf. von der Konsultation der zentralen Behörden
der anderen Vertragsparteien abhängig machen.
Es handelt sich dabei um Visumsanträge von
Staatsangehörigen bestimmter „Problemstaaten“,
bei denen pauschal ein erhöhtes Risiko für die nationale Sicherheit unterstellt wird.
– Das Verfahren, in dessen Rahmen Bedenken gegen die Visumserteilung erhoben werden können,
muss binnen sieben Arbeitstagen abgeschlossen
sein.
– Werden Bedenken geltend gemacht, wird grundsätzlich kein Visum ausgestellt.
– Die Durchführung des Konsultationsverfahrens
erübrigt sich, sofern das Visum bereits wegen einer bestehenden Fahndungsausschreibung im
Schengener Informationssystem nicht erteilt
wird.
2. Die nationale Ausgestaltung des Konsultationsverfahrens in Deutschland
– Zentrale Behörde in Deutschland ist das Auswärtige Amt. Es leitet die Anträge der Visastellen
automatisiert an die Sicherheitsbehörden (BKA,
BfV, BND, ZKA) weiter.
– Die Sicherheitsbehörden gleichen die Daten aus
den Visaanträgen mit den bei ihnen vorliegenden
Erkenntnissen ab.
– Innerhalb der o. g. Bearbeitungsfrist teilen die Sicherheitsbehörden den betreffenden Visastellen
über das Auswärtige Amt automatisiert mit, ob
Bedenken gegen die Visaerteilung bestehen.
– Gründe für die Ablehnung werden dabei nicht genannt. Die Antwort wird zudem systemtechnisch
so erteilt, dass für die Visastellen nicht ersichtlich
ist, welche Sicherheitsbehörde Bedenken erhoben
hat.
In einer Reihe von Fällen, in denen mich Petenten um
eine Prüfung gebeten hatten, habe ich festgestellt, dass
das BKA ein ablehnendes Votum allein schon bei Vorhandensein einer Speicherung von Daten des Betroffenen in
BfD
20. Tätigkeitsbericht
2003–2004