4.6.4 Informationszugang nach dem IFG für die Einsicht in Prüfungsunterlagen bei der
Prüfungsstelle für das Wirtschaftsprüferexamen
Die Normen der Wirtschaftsprüferprüfungsverordnung stellen keine dem IFG vorgehenden
Regelungen im Sinne des § 3 Abs. 3 IFG dar.
Ein Petent wandte sich mit der Frage an mich, ob die Regelung der Wirtschaftsprüferprüfungsverordnung (WiPrPrüfV) bei einem Antrag auf Einsichtnahme in die Prüfungsunterlagen
zur Wirtschaftsprüferprüfung dem IFG vorgehe und somit ein Zugang ausgeschlossen ist.
Hintergrund für die Frage war sein Antrag auf Einsichtnahme in Prüfungsunterlagen (z.B.
Musterlösungen, Lösungsskizzen, Notizen und Aufzeichnungen) bei der Prüfungsstelle für
das Prüfungsexamen bei der Wirtschaftsprüferkammer. Die Prüfungsstelle hatte den Informationszugang unter Verweis auf § 24a WiPrPrüfV abgelehnt. Dieser gestatte lediglich die Einsichtnahme in Prüfungsakten eines konkreten Prüfungsverfahrens, was bei den beantragten
Unterlagen nicht der Fall sei. Ein Zugang nach dem IFG sei darüber hinaus ausgeschlossen,
da die WiPrPrüfV abschließende Regelungen für die Einsichtnahme vorsehe und somit § 1
Abs. 3 IFG vorgehe.
Ich habe dem Petenten mitgeteilt, dass § 24a WiPrPrüfV hinsichtlich der von ihm begehrten
Unterlagen nach meiner Auffassung keine vorrangige, die Anwendung des IFG verdrängende
Regelung im Sinne des § 1 Abs. 3 IFG darstellt.
Für die Beurteilung kommt es (zunächst) maßgeblich darauf an, ob die fragliche Vorrangnorm
den identischen sachlichen Regelungsgegenstand wie die Zugangsnorm des IFG hat. Dies ist
nach meiner Bewertung im vorliegenden Fall nicht gegeben, da die Regelung des § 24a
WiPrPrüfV nur Aussagen zum Zugang zu Prüfungsakten – also den Unterlagen zu einer einzelnen, konkreten Prüfungsleistung – enthält, nicht jedoch zum Zugang zu den übrigen begehrten Informationen (wie Musterlösungen und Lösungsskizzen) und somit den hier gegebenen Antragsgegenstand allenfalls teilweise erfasse. Damit war bereits die erste Voraussetzung
für einen evtl. Anwendungsvorrang der fachrechtlichen Regelung nicht erfüllt.
Der Antrag des Petenten wäre demnach nach dem IFG zu bescheiden gewesen.
4.7 Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
4.7.1 Kostenfreie Bescheidung des Widerspruches eines Dritten gegen die Gewährung
des Informationszuganges
Die Entscheidung über den erfolglosen Widerspruch eines Drittbetroffenen ist für diesen gebührenfrei, da das Gebührenrecht hierfür keinen speziellen Gebührentatbestand vorsieht.
Beim Beratungs- und Kontrollbesuch im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) stießen meine Mitarbeiter auf einen ungewöhnlichen Fall, in dem ein Dritter
– 88 –
6. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit